Warten auf Jogi: Bundestrainer Joachim Löw soll sich in dieser Woche zu seiner Zukunft erklären. Alles andere als eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wäre überraschend.

München. Die Fußball-Republik schaut in diesen Tagen gebannt nach Freiburg. Dort, im äußersten Südwesten des Landes, sitzt Weltmeister-Coach Joachim Löw und denkt „in aller Ruhe“ über seine Zukunft nach, wie der 54-Jährige selbst zuletzt betont hatte. Während DFB-Präsident Wolfgang Niersbach fest davon ausgeht, dass Löw seine Weltmeister 2016 zur EURO nach Frankreich führen wird, steht ein klares, öffentliches Bekenntnis des Bundestrainers noch aus. Doch das „Warten auf Jogi“ soll noch in dieser Woche zu Ende sein.

Niersbach wird sich jetzt mit Löw zusammensetzen „und die Planungen angehen“, wie der DFB-Boss meinte. Niersbach hat nicht die leisesten Zweifel über die weitere Zusammenarbeit. Es sei schlicht „geklärt“, wer am 3. September beim nächsten Länderspiel in Düsseldorf gegen Argentinien auf der Bank sitze, sagte er am Wochenende. „Wir haben nicht nur das Wort, wir haben den Vertrag.“ Und der läuft bis 2016. Es gebe daher „kein Anzeichen“ für einen vorzeitigen Abschied Löws. „Beide, er und ich, sind total entspannt“, sagte Niersbach.

Der Weltmeister-Titel dürfte einiges zu dieser Entspanntheit beigetragen haben. Unmittelbar vor der WM hatte Löw offenbar noch andere Gedanken. Das zumindest wird durch eine Meldung der Zeitung Schweiz am Sonntag deutlich. Das Blatt berichtete jetzt von einem Interview mit Löw und dem ehemaligen Chelsea-Trainer Roberto Di Matteo im Vorfeld der Endrunde. Da habe Löw auf die Frage, ob er im Falle des Titelgewinns aufhöre gesagt: „Gut möglich. Nach zehn Jahren kann ich mir auch vorstellen, dass ich mal gerne wieder einen Verein trainieren möchte.“ Die Passage sei auf Wirken des DFB durch den Satz „Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht“ ersetzt worden.

Noch vor wenigen Tagen war aus Löws Umfeld zu hören, dass sehr wohl eine gewisse Überzeugungsarbeit vonnöten war, um Löw vom Weitermachen zu überzeugen. Warum nicht auf dem Höhepunkt aufhören wie Kapitän Philipp Lahm? „Weil es wunderbar passt, fachlich, menschlich, atmosphärisch“, sagte Niersbach jetzt. Daran habe sich „überhaupt nichts geändert“. Ein vorzeitiger Abschied Löws wäre demnach eine große Überraschung.

Sollte sich Löw beim Treffen mit Niersbach wie erwartet und erneut zu seinem Vertrag bekennen, hat er gleich eine Reihe wichtiger Fragen zu klären. Die wichtigsten Baustellen sind die Fragen nach einem Nachfolger für Lahm als Kapitän und auf dem Platz sowie die Suche nach einem neuen Assistenten. Löws bisheriger Co-Trainer Hansi Flick, der auf den Posten des Sportdirektors wechselt, wird aller Voraussicht nach durch einen Trainer aus dem U-Bereich des DFB ersetzt.

Aber durch wen? Laut Niersbach ist es vorstellbar, dass die Aufgabe auf die Schultern zweier Trainer verteilt wird. Weil Marcus Sorg, neben Frank Wormuth (U20) Favorit auf die Stelle, noch bis Ende Juli mit der U19 bei der EM in Ungarn weilt, dürfte diese Frage allerdings noch einige Tage offen bleiben.

Das gilt auch für die Suche nach einem neuen Spielführer. Wenn Lahm gegen Argentinien wie geplant seinen Abschied nimmt, könnte er die Binde an seinen Klubkollegen Bastian Schweinsteiger oder Manuel Neuer übergeben.

Ein echtes „Problem“ sieht Niersbach nach Lahms Demission auf den defensiven Außen. Als Rechtsverteidiger könnte Benedikt Höwedes den Münchner ersetzen, um die dann freigewordene Stelle auf der linken Seite dürften die Dortmunder Erik Durm und Marcel Schmelzer kämpfen. Und auch für den Angriff muss sich Löw, sollte er weitermachen, nach dem bevorstehenden Rücktritt von Miroslav Klose auf die Suche machen.

Es bleibt viel zu tun, doch zunächst heißt es: Warten auf Jogi.