Der Hamburger muss am Sonnabend in Rostock den Franzosen Larbi besiegen, um seinen WM-Traum zu wahren. Für den 28-jährigen Halbmittelgewichts-Boxprofi ist es der erste Schritt auf dem Scheideweg seiner Karriere.

Hamburg. Es ist ein Kampf, der im stark besetzten Rahmenprogramm der Halbschwergewichts-WM zwischen WBA-Champion Jürgen Brähmer und dem Italo-Waliser Enzo Maccarinelli an diesem Sonnabend (22.10 Uhr/ARD) in der Stadthalle Rostock nicht besonders hervorsticht. Aber für Jack Culcay ist die Verteidigung seines WBA-Interkontinentaltitels gegen den Franzosen Salim Larbi, 26, der erste Schritt auf dem Scheideweg seiner Karriere. Gelingt dem 28 Jahre alten Hamburger Halbmittelgewichts-Boxprofi 2014 nicht der Durchbruch zum Topstar, dann könnte der Traum vom WM-Titel als Profi für den Amateurweltmeister von 2009 bereits beendet sein.

Entsprechende, unmissverständliche Signale sendet Kalle Sauerland, Mitinhaber des Berliner Sauerland-Stalls, bei dem Culcay seit gut zwei Jahren unter Vertrag steht. „Jack hat so viel Talent. Aber in diesem Jahr muss er seine Aufgaben konzentrierter angehen. Aktuell hat er nicht das Potenzial, mit den Besten seiner Gewichtsklasse mitzuhalten“, sagt er. Besonders die ungeklärte Trainerfrage stößt einigen im Team Sauerland sauer auf. Dass Culcay überhaupt das Sonderrecht genießt, außerhalb der Berliner Trainingsgruppen in Hamburg arbeiten zu dürfen, wird mit Argwohn betrachtet. Dass er in seiner seit Dezember 2009 andauernden Profikarriere, die beim Hamburger Universum-Stall begann, mit Michael Timm, Jimmy Montoya, Ismael Salas, Fritz Sdunek und Gary Logan bereits fünf verschiedene Coaches hatte, kritisiert Kalle Sauerland offen. „Wir wünschen uns Kontinuität auf der Trainerposition und glauben, dass Jack aus seiner Komfortzone rausmuss. Wir müssen als Mannschaft agieren und an einem Strang ziehen.“

Culcay selbst reagiert zunehmend genervt auf diese Diskussionen, zumal alle Trainerwechsel nicht in seiner Verantwortung lagen. „Natürlich ist es für einen Sportler nicht leicht, sich immer wieder auf neue Trainer einzustellen. Aber ich mache das Beste daraus, indem ich mir von allen das abschaue, was mir hilft“, sagt der gebürtige Ecuadorianer. Er fühlt sich in Hamburg, wo er mit seinem Athletikcoach Moritz Klatten, der in Personalunion auch sein Manager ist, in dessen Privathaus in Eppendorf trainiert, so wohl, dass ein dauerhafter Umzug derzeit kein Thema ist. Auch die Sparringsphase unter Anleitung von Artur Grigorian, der unter Sdunek bereits als Assistent tätig war, hat ihm gefallen. In Rostock wird neben Grigorian und Vater Roberto, der ihn seit seinen Anfängen betreut, auch Joey Gamache in der Ringecke stehen. Der Ex-Profi fungiert offiziell als Cutman, ist aber ein Kandidat für den Trainerposten.

Dass Sauerlands TV-Partner ARD von den letzten Kämpfen so wenig begeistert war, dass man sich entschied, in Rostock statt Culcay den deutschen Hoffnungsträger Tyron Zeuge als zweiten Hauptkämpfer live zu zeigen, versucht „Golden Jack“, so Culcays Kampfname, sportlich zu nehmen. „Zusätzlichen Druck macht mir das überhaupt nicht. Es ändert nichts daran, dass ich überzeugend gewinnen muss, um mich für höhere Aufgaben zu empfehlen“, sagt er. Ein EM-Kampf soll es mindestens sein in diesem Jahr, auch eine WM-Chance würde der flinke, technisch höchst versierte Athlet nicht ausschlagen. „Je stärker die Gegner sind, desto besser kann ich mich für meine Kämpfe motivieren“, sagt er.

Vor allem jedoch wünscht sich Culcay, regelmäßiger zum Einsatz zu kommen. Tatsächlich hatte er bereits mehrfach unter kurzfristigen Kampfausfällen zu leiden, die seine Vorbereitungsphasen zu seinen Ungunsten ausdehnten und dazu führten, dass er zum Zeitpunkt seiner Kämpfe den Leistungszenit überschritten hatte. „Das war sicherlich nicht förderlich für meine Leistung“, sagt er, „jetzt will ich beweisen, dass ich in Topform mit jedem Gegner mithalten kann.“ Er will es nicht nur beweisen – er muss es.