Dass sich Trainer und Spieler mit Ärzten zoffen, hat Tradition. Wie Pep Guardiola und Müller-Wohlfahrt stritt Uli Hoeneß mit dem HSV-Arzt.

München/Hamburg. Der Zoff zwischen Pep Guardiola und dem unter Stars quasi unantastbaren Mannschaftsarzt und Promi-Doktor Dr. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt bringt den FC Bayern München zum Wanken. Das liegt auch daran, dass „Mull“, wie man Müller-Wohlfahrt in München und in Profikreisen nennt, quasi übernatürliche Kräfte zugeschrieben werden. Die hat er selbstredend nicht. Aber wer bei ihm in Behandlung war, rühmt seine Erfahrung, die schnelle Diagnose und den guten Heilungsverlauf. Ganz gleich, ob das Weltmeister Bastian Schweinsteiger ist, 100-Meter-Superstar Usain Bolt („Der beste Arzt der Welt“) oder ein Hollywood-Star wie Javier Bardem.

Der „Mull“, das hat der von vielen Verletzungen geplagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus einmal gesagt, könne mit seinen Händen so gut Verletzungen ertasten, dass es quasi wie ein Ultraschall sei. Das klingt nach Hokuspokus, unterstreicht aber die große professionelle Wertschätzung für den Mediziner.

Und Müller-Wohlfahrt ist dank seiner Fähigkeiten bestens vernetzt. Ob nun Franz Beckenbauer, der immer ein gewichtiges Wort zu sagen hat, oder Uli Hoeneß und andere Entscheidungsträger auch rund um die deutsche Nationalmannschaft – sie alle wissen, was sie an Müller-Wohlfahrt haben. Gegen ihn eine Kampagne anzuzetteln, das wird auch einem verehrten Trainer wie Guardiola nicht gut bekommen.

Müller-Wohlfahrt hatte, wie kaum jemand weiß, auch mit dem ehemaligen St.-Pauli-Mannschaftsarzt Peter Benckendorff studiert. Der jetzt zurückgetretene Bayern-Doc stammt aus Ostfriesland. Benckendorff wie andere Clubärzte hatten häufig Verletzte nach München verwiesen, um sie bei Müller-Wohlfahrt anschauen zu lassen.

Prominente Streitfälle mit Ärzten in der Bundesliga


Der langjährige Teamarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und sein Stab haben die Zusammenarbeit mit dem FC Bayern München beendet. Vorausgegangen ist offenbar ein Zwist mit den Verantwortlichen des Clubs, vor allem Trainer Pep Guardiola.


Schalke 04: Zum 31. Oktober 2014 beendeten Schalke und sein langjähriger Team-Arzt Thorsten Rarreck die Vertragsbeziehungen einvernehmlich. Begründung: Der Club wünschte sich „im Zuge der Neuausrichtung seiner Lizenzspielerabteilung eine höhere ärztliche Anwesenheitszeit“. Das sah Schalke wegen einer anderweitigen Kooperation Rarrecks nicht mehr gewährleistet.


Hannover 96:  2009 trennen sich die Niedersachsen unerwartet vom langjährigen Vereinsarzt Wego Kregehr. Der Kniespezialist erhielt nach zwölf Jahren eine formale Kündigung. Nach Angaben des Vereins hatte Kregehr gebeten, den Vertrag aufzulösen. „Dem sind wir nachgekommen“, sagte der damalige Manager Jörg Schmadtke. Kregehr sieht das bis heute anders. „Das war der Hammer“, erklärte der Arzt im Vorjahr zu der Entlassung. Ein überdurchschnittlich hoher Anteil an verletzten Profis soll der Grund für die Trennung gewesen sein.


Bayern München: Müller-Wohlfahrt zog sich in den fast vier Jahrzehnten beim FC Bayern schon einmal zurück, als Jürgen Klinsmann 2008 anheuerte. Klinsmann wollte einen Arzt am Vereinsgelände und bekam einen. Offiziell wurde Müller-Wohlfahrt die Doppelbelastung mit Bayern und seiner Praxis zu viel. Als das Kapitel Klinsmann nach zehn Monaten vorbei war, kehrte der Arzt unter Trainer Jupp Heynckes zurück.


Werder Bremen: Ivan Klasnic klagte 2008 gegen das damalige Ärzteteam von Werder Bremen um Dr. Götz Dimanski. Er wirft den Medizinern vor, dass sie seine bedenklichen Nierenwerte im Jahr 2002 hätten erkennen müssen und fordert Schmerzensgeld (1,4 Millionen Euro). Seit März 2007 lebt er mit der Spenderniere seines Vaters. Der Prozess dauert an, Dimanski war bis 2014 Werders Vereinsarzt.


