Der Hamburger Golfprofi Ben Parker greift auf der Challenge Tour an – und studiert. “Diese Ausbildung ist meine Absicherung, falls ich es als Profi nicht schaffe“, sagt Ben Parker.

Hamburg. Der neue Putter ist noch nicht ganz ausgepackt. Plastikfolie schützt den empfindlichen Kopf. Das gute Stück wurde gerade erst geliefert und soll es nun in der kommenden Saison richten. Golfprofis scheinen sich da gar nicht so sehr von Amateuren zu unterscheiden. Neue Ausrüstung, das ist immer auch ein Neuanfang und ein Stück Hoffnung, dass nun alles besser wird. Dass Putts fallen zum Beispiel. Darauf hofft Ben Parker, nein, er ist sich sicher. Denn er muss es sein.

Platz 1205 in der Weltrangliste, das kann es ja nicht sein für einen Spieler, der so talentiert ist wie der Engländer mit Wohnsitz in Hamburg. Der seit sechs Jahren als Profi spielt und für den nun allmählich die Zeit zum Durchbruch knapp wird. „Mein kurzes Spiel muss besser werden“, sagt der 26-Jährige, „vor allem mein Putten.“

Also nimmt er das gute neue Stück noch einmal in die Hand. „Das ist der Putter, mit dem auch Matt Kuchar auf der PGA-Tour spielt“, sagt Parker. Der US-Amerikaner belegt zurzeit Platz acht der Weltrangliste. Das ist ein Bereich, an den Parker nicht zu denken wagt, aber der Aufstieg auf die European Tour, der ist doch das Ziel. Wie eigentlich schon im zurückliegenden Jahr. „Mein langes Spiel ist dafür auf jeden Fall gut genug“, sagt er.

Der Sohn des englischen Golflehrers Tim Parker, der seit 24 Jahren in Deutschland arbeitet, zunächst auf Gut Waldhof im Norden Hamburgs als Pro tätig war und nun auf Gut Kaden, ist ein Beispiel dafür, wie beschwerlich der Weg im Profisport sein kann. Welche Mühsal einer auf sich nehmen muss, um erfolgreich zu sein und seinen Lebensunterhalt mit dem Job gewordenen Hobby zu bestreiten. 8259 Euro Preisgeld hat er 2013 auf der europäischen Challenge Tour verdient. An 19 Turnieren hat er teilgenommen, spielte in der Ukraine, in Kasachstan, dem Oman und in Kärnten. Nur siebenmal schaffte er den Cut und kam ins Geld. Das Putten halt. Und der Kopf.

Deshalb auch klettert Ben Parker beim Gespräch über seinen Plan B auf einen Schreibtisch. Und „übt“ dort schon mal Putten, während Mitarbeiter der WinstonUniversity in ihre Laptops schauen. Der Fotograf bat um ein Symbolbild. Gerne doch! Winston sponsert Parker jetzt, ermöglicht ihm eine 18-monatige Ausbildung. Golfanlagen-Management vermittelt die Lehranstalt, die an den Winston-Plätzen bei Schwerin angesiedelt ist, ihren Schülern aus aller Welt. Seit Oktober sind 13 Studenten aus 13 Nationen eingeschrieben, darunter auch der 30 Jahre alte Hamburger Jan Rathgeber. Sie zahlen dafür 14.900 Euro, einschließlich Unterkunft. Parker nicht, er hat ein Stipendium erhalten.

Das Projekt ist sehr ambitioniert. Der Prospekt hochwertig, die Ausbildung offenbar auch. Das geht von der richtigen Pflege hochsensibler Grüns über Umweltprojekte, Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit bis hin zum Kundenservice. Golfanlagen haben es schwer derzeit, in Deutschland kam es letztes Jahr zu Umsatzeinbußen. Die Boomjahre sind vorbei, gerade erst hat der Deutsche Golfverband ein marginales Wachstum von nur 0,4 Prozent vermelden müssen. Die WinstonUniversity, die ihren „Stadtsitz“ in Hamburg nahe dem Rathaus in einem Altbau hat, will durch eine fundamentale Ausbildung dazu beitragen, dass Clubs und Anlagen besser und effizienter geführt werden. Am Montag übrigens sind die Studenten in Sachen Rasenpflege beim FC St.Pauli zu Gast.

„Diese Ausbildung ist meine Absicherung, falls ich es als Profi nicht schaffe“, sagt Ben Parker. „Ich möchte auf jeden Fall auch in Zukunft mit Golf zu tun haben. Aber Golflehrer in einem Club möchte ich nicht werden.“ Jedenfalls nicht für Hobbyspieler, deren Ziel es ist, ihr Handicap von 35 auf 28 zu verbessern, damit sie zukünftig auch auf dem WinstonLinks-Kurs ihre Bälle verlieren dürfen. „Das wird auf Dauer langweilig“, glaubt Parker. Er hat den Job seines Vaters ja intensiv beobachtet.

Nein, er will spielen, abschlagen und einlochen. Das hat er seit frühester Jugend sehr erfolgreich getan. Und die jüngere Schwester Florentyna hat es schließlich auch geschafft, sie spielt auf der europäischen Damentour. Mit 13 Jahren hat Ben sich für Golf und gegen Tennis entschieden, das er ebenfalls ausgezeichnet spielte. Mit 15 kam er ins englische Juniorennationalteam, spielte internationale Turniere, gewann die U18-WM, hatte das Gefühl, als Jugendlicher alles erreicht zu haben, wurde Profi. „Mit meinem Selbstvertrauen als Amateur hatte ich die Challenge Tour als Durchgangsstation angesehen, ich dachte, ich spiele dort drei Turniere, dann bin ich da weg und spiele auf der European Tour.“ Er gibt diese jugendliche Arroganz heute offen zu. Und dann kam die Schulterverletzung.

Blöde Sache. Da war was, nach einer Übungseinheit mit einem Schwunggerät. „Sehr frustrierend“ sei es gewesen, die Ärzte fanden lange nichts. Schließlich eine Operation im Juli 2008, „es gab die Möglichkeit, dass ich nie wieder spiele“. Das geschah nicht, im Gegenteil, die Karriere war gerettet, aber der Schwung war nach langer Pause dahin. Nicht der Golfschwung, aber dieses selbstverständliche Vorangehen im Sport, dass die Dinge wie von alleine klappen. Dass nach einem Erfolg der nächste kommt. Erst 2011 spielte er wieder zwei Turniere auf der Tour, 2012 konnte er wieder voll einsteigen und kassierte immerhin knapp 30.000 Euro Preisgeld.

Nach dieser Saison allerdings kamen die Zweifel. „Ich bin durch das kurze Spiel schlechter geworden“, sagt Ben Parker, „und es ist mental schwer auf der Challenge Tour.“ Die Anforderungen dort werden aber nicht weniger. Jüngere Spieler kommen nach, das sportliche Niveau ist kaum schwächer als auf der European Tour, die Plätze sind ebenfalls schwer. Es ist eigentlich alles wie eine Liga höher, bis auf das Preisgeld. Durchschnittlich 200.000 Euro werden ausgezahlt. „Da fehlt eine Null“, macht Manager Sven Hanfft den wesentlichen Unterschied zur großen European Tour deutlich. Die Plätze auf der Tour sind deshalb begehrt, nur die besten 15 des Jahresrankings qualifizieren sich – oder die besten 25 auf dem finalen Qualifikationsturnier zum Saisonende.

„Die Leistungsdichte ist brutal eng auf der Challenge Tour“, sagt Parker, „ich musste etwas tun.“ Und dann greift er noch einmal nach seinem neuen Putter. Der wird es richten.