Felix Magath leitete Sonntagmorgen zum ersten Mal das Training beim FC Fulham, Tabellenletzter der Premier League. Dort trifft der 60-Jährige, der fast HSV-Trainer wurde, auf alte Bekannte.

London/Hamburg. Am Sonntag machte Felix Magath erst einmal das, wofür ihn der FC Fulham am Freitagabend geholt hatte. Er trainierte, und das gleich zweimal am Tag. Dass der neue Coach den freien Tag gestrichen hatte, konnte niemanden überraschen, am wenigsten wohl seine ehemaligen Spieler Lewis Holtby (Schalke 04), Ashkan Dejagah und Sascha Riether (beide VfL Wolfsburg).

„Ich wollte die Mannschaft so schnell wie möglich kennenlernen“, sagte Magath dem Abendblatt. Ursprünglich hatte das Team von Donnerstag bis zum Montag frei, weil beim Tabellenletzten der Premier League nach dem Ausscheiden aus dem FA-Cup an diesem Wochenende kein Pflichtspiel anstand.

Das nächste ist ein ganz wichtiges. Am Sonnabend tritt Fulham bei West Bromwich Albion an, das vier Punkte vor dem Londoner Club auf dem rettenden 17. Platz steht. Der Vertrag des ersten deutschen Trainers in der Beletage des englischen Fußballs gilt allerdings bis zum 30. Juni 2015 – auch für die Zweite Liga. Während er beim HSV bis Saisonende auf Prämienbasis arbeiten wollte, lässt sich Magath sein Engagement beim FC Fulham mit einem mittleren siebenstelligen Betrag entlohnen.

Den Kontrakt hatte er am Freitagnachmittag drei Stunden lang mit seinem englischen Anwalt ausgehandelt. Das Okay kam schließlich gegen 18 Uhr Ortszeit per Telefon von Clubbesitzer Shahid Khan aus den USA: „Felix Magath ist ein erfahrener Mann, mit dem wir die Klasse halten wollen und können. Wir konnten nicht mehr darauf vertrauen, dass bei uns das Glück einfach so zurückkehrt. Wir mussten noch einmal handeln.“ Magaths Vorgänger Rene Meulensteen, Nachfolger Martin Jols, war nur 75 Tage im Amt. Seinen Rauswurf zwölf Spieltage vor Saisonschluss bezeichnete der Niederländer als „panischen Akt der Angst“.

Eigentlich wollte er nie wieder den Feuerwehrmann spielen, hatte Magath noch in der vergangenen Woche gesagt. Der Job beim HSV hatte ihn nur deshalb gereizt, weil er im Sommer den Vorstandsvorsitz im Verein hätte übernehmen können. Es kam anders. Die Vorwürfe, er hätte mit den Hamburgern ein falsches Spiel getrieben, weist Magath zurück: „Ich habe dem HSV-Aufsichtsrat gesagt, dass ich auch andere Optionen habe, ohne konkret Fulham zu erwähnen. Das hat aber wahrscheinlich niemand ernst genommen.“ Nachdem im Aufsichtsrat am vergangenen Montagmorgen immer noch keine Mehrheit für ihn stand, „nachdem ich eine Woche lang auf eine Zusage des HSV gewartet hatte“, habe er seine Kontakte zu Fulham intensiviert. Die bestanden seit November 2013.

Die englischen Boulevardmedien begrüßten Magath mit viel Häme

Am Dienstagnachmittag traf sich Magath auf dem Flughafen London-Heathrow mit Shahid Khan, in der Nacht zum vergangenen Freitag sagte er von Hamburg aus grundsätzlich zu. Sein langjähriger Assistent Bernd Hollerbach, 44, und Athletikcoach Werner Leuthard, 52, unterstützen ihn auch im Südwesten Londons. Das Trio wohnt zunächst in einem Hotel im benachbarten Stadtteil Wimbledon.

Clubbesitzer Khan, 63, mehrfacher Dollar-Milliardär, emigrierte mit 16 Jahren aus Pakistan in die USA und ließ sich später an der University of Illinois zum Ingenieur ausbilden. Ihm gehört der Autozulieferer Flex-N-Gate. Für das Unternehmen arbeiten in 52 Werken weltweit rund 16.000 Menschen. Im vergangenen Juli kaufte Khan von Kaufhaus-König Mohammed Al-Fayed, 85, den traditionsreichen FC Fulham von 1879, im April 2010 Gegner des HSV im Halbfinale des Uefa-Pokals. Als Besitzer des US-Football-Clubs Jacksonville Jaguars weiß er, wie ein Sportclub professionell geführt werden muss.

Es ist diese klare, flache Hierarchie, die Magath an Fulham schätzt. Ein Mann hat das Sagen, und vor Ort setzt Geschäftsführer Alistair Mackintosh die Wünsche des Eigners um. „Wenn ich etwas besprechen will, gehe ich in das Büro, das auf der Geschäftsstelle direkt neben meinem liegt. Es gibt hier keine endlosen Diskussionen mit irgendwelchen Gremien.“ Der Sport und nicht Eitelkeiten stünden im Vordergrund.

„Überhaupt ist der Fußball in England noch viel ursprünglicher als in der Bundesliga. Der Zuschauer wird als Fan, nicht als Kunde betrachtet, Vermarktung, Sponsorentermine spielen nicht diese dominierende Rolle.“ Das gefalle ihm. „Einen Club wie den FC Fulham habe ich seit 15 Jahren gesucht“, sagt Magath. Die ersten Eindrücke, als er das uralte Stadion Craven Cottage am Ufer der Themse betrat, seien „großartig“ gewesen. „Die Arbeitsbedingungen sind fantastisch, der Verein wird von einem Spitzenmanagement geführt.“ Auch das Gespräch mit Khan habe ihn überzeugt: „Wir haben beide klare Vorstellungen. Der FC Fulham ist kein Spielzeug für ihn, er will mit dem Club was erreichen und ist bereit, für seine Ziele entsprechende Investitionen vorzunehmen.“

Kontakt mit der englischen Presse hatte Magath bislang nicht. Seine für Sonntag geplante Vorstellung wurde wegen der doppelten Trainingseinheit verschoben. Aus den Schlagzeilen des Wochenendes, einer Mischung bekannter Klischees, lässt sich erahnen, was ihn erwartet: „Medizinball Magath“, „Saddam“, „Europas letzter Diktator“, „Folterknecht“. Die „Daily Mail“ warnte: „Dieser fitnessbesessene Geschäftemacher könnte als Witzfigur enden.“ Seine Erfolge in Deutschland, fünf Titel als Trainer des FC Bayern und des VfL Wolfsburg, waren eine Randnotiz. Magath hat damit kein Problem: „Ich weiß um meinen Ruf und werde ihn nicht mehr ändern können. Die Wahrheit ist für viele Journalisten offenbar zu kompliziert, als dass sie sie hören wollen.“