Der Landesverband der Golfer hat seine Strukturen professionalisiert und will jetzt mit zielgerichteter Jugendarbeit nachhaltig Erfolg haben.

Bad Bramstedt. Den eisigen Wind, der über die schneebedeckten Felder weht und die Finger klamm werden lässt, scheint Yannik Emmert nicht wahrzunehmen. Nur den Ball zu seinen Füßen und die Fahne draußen auf dem Grün, das an diesem Wintersonntag in Wahrheit ein Weiß ist. Dann schwingt er durch, und der Ball verschwindet in der Winterlandschaft des Golfklubs Gut Bissenmoor. Die Flugbahn zeichnet eine spezielle Software auf einem Laptop nach, der aufgeklappt auf einem Tisch neben ihm steht. Mehr als 300-mal hat Yannik Emmert diese Bewegung heute schon gemacht. Langweilig ist ihm nicht. Kalt auch nicht, obschon der 15-Jährige vom GC Buchholz nur einen dunkelblauen Wollpullover, eine Khakihose und dünne Lederschuhe trägt, so wie die anderen acht Jungs um ihn herum auch. "In dieser Truppe macht das Training einfach Spaß", sagt Yannik Emmert, "und wenn man sich bewegt, bleibt man warm."

Dominik Müller hat dafür schon gesorgt. Den Trainingstag des Hamburger D4-Kaders hat er um 7.30 Uhr mit einem Treppenlauf im Hotel in Bad Bramstedt beginnen lassen: "Ich will vermitteln, dass wir Leistungssportler sind und nicht nur rumdaddeln." Müller, 30, weiß, wie sich Sport anfühlen muss. Früher hat er sein Geld als Eishockeyprofi verdient. Vor fünf Jahren hat er den Schläger getauscht. Heute, knapp zehn Kilogramm leichter, ist er Deutschlands erster hauptamtlicher Landestrainer. Müllers Arbeitsplatzbeschreibung: Er soll zehn Jungen im Alter von 13 bis 16 Jahren an professionelles Golf heranführen.

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Müllers Planstelle hat Dominikus Schmidt erst kürzlich neu geschaffen. "Ein Landestrainer ist Standard, um in die Förderstufe der olympischen Sportarten zu kommen", sagt der Geschäftsführer des Hamburger Golfverbands (HGV), der über Jugendförderung im Golfsport promoviert hat. Bisher hatte man sich mit Honorartrainern beholfen, die alle zwei Wochen einen Lehrgang durchführten. Müller bietet seinen Jungs an mindestens fünf Tagen pro Woche Unterricht: mittwochs und freitags in Falkenstein, dienstags in Quickborn, donnerstags in Ahrensburg sowie am Wochenende ganztägig an wechselnden Standorten, Kraft- und Ausdauereinheiten inklusive. Ziel ist, dass jeder Jugendliche auf 1000 Trainingsstunden pro Jahr kommt.

"Im Vergleich zu anderen Sportarten sind wir weit hinterher", hat Schmidt festgestellt. So trainierten 15 Jahre alte Golfer in Hamburg bisher lediglich dreimal pro Woche. Gleichaltrige Judokas kämen auf zehn Einheiten, so schreibt es der nationale Verband für seine Kader vor. "Quantität zahlt sich langfristig aus", sagt Müller. Seit Golf vor zwei Jahren für 2016 wieder in den Rang einer olympischen Sportart gehoben wurde, bemüht sich der HGV, den Rückstand aufzuholen.

Mehr als das: "Wir wollen einen Olympiasieger aus Hamburg", sagt Schmidt. Dafür soll vor allem die Basis breiter werden, konkret: Es sollen mehr Jugendliche den Golfschläger in die Hand bekommen. So wird 2013 an der Stadtteilschule Am Heidberg eine Integrationsgolfklasse mit 24 Kindern eingerichtet. Von fünf Sportstunden nimmt Golf dann vier ein. Am benachbarten Gymnasium, seit 2009 Partnerschule des Leistungssports, ist für zwei Nachwuchsspieler Golf bereits Teil des Schulalltags.

Für Yannik Emmert ist es nicht immer einfach, Gymnasium und Golf in Einklang zu bringen. "Die Schule leidet schon ein bisschen", gibt der Zehntklässler zu, "aber letztlich muss man sich die Zeit richtig einteilen." Viermal pro Woche schwingt er auch in den kalten Monaten den Schläger. Müller hört das gern: "Der Winter ist die Zeit, um Fehler auszumerzen, damit die Bälle im Sommer besser fliegen." Damit das nicht zulasten der Noten gehe, würden auch die schulischen Leistungen der Kaderspieler regelmäßig überprüft.

Jeder von ihnen hat sich ein Ziel gesetzt, das er bis März erreichen will, und einen individuellen Trainingsplan an die Hand bekommen. Um den Leistungsstand so objektiv wie möglich zu beurteilen, soll ab 2013 auch das biologische Alter der Jugendlichen Berücksichtigung finden. "Wir wollen vermeiden, dass jemand aussortiert wird, der seinen Entwicklungssprung vielleicht noch vor sich hat", sagt Geschäftsführer Schmidt. Denn mehr als in vielen anderen Sportarten ist im Golf ein langer Atem gefragt. Das durchschnittliche Eintrittsalter für die Profitour liegt bei 28 Jahren.

Bis 2020, so der Plan, könnte es eines der Hamburger Talente geschafft haben. "Das Potenzial haben alle", sagt Landestrainer Müller. Entscheidend sei, wer sich am besten motivieren könne. Yannik Emmert, Handicap 0,8, ist fest entschlossen: "Wenn es sich gut entwickelt, will ich es irgendwann profimäßig angehen." Dann schlägt er die nächsten Bälle ab.