Bundestrainer Joachim Löw äußert sich nach dem 1:1 gegen Italien über den schweren Ausfall von Khedira, das Spiel in Mailand, die kommende Partie gegen England und warum er ein Trio abreisen lässt.

Mailand. Bitterer Rückschlag für Bundestrainer Joachim Löw und das deutsche Nationalteam. Sami Khedira hat im Länderspiel in Mailand gegen Italien (1:1) einen Riss des vorderen Kreuzbandes und einen Innenbandriss im rechten Knie erlitten. Dies gab der Deutsche Fußball-Bund (DFB) am Sonnabend bekannt.

Dem 26 Jahre alten Mittelfeldspieler droht damit ein halbes Jahr Pause. Khedira war in der 67. Minute nach einem Zweikampf mit Andrea Pirlo ausgewechselt worden. „Sami muss operativ behandelt werden, wir haben die Hoffnung, dass er zu Beginn der WM wieder gesund ist“, sagte Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt.

Bundestrainer Joachim Löw spricht im Interview über den Ausfall von Khedira, das Spiel gegen Italien, blickt auf die Partie gegen England und erklärt, warum er Mesut Özil, Manuel Neuer und Philipp Lahm nach Hause geschickt hat.

Wie ordnen Sie Ihr 100. Länderspiel als Bundestrainer ein?

Joachim Löw: „Unter dem Strich war es eine sehr gute Leistung von uns. Mit etwas Glück hätten wir auch gewinnen können. Wir haben dreimal Aluminium getroffen und kurz vor Schluss noch eine sehr große Chance gehabt, die man eigentlich verwerten muss. Ich bin aber sehr zufrieden, wie wir alle Aufgaben gegen die starken Italiener gelöst haben. Wir standen wahnsinnig gut in der Defensive, haben gegen Balotelli und Co. gut verteidigt. Es wird die Zeit kommen, wo wir Italien auch bei einem Turnier schlagen.“

Der Ausfall von Sami Khedira überschattet aber doch sicher das 1:1 in San Siro?

Löw: „Das ist ein bitterer Rückschlag für Sami und uns alle. Er ist auf und neben dem Platz eine ganz große Kämpfernatur und Persönlichkeit. Er denkt immer positiv. Das wird ihm helfen, und daher bin ich auch optimistisch, dass er rechtzeitig bis zum Anpfiff der WM in Brasilien wieder fit wird. Wir wünschen ihm alles Gute und drücken ihm die Daumen, dass die Operation gut verläuft und er schnell in die Reha einsteigen kann. Es war schon vor dem Spiel klar, dass es kein typisches Freundschaftsspiel werden wird. So ist es auch gekommen, es war ein hart umkämpftes Spiel, in dem um jeden Zentimeter Boden gekämpft wurde.“

Konnten Sie dennoch Ihr Jubiläum einigermaßen genießen?

Löw: „Ich habe schon vorher gesagt, dass mir die Zahl 100 nicht so viel bedeutet. Ich würde lieber nach meinem 112. Länderspiel als Bundestrainer einen Grund zum Feiern haben. Das wäre dann hoffentlich das WM-Finale in Brasilien.“

Mit Mario Götze als sogenannter falscher Neun hatte Ihre Mannschaft in San Siro wenig Durchschlagskraft. Wie waren Sie mit der Offensive zufrieden?

Löw: „Vorne mussten unsere Spieler viel arbeiten, um das Geschehen von unserem Tor wegzuhalten. Wir hatten in der ersten Halbzeit ein spielerisches Übergewicht, es ist uns aber nicht so gut gelungen, in den gegnerischen Sechszehner einzudringen. Da hätten wir insgesamt mehr machen müssen.“

Philipp Lahm hat überraschend wieder im Mittelfeld gespielt. Wird er sich an diese Rolle gewöhnen müssen?

Löw: „Nein, ich plane weiter mit ihm auf der rechten Seite der Viererkette. Nach den Ausfällen von Bastian Schweinsteiger und Ilkay Gündogan wollte ich aber etwas Erfahrung im Mittelfeld haben. Darüber habe ich im Vorfeld des Spiels mit Philipp gesprochen, und er hat mir versichert, dass er gerne diese Aufgabe übernimmt. Dauerhaft werden wir ihn aber wieder auf rechts sehen, weil wir genug gute Spieler für das Mittelfeld haben.“

Sie haben vor dem abschließenden Spiel des Jahres am Dienstag in London gegen England in Lahm, Torwart Manuel Neuer und Mesut Özil ein schlagkräftiges Trio vorzeitig nach Hause geschickt. Was war der Grund dafür und wie planen Sie für das Match im Wembley-Stadion?

Löw: „Das Spiel gegen England ist für uns eine der letzten Gelegenheiten vor der Weltmeisterschaft, taktisch und personell noch einige Varianten zu testen. Philipp Lahm, Manuel Neuer und Mesut Özil gehören zum absoluten Stamm, für mich ist es jetzt wichtiger, anderen Spielern auf Schlüsselpositionen gerade gegen eine große Mannschaft wie England eine Bewährungschance zu geben. Zudem kehrt Per Mertesacker in London nach überstandener Grippe wieder in unseren Kreis zurück. Ich gehe davon aus, dass er Dienstag spielen kann. Zudem soll Marco Reus von Beginn an spielen, auch Marcel Schmelzer und einer der beiden Benders.

Was erwarten Sie vom letzten Auftritt Ihrer Mannschaft in diesem Jahr?

Löw: „England ist nach wie vor eine sehr gute Fußball-Nation mit sehr guten Spielern. Wir wissen, was auf uns zukommt. Ich wünsche mir, dass wir ähnlich engagiert und selbstbewusst auftreten wie gegen Italien. Dann könnten wir auf ein gutes Jahr zurückblicken.“