Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, zum Städteduell zwischen Berlin und Hamburg für die Olympiabewerbung 2024.

Frankfurt/M. Das erste Jahr als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hielt für Alfons Hörmann, 54, viele Herausforderungen parat, die größte wartet aber im März auf den Unternehmer aus Bayern: Wenn er mit der Stadtauswahl der Olympiabewerbung für 2024 die entscheidende Richtung gibt.

Hamburger Abendblatt: Herr Hörmann, gibt die IOC-Agenda der beschlossenen Olympiabewerbung mit Berlin oder Hamburg den erhofften Schwung?

Alfons Hörmann: Wir konnten vorab erkennen, dass der Prozess in die richtige Richtung geht, was dazu führte, dass wir zwei Tage vor Monaco den Mut hatten, die grundsätzliche Entscheidung für die Bewerbung zu treffen, was uns international viel Wohlwollen einbrachte, das war in Monte Carlo zu spüren.

Aber viele Punkte sind doch vage und müssen erst mit Leben gefüllt werden, um sie wirklich bewerten zu können!

Hörmann: Die Agenda steht und fällt mit ihrer Umsetzung, wie bei anderen Konzepten auch. Die Unterstellung der Skeptiker, das sei alles nur ein Feigenblatt, kann nur widerlegt werden, indem man jeden einzelnen Punkt mit Leben füllt.

Welche Stadt profitiert mehr von der Agenda?

Hörmann: Da wurde ja kein Kaninchen aus dem Hut gezaubert, wir haben schon in den letzten Monaten Erkenntnisse aus den jeweiligen IOC-Arbeitsgruppen in die Konzepte beider Städte einfließen lassen. Mit der im März ausgewählten Stadt werden wir aber natürlich beraten, welche Vorstellungen mit der Agenda noch einmal optimiert werden können.

Berlin setzt auf vorhandene Sportstätten, Hamburg auf mehr Neubauten. Der DOSB muss entscheiden, welches Angebot besser zu der neuen IOC-Agenda passt.

Hörmann: Ja, aber das tun wir erst im März. Bis dahin gibt es noch viel voranzutreiben. Übrigens baut auch Hamburg zum großen Teil auf Vorhandenes.

Nun wird Ihnen in einigen Medien längst ein Hang zu Hamburg unterstellt!

Hörmann: Fakt ist: Ich persönlich habe nicht den einen Favoriten. Für mich ist der entscheidende Punkt: In welcher Stadt entwickelt sich die Stimmung in den nächsten Monaten wohin? Wir brauchen die Begeisterung der Bevölkerung, sonst scheitert das Projekt vor dem Start. Ich bin überzeugt, und das unterscheidet mich von manchem Hamburger und manchem Berliner insbesondere, dass wir mit beiden Städten international Erfolg haben können. Und ich bin willens und in der Lage, mich mit glühendstem Eifer für die eine oder andere Stadt einzusetzen. Wir brauchen den richtigen Kandidaten, deswegen nehmen wir uns die nötige Zeit. Und befragen noch einmal im Detail die Bürger.

Selbst mancher Sportfunktionär hält ein deutsches Städteduell, das schon bei früheren, gescheiterten Bewerbungen Verlierer hinterließ, ja für irrational.

Hörmann: Wenn einer schon den deutschen Wettbewerb nicht aushält, steht er international schnell vor unlösbaren Aufgaben. Und für beide Städte steht die Diskussion über die Stadtentwicklung, über Infrastruktur und die weltweite Positionierung doch ohnehin auf der Tagesordnung. Gedanken über Olympia können dabei nur helfen, selbst wenn die Spiele am Ende nicht kommen sollten. Zeit und Geld sind hier mehr als gut investiert.

Ein Problem ist der Zeitdruck....

Hörmann:...im Gegenteil. Viel Zeit bringt nur viel Unsicherheit.

Aber auch Wissen. Mit mehr Zeit könnte man viel konkretere Pläne und Kostenrechnungen für die letztlich alles entscheidende Bürgerbefragung vorlegen, was die Wahrscheinlichkeit der Zustimmung erhöht.

