Der Schwimmer eifert bei der Kurzbahn-EM seinem Idol Steffen Deibler nach. In seinem Zimmer im Sportinternat Hamburg hat er sich ein Plakat von den Olympischen Spielen 2016 in Rio aufgehängt.

Hamburg. Sein großes Ziel hat Jacob Heidtmann gewissermaßen täglich vor Augen. In seinem Zimmer im Sportinternat Hamburg hat er sich ein Plakat von den Olympischen Spielen 2016 in Rio aufgehängt. „Das ist meine Motivation.“ Nun liegt Herning nicht auf dem direkten Weg nach Brasilien, aber die kleine dänische Stadt mit ihrer riesigen Arena könnte für Heidtmann, 19, eine wichtige Karrierestation sein. An diesem Donnerstag beginnen hier die Kurzbahn-Europameisterschaften, und der Abiturient vom Swim-Team Elmshorn hat sich als einer von 31 deutschen Schwimmern qualifiziert.

Im Vorjahr war er auch schon dabei, aber das lässt sich kaum vergleichen. Seinerzeit entsandte der DSV ein Verlegenheitsteam nach Chartres (Frankreich), weil der Verband zeitgleich in Wuppertal seine nationalen Meisterschaften veranstaltete. Heidtmann war aufgrund seiner starken Leistung bei der Jugend-EM vornominiert worden. Diesmal musste er sich bei den deutschen Meisterschaften qualifizieren. Es gelang ihm, und zwar nicht irgendwie gerade so: Über 1500 Meter verbesserte er seine Bestzeit um 30 Sekunden auf 14:42 Minuten und wurde Zweiter, über seine Spezialstrecke 400 Meter Lagen schlug er in 4:09,7 als Dritter an.

So kommt es, dass erstmals seit Langem bei einer wichtigen internationalen Meisterschaft die Hamburger Delegation nicht mehr nur aus den Brüdern Steffen und Markus Deibler besteht. Markus, 23, lässt die EM sogar aus und konzentriert sich auf das Grundlagentraining für die Langbahnsaison und deren Höhepunkt, die EM im August in Berlin. Steffen, 26, hat sich für Herning einiges vorgenommen. Über die 50 Meter Schmetterling, seine Weltrekorddistanz, hat er sich selbst zum Topfavoriten ausgerufen: „Ich bin derzeit mit Abstand der Schnellste in Europa.“ Wenn da nur nicht die Erkältung gewesen wäre, die ihn vergangene Woche für einige Tage aus der Bahn warf.

Dem Olympia- und WM-Vierten kann Heidtmann noch nicht das Wasser reichen, auch wenn er im Dulsbergbad täglich direkt neben ihm seine Bahnen zieht. Gerade auf der Kurzbahn sei das deutlich zu merken: „Bei den Wenden verliere ich doch noch einiges gegen Steffen, da fehlt mir einfach die Sprungkraft.“ Wobei es auch nicht so leicht sei, 1,95 Meter zügig umzudrehen. Wenn man es aber damit vergleiche, wie es um seine Technik bestellt war, als Heidtmann im Sommer 2012 von Elmshorn in die Hamburger Trainingsgruppe von Petra Wolfram wechselte, sei der Fortschritt enorm. Auch dank Steffen Deibler. „Er ist ein Supervorbild und reißt alle anderen mit“, sagt Wolfram. Im Sog der Deiblers hat sich am Olympiastützpunkt in Dulsberg inzwischen eine schlagkräftige Trainingsgruppe gebildet. „Wir können jetzt als richtiges Hamburger Team auftreten“, sagt Steffen Deibler, „das macht sehr viel Spaß.“

Seit diesem Jahr gehören auch die deutsche Meisterin Selina Hocke, 17, und die zweimalige Staffeleuropameisterin Silke Lippok, 19, dazu. Nicht nur sie haben die Olympischen Spiele 2016 fest in ihre Karriereplanung eingebaut. Der DSV hat Hocke und Heidtmann in sein Perspektivteam für Rio aufgenommen und lässt ihnen bis dahin besondere Förderung angedeihen. Heidtmanns Leistung bei den deutschen Meisterschaften war Chef-Bundestrainer Henning Lambertz eine besondere Würdigung wert: „Er hat die 1500 Meter hervorragend absolviert und auch über 400 Meter Lagen eine sehr gute Leistung angeboten.“ Heidtmann war einer derer, die Lambertz im Sinn hatte, als er von „positiven Tendenzen nach oben“ im deutschen Schwimmsport sprach.

Zu große Erwartungen hat Petra Wolfram ihrem Schützling aber nicht mit auf den Weg nach Herning gegeben: „Für Jacob geht es darum, Erfahrung bei einer internationalen Meisterschaft auf Topniveau zu sammeln.“ Einen Finalplatz über die 400 Meter Lagen würde Heidtmann schon als Erfolg verbuchen. Er reist mit der neuntschnellsten Zeit in Europa an. Wobei der Formhöhepunkt noch vor ihm liegen sollte. „Die Vorbereitung war ganz klar auf die EM ausgerichtet“, sagt Wolfram. Eurosport berichtet am Donnerstag, Freitag und Sonntag von 15.45 bis 18.30 Uhr.