Lässig den Schläger schwingen und nach drei Tagen die Spielberechtigung erhalten. Ob es so schnell geht, hat unsere Autorin getestet.

Es ist zum Verzweifeln. Ich bin kurz davor, mich vom Golfsport zu verabschieden, kaum dass ich überhaupt richtig damit angefangen habe. Warum? Ganz einfach: Zum gefühlt 80. Mal ist der Ball, dieses kleine, nur 44 Gramm schwere gelbe Ding, deutlich jenseits der anvisierten weißen Fahne gelandet. Platzreife in nur drei Tagen bietet die Anlage Schloss Lüdersburg an, den sogenannten Golf-Führerschein. Aber nach drei Stunden Putten und Chippen, wie es bei den Golfern so schön heißt, wächst bei mir der Verdacht, dass das mit der schnellen Platzreife schwieriger wird als erhofft. Dabei hat der Tag so vielversprechend angefangen.

Montagmorgen, neun Uhr. Die Sonne scheint. Ein paar Wolken zieren den Himmel über dem malerischen Örtchen Lüdersburg, das rund 60 Kilometer von Hamburg entfernt liegt und bekannt ist für eine exquisite Golfanlage mit preisgekrönten Bahnen. Gemeinsam mit sieben anderen Teilnehmern warte ich am Klubhaus darauf, dass der Kursus beginnt. Maike Wolf und ihre Bekannte Manuela Imm haben es sich auf einer Holzbank bequem gemacht. Die beiden 44-Jährigen reizt vor allem die kurze Dauer des Kursus. "Bis zur Platzreife dauert es normalerweise drei Monate, dafür habe ich nicht die Zeit", sagt Wolf, die in Escheburg ein Restaurant betreibt. Jürgen Leimann, 60, der einzige männliche Teilnehmer in der Runde, ist gemeinsam mit Ehefrau Christiane extra aus Darmstadt angereist, um "in den Golfsport hineinzuschnuppern". Das Angebot von "Deutschlands schnellster Platzreife" habe ihn überzeugt, sagt der Bankdirektor. Zumal es seit März dieses Jahres auch noch TÜV-zertifiziert ist und das Siegel "Geprüfte Service-Qualität" trägt.

+++ Golf boomt +++

In Lüdersburg ist man merklich stolz darauf. Das Angebot von Platzreifekursen sei meist unübersichtlich, sagt Christian Relling, 28, zuständig für den Bereich Sales und Marketing der Golfanlage. "Uns war es deshalb wichtig, von objektiver Seite eine Bewertung durchführen zu lassen und den Kunden auf diese Weise ein Stück Sicherheit zu geben." Das vom TÜV Nord zertifizierte Programm werde bislang hervorragend angenommen.

Dreimal pro Woche starten Kurse mit maximal acht Teilnehmern. Auf dem Plan stehen 14 Trainingsstunden, eine Theorie- und Praxisprüfung sowie die offizielle Vergabe der Platzreife-Urkunde.

Zugegeben: Ich bin skeptisch. Vor einigen Jahren habe ich spaßeshalber ein paar Abschläge unter Anleitung eines Golftrainers - auch Pro genannt - gemacht. Geflogen sind die Bälle in der Regel nicht. Eher schwerfällig über die Driving Range gepoltert. Aber da Schüler nur so gut sein können wie ihre Lehrer, vertraue ich auf den Pro des Kursus, der gerade um die Ecke biegt und sich bei den Teilnehmern vorstellt. "Hi, ich bin Robert Walster, wir bleiben beim Du", sagt der drahtige Brite mit dem charmanten Lächeln und dem herrlich klingenden Akzent.

Nach einer kurzen Einweisung und dem Anpassen des für jeden Teilnehmer bereitgestellten Golfhandschuhs, geht es auf die Anlage. Robert marschiert mit forschem Schritt voraus, die Gruppe trottet hinterher. Vorbei an dem mit Lavendel und Buchsbäumen gesäumten Klubhaus direkt zu Bahn zehn des sogenannten Old Courses.

Die bereits Aktiven auf den Plätzen mustern uns. Sie sind eher im gesetzten Alter, tragen feinste Stoffhosen und Poloshirts und widmen sich schließlich wieder ihrem Spiel. "Golf ist schwer", sagt Robert, "aber ihr werdet in diesen drei Tagen riesige Fortschritte machen."

An der Driving Range ist es dann so weit. Programmpunkt eins: Putten. Robert erklärt die Schläger-, Bein- und Körperhaltung. "Mit Minigolf hat das nichts zu tun", betont er - jetzt gehe es darum, die Schultern und somit auch den Schläger pendeln zu lassen. Drei Bälle versenke ich auf Anhieb mit fünf Schlägen - es könnte schlechter laufen. Tut es dann allerdings auch.

Als wir das sogenannte Chippen ausprobieren, bei dem der Ball ein wenig fliegen soll, macht sich Enttäuschung breit. "Üben, üben, üben", lautet Roberts Devise. Seine Hilfestellungen zaubern kurioserweise jedes Mal Erfolge herbei. Als es gegen 12.45 Uhr in Richtung Klubhaus zum Mittagessen geht, ist die Stimmung dennoch getrübt. "Chippen hat irgendwie Frustpotenzial", sagt Jürgen Leimann.

