Mexiko-Stadt. Vor den Olympischen Sommerspielen im August kämpfen die Macher mit vielen Unwägbarkeiten. Immerhin: Der Superstar darf spielen.

Als wäre Brasilien nicht schon gebeutelt genug. Wirtschaftskrise, Politdrama, Zika-Virus, einstürzende Neubauten wie der spektakuläre Radweg am Strand von Rio – und nun auch noch das H1N1-Virus. Der Olympia-Gastgeber erlebt dieser Tage ein Aufflammen der Schweinegrippe. 70 Todesfälle haben die Gesundheitsbehörden alleine in der vergangenen Woche gezählt. 230 sind es im ganzen Jahr – und damit schon sechsmal mehr als 2015. In ganz Brasilien werden nun großflächige Impfkampagnen aufgelegt.

Die Nachricht ist ein weiterer Schlag für die Olympiamacher, rund 100 Tage vor Eröffnung der Sommerspiele von Rio de Janeiro am 5. August. Ohnehin redet in dem südamerikanischen Land in diesen Tagen kaum jemand über die Wettkämpfe und die Frage, wie weit denn die Olympia-Stadt eigentlich ist. Man denkt zunächst an den politischen Irrsinn um die drohende Amtsenthebung von Präsidentin Dilma Rousseff und fragt sich: Wer wird im Maracanã-Stadion die Spiele eröffnen? Wird Olympia von Massendemonstrationen überschattet sein? Und wie wirkt sich die beispiellose Wirtschaftskrise auf die sportliche Großveranstaltung aus?

Erst langsam rückt wieder der Sport in den Fokus, und knapp 14 Wochen vor Beginn der Spiele wird deutlich, dass noch lange nicht alles Gold ist, was olympisch glänzt in Rio de Janeiro: Bei den Testwettkämpfen fällt gerne mal der Strom aus, in mancher Arena hapert es noch massiv an Boden- und Dachkonstruktionen, der Müll schwimmt noch immer im Segel-Revier in der Guanabara-Bucht, die Begeisterung der „Cariocas“, der Einwohner von Rio, für Olympia hält sich in Grenzen, und ob die U-Bahn-Verlängerung nach Barra da Tijuca im Westen der Stadt fertig wird, wo mehrere olympische Arenen stehen: Quem sabe? Wer weiß das schon!

Auch Rios hyperaktiver Bürgermeister Eduardo Paes lässt keine Zweifel daran, dass alles passen wird. „Aber im Moment schrauben und reparieren wir noch hier und da“, gibt der Bürgermeister zu. Das bekommen die Athleten derzeit bei den Test-Wettkämpfen zu spüren. In der Turnhalle fällt schon mal der Strom aus, in der Schwimmhalle fehlen die einziehbaren Dächer, die Bahnradfahrer konnten gar nicht testen, weil die Holzpiste fehlte.

Wobei Funktionäre und Athleten durchaus Verständnis für die schwierige Lage des Ausrichters haben. Man wisse, dass die ökonomische und politische Situation in Brasilien den Endspurt der Vorbereitungen schwierig mache, sagte Thomas Bach, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Das südamerikanische Riesenreich durchläuft gerade die tiefste Rezension seit 80 Jahren. Die Wirtschaft schrumpft um rund 3,5 Prozent, die Preise steigen, die Arbeitslosigkeit hat gerade die Zehn-Prozent-Marke überschritten, und die eigentlich so fröhlichen und unbeschwerten „Cariocas“ neigen derzeit zur Depression. Beobachter sprechen von einer „merkwürdigen Stimmung“ in der „Cidade maravilhosa“, der wunderbaren Stadt. Auch der Ticketverkauf schleppt sich dahin. Von 7,4 Millionen Eintrittskarten für Olympische und Paralympische Spiele sind erst 62 Prozent verkauft. 30 Prozent gehen ins Ausland, 70 Prozent werden im Gastgeberland verkauft – doch außer Basket- und Volleyball, Beachvolleyball, Schwimmen und Fußball interessiert die Brasilianer eigentlich wenig an diesem Sportspektakel.

Immerhin hob eine Nachricht aus dem fernen Spanien die Laune der Brasilianer: Der FC Barcelona gibt seinen Stürmer-Star Neymar für das olympische Fußballturnier frei. Die Goldmedaille würde zwar die Schmach der 1:7-Halbfinalpleite gegen Deutschland bei der Heim-WM vor zwei Jahren nicht wettmachen, aber sie könnte ein wenig Trost spenden. Außerdem haben die Brasilianer das olympische Fußballturnier noch nie gewonnen. In London vor vier Jahren scheiterten sie überraschend im Finale an Mexiko.