Basketballtrainer Patrick Elzie über seinen Aufstieg mit dem SC Vechta von der dritten in die erste Klasse und die Pläne des neuen Hamburger Teams.

Vechta . Es liegt ein gewisser Stolz in den Augen Patrick „Pat“ Elzies, 52, als er zum Rundgang in den Rasta Dome einlädt. Die Halle im Gewerbegebiet der Kleinstadt Vechta (30.500 Einwohner) ist die Spielstätte des SC Rasta, des Aufsteigers in die Basketball-Bundesliga. Die erst vor anderthalb Jahren eingeweihte Arena wird gerade für 1,5 Millionen Euro um 1200 auf 3200 Plätze erweitert. Die wohlhabende Stadt mit einer Arbeitslosenquote von derzeit unter zwei Prozent teilt sich mit Vereinspräsident und Hauptsponsor Stefan Niemeyer, einem Futtermittel-Fabrikanten, die Kosten. Die Bundesliga (BBL), die am 2. Oktober in die neue Saison startet, schreibt eine Mindestkapazität von 3000 Zuschauern vor. Ausnahmen werden nicht mehr gewährt.

„Bei unseren Heimspielen herrscht eine unfassbare Stimmung“, erzählt der Trainer, ein Deutschamerikaner, „und die Party endet nicht mit Spielschluss. Bis spät in die Nacht, oft bis halb drei, feiern hier die Menschen im Obergeschoss am Tresen munter weiter. Der Rasta Dome ist zum Epizentrum des Lebensgefühls dieser Stadt geworden.“

Hamburger Abendblatt: Herr Elzie, Hamburg wartet seit dem Abstieg der BCJ Tigers im Jahr 2001 auf ein Basketball- Bundesliga-Team. Sie haben in den vergangenen drei Jahren mit dem SC Rasta den Aufstieg von der dritten in die erste Liga geschafft. Warum war das in Vechta möglich und in Hamburg nicht?
Patrick Elzie: Basketball ist in Deutschland ein Spiel der Klein- und der Universitätsstädte. Das war schon vor 20, 30 Jahren so, als ich noch selbst in der Bundesliga spielte. Basketball ist hierzulande eine Randsportart geblieben, und die ist eben vornehmlich dort zu Hause, wo der Platzhirsch Fußball fehlt und das gesellschaftliche wie kulturelle Angebot eher mager ausfällt. In Vechta sind wir die Nummer eins, und die entsprechende Unterstützung erfahren wir. Jedes Unternehmen der Stadt, ob klein oder groß, will dabei sein.

Die Erfolge von Alba Berlin und des FC Bayern München scheinen Ihrer These, dass Basketball in Großstädten keinen Platz hat, zu widersprechen.
Elzie: Das sind zwei spezielle Konstellationen. Mit Alba hat eine große Firma in Berlin Gefallen am Basketball gefunden. Die Mannschaft ist vor zehn Jahren zu einem führenden Team Europas aufgestiegen und hat sich in Berlin als Kultmarke etabliert. In München stehen der mächtige FC Bayern und Präsident Uli Hoeneß hinter dem Projekt. Köln und Frankfurt sind Gegenbeispiele. Die Kölner Basketballer sind trotz des Gewinns der Meisterschaft 2006 drei Jahre später pleite gegangen. Und die Frankfurt Skyliners kämpfen seit einiger Zeit ums Überleben.

Was bedeutet das für die Pläne der Hamburg Towers, die zur Saison 2014/15 mittels einer Wildcard in die Bundesliga aufgenommen werden wollen?

Elzie: Ich habe lange genug in Hamburg gelebt, zwei meiner drei Kinder gehen hier noch zur Schule, um zu wissen, wie schwierig es ist, in der Stadt eine neue Profisportart zu etablieren. Die BC Johanneum Tigers haben es zwischen 1999 und 2002 nicht geschafft; was sicherlich auch an dem wenig professionellen Umfeld des Vereins lag, um es mal freundlich auszudrücken. Hamburg hat zwei Fußballclubs in der Ersten und Zweiten Liga, ein attraktives Eishockey- und ein erfolgreiches Handballteam, die indes beide ihre Existenz sehr freigiebigen Eignern verdanken. Dazu kommen hochklassige kulturelle Angebote, überhaupt gibt es unzählige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Irgendwann ist das Geld der Menschen und Unternehmen auch endlich.