Borussia Dortmund: Prellung oder Muskelbündelriss? Ein Streit um die Diagnose beim BVB-Profi Matthias Sammer sorgt in der neunziger Jahren zum Streit zwischen den Medizinern Achim Büscher und Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Um sein Untersuchungsergebnis zu untermauern, stellt Mediziner Müller-Wohlfahrt eines der Bilddokumente zur Verfügung, die den Muskelbündelriss bestätigen und das Urteil seines Dortmunder Kollegen anzweifeln sollen. Büscher trat ein paar Wochen später zurück.

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Für angeschlagene Profis, die sozusagen ihre körperliche Fitness zu Markte tragen, spielt es auch eine psychologische Rolle, dass sie wissen, sie gehen zum Besten. Dafür haben Tausende Patienten lange Anreisen und Wartezeiten nie gescheut.

Die Bilder der CL-Viertelfinal-Hinspiele

Manuel Neuer bekommt die Gelbe Karte nach einer Notbremse
Manuel Neuer bekommt die Gelbe Karte nach einer Notbremse © Sven Hoppe/dpa
Reals James Rodriguez (r.) verpasste nur knapp die Führung
Reals James Rodriguez (r.) verpasste nur knapp die Führung © AFP | GERARD JULIEN
Mario Mandzukic (r.) versuchte den pfeilschnellen Raphael Varane zu stoppen
Mario Mandzukic (r.) versuchte den pfeilschnellen Raphael Varane zu stoppen © dpa | Kiko Huesca
Volle Leidenschaft beim Viertelfinal-Hinspiel zwischen Real und Atletico
Volle Leidenschaft beim Viertelfinal-Hinspiel zwischen Real und Atletico © REUTERS | Juan Medina
Der Freistoß von Cristiano Ronaldo blieb in der Mauer hängen
Der Freistoß von Cristiano Ronaldo blieb in der Mauer hängen © REUTERS | Paul Hanna
Mario Mandzukic hatte in der ersten Hälfte kaum Szenen
Mario Mandzukic hatte in der ersten Hälfte kaum Szenen © AFP | DANI POZO
Cristiano Ronaldo (l.) verschaffte sich Platz
Cristiano Ronaldo (l.) verschaffte sich Platz © AP | Daniel Ochoa de Olza
Alvaro Morata (l.) artistisch gegen Layvin Kurzawa
Alvaro Morata (l.) artistisch gegen Layvin Kurzawa © AFP | GIUSEPPE CACACE
Eng dran: Alessandro Matri (r.) und Layvin Kurzawa
Eng dran: Alessandro Matri (r.) und Layvin Kurzawa © Getty Images | Marco Luzzani
Arturo Vidal sorgte für das 1:0
Arturo Vidal sorgte für das 1:0 © Getty Images | Marco Luzzani
Der Chilene traf per Strafstoß
Der Chilene traf per Strafstoß © dpa | Di Marco
Juventus hat einen großen Schritt Richtung Halbfinale gemacht
Juventus hat einen großen Schritt Richtung Halbfinale gemacht © AP | Antonio Calanni
Carlos Tevez zeigte nach dem Spiel seinen tätowierten Rücken
Carlos Tevez zeigte nach dem Spiel seinen tätowierten Rücken © REUTERS | Stefano Rellandini
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Doch der Stress zwischen Clubarzt, Trainern, Vereinen und Spielern hat auch eine unselige Tradition in der Bundesliga. Das meiste blieb im Verborgenen – allein schon wegen der ärztlichen Schweigepflicht. Publik wurden unter anderem die Streitereien zwischen den damaligen Vereinsärzten von Werder Bremen und Stürmer Ivan Klasnic (früher FC St. Pauli). Sie sollen Klasnic häufig fitgespritzt und dabei in hohem Maße Schmerzmittel eingesetzt haben. Die Ärzte bestreiten ein Fehlverhalten. Klasnic litt unter einem derart gravierenden Nierenschaden, dass er eine Transplantation benötigte und dann eine zweite. Vater und Mutter spendeten jeweils eine Niere.

Legendär ist die sogar im Aktuellen Sportstudio des ZDF ausführlich diskutierte Affäre um Uli Hoeneß. Der Welt- und Europameister sollte 1978 vom FC Bayern zum HSV wechseln. Der damalige HSV-Arzt Dr. Ulrich Mann legte sein Veto ein. Hoeneß habe ein Wackel-Knie. Dr. Mann schlug eine Arthroskopie vor, um einen Schaden auszuschließen. Ihm wurde vorgeworfen, ein „Schlächter“ zu sein. Die damaligen Behandlungsmethoden waren weit von den minimalinvasiven oder computertomografischen Möglichkeiten von heute entfernt. Hoeneß lehnte empört ab, wechselte zum 1. FC Nürnberg und wurde mit Knieproblemen bald Sportinvalide. Dr. Mann war bis zum Jahr 2000 insgesamt 24 Jahre Vereinsarzt des HSV. (ryb)