Hamburg. Der Hamburger Klaus-Peter Kohl gratuliert seinem früheren Erzrivalen Wilfried Sauerland zum 35-jährigen Bestehen von dessen Boxstall.

An diesem Sonnabend feiert der Berliner Profiboxstall Sauerland sein 35-jähriges Bestehen. Im Abendblatt gratuliert der Hamburger Klaus-Peter Kohl, 71, der mit dem Universum-Stall von 1984 bis 2011 Sauerlands größter Rivale war, dem Stallgründer Wilfried Sauerland, 75, in persönlichen Worten zum Jubiläum.


35 Jahre sind viel Zeit im Leben eines Menschen, und natürlich hat Wilfried Sauerland seit seiner ersten Veranstaltung als Promoter im Profiboxen unzählige Anekdoten erlebt. Was mich deshalb ganz besonders beeindruckt und freut, ist die Tatsache, dass er sich über die ganzen Jahre in seinem Charakter nicht verändert hat. Er ist ein ausgeglichener Mensch, der selten aus der Haut fährt. Natürlich fiebert er am Ring mit, wenn seine Sportler darin um alles kämpfen. Aber wenn der Kampf vorbei ist, ist er ein besonnener Mann. Er ist der geblieben, der er war, als wir uns das erste Mal über den Weg liefen.

Wann das genau war, kann ich nicht mehr sagen. In jedem Fall war ich damals Vizepräsident des Bundes Deutscher Berufsboxer. Als Wilfried im September 1980 seine erste Boxveranstaltung organisierte, hatte ich noch keine Ahnung, dass ich vier Jahre später mit meinem Universum-Stall in Hamburg den gleichen Weg beschreiten würde. Ich weiß aber noch, dass wir uns im Verband damals sehr freuten, einen seriösen Veranstalter dazugewonnen zu haben, der mit guten Kämpfen dafür sorgte, das Boxen wieder dorthin zu führen, wo es hingehörte.

Sauerlands größte Leistung: das Boxen aus der Schmuddelecke zu führen

Ich bin überzeugt, dass das im Rückblick die größte Leistung ist, die wir Wilfried zu verdanken haben. Dass es ihm gelungen ist, das Boxen aus der Schmuddelecke zu holen und salon­fähig zu machen, hat mir den Einstieg in das Geschäft leichter gemacht. Und ich denke, dass unsere Konkurrenz dazu geführt hat, dass wir beide stärker wurden. Ich hätte es ohne ihn schwerer gehabt, jetzt hat er es ohne mich schwerer. Das mag komisch klingen, deshalb will ich versuchen, es zu erklären.

Natürlich waren wir beiden für die Öffentlichkeit Konkurrenten, ja, manchmal vielleicht sogar Feinde. Wir haben das Bild der in tiefer Abneigung verbundenen Rivalen manchmal mitgezeichnet. Es gab einige Pressekonferenzen, auf denen wir uns richtig gezofft haben. Aber wichtig war uns beiden, dass wir uns zu jeder Zeit respektiert haben. Und noch mehr: Wir haben für jedes Problem eine gemeinsame Lösung gefunden, weil es zwischen uns stets eine vernünftige Basis gab. Wenn einer sich ärgerte, rief er den anderen an, oder wir trafen uns, um uns auszusprechen. Wir waren harte Verhandlungspartner, nachgeben ist nicht unsere Stärke. Aber es gibt nichts, wofür wir einander um Entschuldigung bitten müssten, weil wir niemals foul gespielt haben. Was wir vereinbart haben, wurde von beiden Seiten zu 100 Prozent eingehalten.

Unsere Konkurrenz hat uns gepusht, immer noch besser zu werden. Deshalb hat mich die Diskussion darüber, wer die Nummer eins in Deutschland sei, immer befremdet, denn darum ging es uns nie. Mal war der eine etwas voraus, mal der andere. Aber unsere Konzepte waren so unterschiedlich, dass ich sie nicht vergleichen möchte. Wichtig war, dass wir beide sehr gut nebeneinander existieren konnten.

Manchmal ging es sogar miteinander, wir haben ja einige gemeinsame Veranstaltungen organisiert. Am liebsten denke ich an den Kampf zwischen Wladimir Klitschko und Axel Schulz am 25. September 1999 in der Köln­arena zurück, und das nicht nur, weil Wladimir damals gewann und Europameister wurde. Es war der Kampf, den Deutschland sehen wollte, und dass wir es geschafft haben, den zu organisieren, freut mich bis heute. Leider ist uns das mit anderen Duellen nicht gelungen.

Dariusz Michalczewski gegen Henry Maske hätte ich zum Beispiel sehr gern gesehen. Wenn es etwas gibt, worum ich Wilfried beneidet habe, dann ist es der Vertragsabschluss mit Maske. Ich war früher an Henry dran gewesen als er, aber weil Wilfried sehr geschickt verhandelt hat, hat er ihn bekommen. Als Ersatz habe ich dann allerdings Dariusz verpflichtet, was sich letztlich auch als Glücksfall herausstellte. So waren wir wieder beide zufrieden. Und dass ich Axel Schulz nicht bekommen konnte, weil Wilfried auch da schneller war, war spätestens mit dem Sieg von Wladimir in Köln abgehakt.

Seit meinem Ausstieg aus dem Profiboxen im Sommer 2011 schaue ich kaum noch Kämpfe. Wilfried habe ich das letzte Mal vor ein paar Jahren auf einer Tagung des Weltverbands WBO in Budapest getroffen, und telefonieren tun wir auch nur noch sehr selten. Dennoch weiß ich natürlich, dass eine Menge ehemaliger Universum-Boxer nun bei Sauerland unter Vertrag stehen. Und darüber freue ich mich, denn dort sind sie sehr gut aufgehoben.

Mein Rat an Wilfried: Nutze die Jahre, es gibt ein sehr schönes Leben ohne Boxen

Für die Zukunft wünsche ich Wilfried sportlich, dass er weiterhin gute Boxer herausbringt und mit ihnen große Kämpfe veranstalten kann. Ihm persönlich wünsche ich die Gesundheit, noch so lange am Ring mitfiebern zu können, wie er es möchte, obwohl ich denke, dass sein Unternehmen mit seinen beiden Söhnen Kalle und Nisse so gut aufgestellt ist, dass er sich auch zurückziehen könnte. Aber gut, er hat früher angefangen als ich, da ist es nur logisch, dass er hinten heraus auch den längeren Atem hat. Dennoch möchte ich ihm zurufen: Nutze die Jahre, die dir noch bleiben, lieber Wilfried, denn es gibt auch ein Leben ohne Boxen, ein sehr schönes sogar!