Das igs-Gebäude gehört jetzt dem Basketball. In einem Jahr soll die Nationalmannschaft die neue Arena eröffnen, danach die Hamburg Towers übernehmen.

Hamburg. Noch entfalten Echeverie, Flamingoblume und Pfeilblatt ihre volle Pracht, aber die Gefahr ist allgegenwärtig. Rundherum sind die Beete bereits eingeebnet, von draußen dringt der Lärm der Baumaschinen in die Blumenhalle herein. Bald werden sie auch die letzten aufrechten Überbleibsel der Internationalen Gartenschau (igs) beseitigt haben, und dann wird das, was einmal der neue Treffpunkt in Wilhelmsburg werden soll, konkrete Formen annehmen. Am Montagnachmittag übergab igs-Geschäftsführer Heiner Baumgarten im Beisein von Bürgermeister Olaf Scholz die Blumenhalle ihrer neuen Bestimmung: dem Basketball. Innerhalb eines Jahres wird sie zu einer 3000-Zuschauer-Arena umgebaut und zur Heimstätte der Hamburg Towers werden, die von der kommenden Saison an in der Bundesliga mitspielen wollen.

„Dieser Tag steht im Zeichen der Vorfreude auf große Sportereignisse und gute Trainingsmöglichkeiten“, sagte Scholz. Für die Stadt ist das Projekt von zentraler Bedeutung für die Gestaltung des Stadtteils. So sollen in der Halle nicht nur Spitzenbasketballer eine Heimat finden, sondern breite Gesellschaftsschichten. Zum Angebot der InselAkademie, die die Halle betreibt, gehören kostenlose Trainingsstunden für Jugendliche sowie regulärer Sportunterricht für Wilhelmsburger Schüler. Hamburgs Rollstuhlbasketballer und Jugend-Bundesligateams erhalten mit dem Bau einen zentralen Stützpunkt sowie eine erstklassige Spielstätte. In einem Nebengebäude entstehen Räume für betreutes Wohnen.

„Wir wollen hier Leistungssport und Sozialarbeit miteinander verknüpfen“, sagt Marvin Willoughby. Der frühere Nationalspieler wuchs selbst in Wilhelmsburg auf und stieß das Projekt vor sechs Jahren an. Mit seinem Verein Sport ohne Grenzen versucht er als Trainer Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten in der Stadt über den Sport Grundwerte des Zusammenlebens zu vermitteln. Er sagt: „Uns war immer klar, dass man dafür auch einen zentralen Ort braucht. Einen besseren als diese Halle kann man sich gar nicht vorstellen.“

Baumgarten erinnert sich noch gut an jenen Tag im Jahr 2007, als Willoughby in seinem gerade bezogenen Büro auf dem igs-Gelände vorsprach. „Er fragte: Was macht ihr eigentlich einmal mit der Halle, wenn ihr sie nicht mehr braucht? Diese Frage stellten wir uns auch.“ Willoughby lieferte die Antwort praktisch ins Haus: eine Basketballstätte. „Ich kann es noch gar nicht glauben, dass es jetzt so weit ist“, sagt Willoughby.

Zusammen mit seinem früheren Nationalmannschaftskollegen Pascal Roller, 36, ist der 35-Jährige jetzt für die sportliche Leitung der Towers verantwortlich. Anders als bei früheren Versuchen, den Erstliga-Basketball in die Stadt zurückzubringen, ist das Profiteam nur der prominenteste Teil eines sehr viel größeren, über Jahre gewachsenen Projekts. Für Wolfgang Brenscheidt, den Generalsekretär des Deutschen Basketball-Bundes (DBB), hat es Vorbildcharakter: „Ein solches Programm mit all seinen Facetten ist einzigartig in Deutschland.“ Und dass sich die Stadt derart klar dazu bekenne, sei „beeindruckend und nicht selbstverständlich“. Hamburg mit seinen 53 Basketballvereinen und gut 5000 Aktiven sei für den DBB von jeher einer der wichtigsten Standorte. Nur dass sich davon in den stärksten Ligen des Landes bisher nichts erkennen ließ.

Das soll sich mit den Towers ändern. Im März wollen sie ihre Bewerbung um eine Wildcard bei der Bundesliga einreichen. Sollte einem Club die Lizenz verweigert werden oder ein Aufsteiger verzichten, würde im Mai der Zuschlag erfolgen. Andernfalls müsste man versuchen, sich auf dem Umweg der Zweiten Bundesliga Pro A sportlich zu qualifizieren. Bis dahin wollen die Towers einen Etat zusammenhaben, der sich irgendwo in der Mitte zwischen der vorgeschriebenen Mindestgröße von 1,2 Millionen Euro und dem des FC Bayern – geschätzt neun Millionen Euro – bewegt. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagt Roller. Einige Zusagen lägen bereits vor. Was trotz der Unterstützung der Stadt fehlt, ist ein Hauptsponsor. Zur Not könne man auch erst einmal ohne starten. Nach zwölf bundesligafreien Jahren fehle in Hamburg möglicherweise auch etwas die Vorstellungskraft, wie das Produkt am Ende aussehen könne.

Einstweilen müssen Modelle und Animationsfilme der Fantasie auf die Sprünge helfen. Sie zeigen eine moderne, freundliche Arena mit Zuschauertribünen auf allen vier Seiten und einem Umlauf. Bis Ende des Jahres sollen alle igs-Installationen abgebaut sein. Anfang 2014 soll dann der rund 3,5 Millionen Euro teure Umbau zur Sporthalle beginnen. Die Einweihung könnte anlässlich eines Qualifikationsländerspiels erfolgen. Entsprechende Pläne sind beim DBB bereits weit fortgeschritten. Bis zu vier Stars der nordamerikanischen Profiliga NBA könnten dann ein Gastspiel in Hamburg geben. Die 3500 Zuschauerplätze dürften der zu erwartenden Nachfrage dann allerdings kaum genügen.