Zurück auf der Driving Range demonstriert Golf-Professional Robert sein Können. Es sieht leicht und elegant aus, wenn er mit einem Holz zum Schlag ausholt und die Kugel rund 300 Meter in die Ferne peitscht. Erst nach einer halben Ewigkeit landet der Ball auf dem Grün. Robert lächelt und gibt zu bedenken, dass er das schon "etwas länger" macht als wir. Zunächst, rät er uns, sollten wir "nicht wie Quasimodo" stehen. "Po raus, ein bisschen in die Knie, schulterbreit stehen, Gewicht auf beiden Beinen." Wir haben uns wie eine Entenfamilie aneinandergereiht und ahmen Roberts Bewegungen nach.

"Und jetzt kommt der Schwung", sagt er, kreuzt die Hände vor der Brust und schwingt seinen Oberkörper langsam von rechts nach links. Nach ein paar Probeschwüngen wagen wir den Praxistest. Die Abschläge gelingen von Mal zu Mal besser. Ich erwische die Bälle schließlich präzise wie nie zuvor. Sie fliegen weit, hoch und noch dazu in gewünschter Richtung.

Der Tag endet versöhnlich - abgesehen von den Schmerzen, die ich an den Händen und in den Armen, ja sogar in jedem einzelnen Finger spüre.

Tags darauf plagt mich Muskelkater. Es zieht und zwickt in den Armbeugen. Doch genau die werden erst einmal geschont. Theorieprüfung. 30 Fragen zu Regeln und Etikette gilt es zu beantworten. Zur Vorbereitung hat jeder Kursusteilnehmer ein Heftchen nach Hause bekommen. Titel: "Fit für den Golfplatz - vom Rabbit zum Tiger."

Maximal sechs Fehlerpunkte sind bei der Prüfung erlaubt. Es habe durchaus schon einmal Leute gegeben, die den Test nicht bestanden hätten, unkt Robert. Immerhin: In der Prüfung dürfen wir das Regelheft nutzen. Erleichterung in den Gesichtern. Niemand fällt durch, der erste Schritt in Richtung Platzreife ist getan.

Den Rest des Tages sind wir wieder mit der Praxis beschäftigt. "Public Course". Vier Bahnen, auf denen am nächsten Tag auch die Prüfung abgenommen wird. Robert schickt mich als Erstes zur Abschlagstelle. Ich höre mein Herz pochen, gehe im Geiste noch einmal die Schritte zum perfekten Schwung durch. Ich setze den Ball auf das Tee, ein kleines weißes Holzstück, das den Ball höher liegen lässt. Dann hole ich aus und treffe ihn.

Er fliegt. Gerade, hoch. Wie im Lehrbuch. Ein unfassbares Gefühl. Endorphine durchströmen meinen Körper. Es sieht nach Golf aus. Und auch die anderen haben Erfolgserlebnisse. Motivation genug, um weiterzumachen. "Ich habe euch doch gesagt, dass die Bälle fliegen werden", kommentiert Robert bestens gelaunt die Leistungen seiner Schützlinge.

Am Mittag des dritten und abschließenden Tages halten wir tatsächlich alle eine Platzreife-Urkunde in den Händen.

Was sie wert ist? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Die meisten Kursusteilnehmer empfinden ihr Können als längst nicht gut genug, um künftig allein auf einen Platz zu gehen. "Es wäre praktisch, wenn man immer einen Robert dabeihätte", sagt Manuela Imm.

Marketing-Chef Christian Relling hält das Angebot dennoch für gelungen: "Bei unserem Modell lernen die Teilnehmer sehr viel auf einmal, und sicherlich fehlt noch Routine. Aber wir maßen uns auch nicht an zu sagen, dass man nach dieser kurzen Zeit perfektes Golf spielen kann. Es ist ein Einstieg, eine Platzerlaubnis. Nichts anderes."

Kritische Stimmen hört man derweil aus dem Hamburger Golfverband. Nach nur drei Tagen Fahrtraining in einem Auto würde man ja auch niemanden allein auf die Straße lassen, sagt Geschäftsführer Dominikus Schmidt: "Die Urkunde bedeutet längst nicht, dass man auf jedem Platz spielen darf. Vielen Klubs reicht das Zertifikat nicht aus, weil sie eigene Qualitätsstandards haben, die durch einen dreitägigen Kursus nicht gedeckt werden können. Dessen muss sich jeder Teilnehmer bewusst sein."

Für eine wirkliche Platzreife sollte man sich nach Ansicht von Schmidt lieber an den vom Deutschen Golfverband festgelegten Standards (DGV-Platzreife) orientieren und darauf achten, dass der Golfklub, in dem man eine Mitgliedschaft anstrebt, diese auch zur Grundlage nimmt.

Nachfragen bei renommierten Anlagen wie etwa Gut Kaden oder Treudelberg haben allerdings ergeben, dass die Platzreifezertifikate aus Lüdersburg akzeptiert und anerkannt werden und dass man problemlos Mitglied der verschiedenen Klubs in Hamburg und Umgebung werden könne.

Das Golfspiel in all seinen Facetten zu beherrschen - davon ist man nach einem dreitägigen Training sicherlich weit entfernt. Dennoch hat der Kursus in Lüdersburg meine Erwartungen übertroffen, meinen Ehrgeiz und die Freude am Sport geweckt. Was daraus wird - mal sehen. Erst einmal heißt es sowieso: "Üben, üben, üben."