„Wir haben damit gerechnet, dass der jetzige Vertrag in der Form nicht verlängert wird. In der Begründung der ARD steht, dass es ums Geld geht. Da sind wir gesprächsbereit.“ Expansion ins Ausland.

Hamburg. Die Worte, die Volker Herres gewählt hatte, klangen arg nach Abgesang. Er bedanke sich sehr für die gemeinsamen zwölf Jahre, hatte der Programmdirektor der ARD am 28. April in einer offiziellen Pressemitteilung verkündet, „hervorragende Einschaltquoten und spannende Kämpfe haben die Zusammenarbeit geprägt.“ Dennoch sehe sich der Sender aufgrund „finanziell enger werdender Perspektiven im Sportrechteetat“ genötigt, den bis Jahresende laufenden Vertrag mit dem Berliner Profiboxstall Sauerland in der aktuellen Form nicht zu verlängern.

Am Tag danach war man bei Sauerland, dem nach dem Aus des seit November 2012 insolventen Hamburger Universum-Stalls letzten deutschen Platzhirschen, trotz des vermeintlichen K.o.-Schlags weit davon entfernt, das Handtuch zu werfen. „Dass es in der aktuellen Form nicht weitergeht, ist für uns keine Überraschung“, sagte Geschäftsführer Frederick Ness, „dennoch reden wir mit der ARD über neue Formate und sind zuversichtlich, dass wir im Sommer eine Einigung erzielen werden.“

Auch Unternehmensgründer Wilfried Sauerland gab sich zuversichtlich: „Wir haben damit gerechnet, dass der jetzige Vertrag in der Form nicht verlängert wird. In der Begründung der ARD steht, dass es ums Geld geht. Da sind wir gesprächsbereit.“ Rund zwölf Millionen Euro soll die ARD zuletzt jährlich in die Boxrechte investiert haben, dafür organisierte Sauerland pro Jahr acht bis zwölf Kampfabende mit Weltmeistern wie Marco Huck, Arthur Abraham oder Jürgen Brähmer.

Wie kompliziert die Entscheidungsfindung innerhalb des „Ersten“ ist, hatte das Abendblatt bereits Anfang April dargestellt. Nach einer internen Befassung der Sportchefs aller neun in der ARD zusammengeschlossenen Sender soll eine Empfehlung ergehen, ob und wie man 2015 mit dem Boxen weitermachen wolle. Diese wird dann von den Fernsehdirektorinnen und –direktoren der Landesrundfunkanstalten beraten, bevor die neun Intendanten der Anstalten gemeinsam mit Herres eine Entscheidung fällen. Problematisch war in den vergangenen Jahren vor allem die generelle Ablehnung des Boxsports durch einige Funktionsträger.

„Wir sind an attraktiven Sportrechten interessiert“

Selbst wenn die ARD komplett ausstiege, wäre das nicht das Aus für Profiboxkämpfe im deutschen Fernsehen. RTL überträgt gesichert die nächsten zwei Kämpfe von Schwergewichts-Champion Wladimir Klitschko, Sat.1 zeigt Mittelgewichts-Weltmeister Felix Sturm, die Spartensender Sport1 und Eurosport arbeiten mit diversen Promotern zusammen. Besonders Sat.1 ist seit Monaten auch Gesprächspartner für Sauerland, die Verhandlungen dürften nun intensiviert werden. „Wir sind grundsätzlich an attraktiven Sportrechten interessiert“, sagte Sat.1-Sportchef Alexander Rösner. Und auch ein neuer Versuch, ein Bezahlmodell für Boxkämpfe einzuführen, könnte unternommen werden.

Mitinhaber Kalle Sauerland unterstrich zudem, dass das Unternehmen auch weiter existieren könnte, wenn es in Deutschland keinen großen Fernsehpartner hätte. „Klar ist, dass wir uns dann neu aufstellen müssten und den Aufbau in der jetzigen Form nicht leisten könnten. Aber wir haben uns in den vergangenen Jahren auf ein so breites Fundament gestellt, dass wir nicht am Ende wären, wenn wir keinen Partner in Deutschland finden“, sagte er. Zuletzt hatte Sauerland insbesondere in Richtung Skandinavien, wo man mit einem großen dänischen Sender kooperiert, und Großbritannien expandiert. „Und mit drei deutschen Weltmeistern und der Elite des deutschen Nachwuchses sind wir auf jeden Fall auch für die Zukunft in Deutschland bestens aufgestellt“, sagte Geschäftsführer Ness.