Hörmann: Es gibt keinen Zeitdruck, der wird immer nur von außen herbeigeredet. Für die Bürgerbefragung in der Bewerberstadt haben wir alle Zeit der Welt, es gibt da keine Vorgabe über einen Zeitpunkt. Man kann 2015 alle Facetten so herausarbeiten, dass man den Bürgern lückenlos aufzeigen kann, worum es geht. Und wenn die von uns ausgewählte Stadt sagt, sie möchte den Bürgerentscheid erst 2016 machen, dann wird es an uns nicht scheitern, das wäre vollkommen okay, zumal ja in beiden Städten ohnehin erst die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen.

Dennoch lässt der DOSB bereits im Februar eine repräsentative Umfrage über die Grundsatzstimmung Olympia in Berlin und Hamburg durchführen, obwohl wenig konkrete Pläne bekannt sind und messen dieser hohe Bedeutung bei ihrer Städteauswahl. Das ist schon ein Widerspruch.

Hörmann: Das müssen wir so in Kauf nehmen, irgendwann musst du dich halt mal entscheiden, und beide Städte haben klar gesagt: Der DOSB soll sich festlegen, bevor wir in die detaillierte Ausarbeitung eines Konzeptes gehen.

Der Umfrage eine solch große Bedeutung beizumessen, sei lächerlich, meinte zuletzt Klaus Böger, der Präsident des Landessportbundes Berlin.

Hörmann: In Berlin wird vieles infrage gestellt. Ich würde jedem raten, die Energie solcher Diskussionen in die Überzeugung der Bürger zu investieren.

Aus Sicht des Sports könnte man argumentieren, dass er bei einer Wahl Hamburgs am meisten gewinnen kann, nämlich ein drittes großes olympisches Sportzentrum neben Berlin und München.

Hörmann: Sicher wären die neue Sportstätten in Hamburg nicht nur ein Gewinn für die Großregion, sondern auch für den nationalen Sport. Die Stärkung der vorhandenen Sportstruktur Berlins wäre aber eben auch schön, es würde sich über Olympia hinaus noch mehr im deutschen Sport in Berlin abspielen. Was da die bessere Strategie ist, lässt sich trefflich diskutieren.

Neben Rom bewirbt sich die USA, auch Paris, Istanbul und Doha planen Bewerbungen. Wie groß ist Ihre Angst, dass sich bei der IOC-Städtewahl trotz Reform-Agenda das alte Muster durchsetzt und die Chance auf nachhaltigere Spiele nicht genutzt wird?

Hörmann: Vor und nach der Agenda gab und gibt es keine Bewerbungen für Sommerspiele, bei der man der einzige gute Bewerber ist. Da muss man mit härtestem Wettbewerb rechnen, das haben Deutschland und andere Länder längst lernen dürfen.

Thomas Bach hat viele Stimmen bei seiner Wahl und für seine Reform bekommen. Ist es eher ein Nachteil, als deutscher Bewerber anzutreten? Das könnte einigen im IOC langsam zu viel werden.

Hörmann: Das sind alles nur Spekulationen, die nichts bringen. Wir sollten uns lieber auf unser Konzept konzentrieren, um mit Qualität zu überzeugen.

Für Olympia ist auch die Unterstützung der Regierung wichtig. Spüren sie den Stellenwert des Sports richtig bemessen?

Hörmann: Minister de Maiziere hat uns das unlängst bestätigt. 28 Millionen Mitgliedschaften sind schon ein Pfund, mit dem wir wuchern können. 22 Milliarden Euro volkswirtschaftlicher Nutzen stehen nur zehn Milliarden Ausgaben gegenüber. Das sind bei aller Demut viele Argumente, die für uns sprechen.

Die Ex-Leichtathletin und Politikerin Sylvia Schenk meint, wenn sich Bürger stets gegen Spieleaustragungen aussprechen, stimmten sie letztlich auch gegen die Entsendung von deutschen Athleten.

Hörmann: Das geht mir eindeutig zu weit. Aber dass die Zukunft des Sports in diesem Land mit Olympia besser zu gestalten wäre als ohne, ist unbestritten. Denken wir nur an die Auswirkungen von 1972. Rund um München entstanden damals Sporthilfe, Olympiastützpunkte und Glücksspirale – das alles sind Strukturen, von denen der deutsche Sport bis heute profitiert.