Und mit Basketball lässt sich kein Geld verdienen?
Elzie: Der deutsche Meister Brose Baskets Bamberg, Bayern München und Alba Berlin machen vermutlich Gewinn. Dem Rest fällt es schwer, auf eine schwarze Null zu kommen.

Geben Sie den Towers in Hamburg trotz dieser Bedenken eine Chance?
Elzie: Wenn das Marketingkonzept stimmt, und das scheint, was ich höre, zu stimmen, warum nicht. Es sollte doch möglich sein, in Hamburg 3000 bis 4000 Leute regelmäßig für Basketball zu begeistern. Ich wünsche mir, dass es funktioniert. Hamburg ist eine richtig geile Stadt mit einer attraktiven Mischung von Menschen verschiedener Kulturen. Da gehört Basketball einfach dazu. In Hamburg sollte es zudem wie in Berlin machbar sein, NBA-Teams in die Stadt zu holen, zum Beispiel Dirk Nowitzki mit den Dallas Mavericks.

Was unterscheidet das Towers-Projekt von dem damaligen der BCJ Tigers?
Elzie: Es scheint mir alles viel solider geplant und besser mit der Nachwuchsarbeit in der Stadt vernetzt zu sein als zu Zeiten der Tigers vor zehn bis 14 Jahren. Mit den ehemaligen Nationalspielern Marvin Willoughby und Pascal Roller hat das Projekt zwei fantastische Aushängeschilder. Nach Pascal ist ja schon ein Ehrenpreis benannt worden, als er gerade 34 Jahre alt war. Das spricht für seine hohe Reputation in der Szene. Die wird den Towers nützen.

Ist es der richtige Weg, über eine Wildcard in die Erste Liga kommen zu wollen?
Elzie: Ich maße mir da keine Ratschläge an. Ich glaube allerdings, dass der sportliche Aufstieg aus der Zweiten Liga Pro A, wie es Bayern München zwei Jahre lang versucht hat, viele Vorteile bietet, nicht nur wirtschaftliche. Man gewinnt Zeit, um in die Aufgabe hineinzuwachsen. Der neu gegründete Verein und sein Umfeld können Erfahrungen sammeln, vor allem in der Organisation, und das Projekt könnte mit einer positiven Geschichte eingeführt werden, nämlich dem Aufstieg. Das schafft eine hohe Identifikation bei den Fans und schraubt die Erwartungen in der Ersten Liga nicht gleich ins Unermessliche. Von einem Aufsteiger erwartet man nicht unbedingt im nächsten Jahr die Teilnahme an den Play-offs, von einem Wildcard-Team möglicherweise schon.

Die Towers suchen für die Saison 2014/2015 einen namhaften Trainer. Ihr Name ist in diesem Zusammenhang schon öfter gefallen. Wäre der Job etwas für Sie?
Elzie: Ich würde leugnen, wenn dieser Gedanke nicht einen gewissen Reiz auf mich ausüben würde. Schließlich ist meine Mission in Hamburg unvollendet geblieben. 2002 bin ich als Trainer mit den BCJ Tigers wieder in die Erste Liga aufgestiegen, obwohl wir nur den sechsthöchsten Etat hatten. Aber kurz danach meldete der Verein Insolvenz an, und wir mussten in der Regionalliga neu anfangen.

Sie würden es also machen?
Elzie: Moment, Moment! Ich habe in Vechta paradiesische Zustände. Man schätzt meine Arbeit …

… nach zwei Aufstiegen in zwei Jahren sollte das selbstverständlich sein.
Elzie: … und man vertraut mir. Ich habe keinen Vertrag, ein Handschlag reicht hier seit vier Jahren aus. Das würde ich niemals leichtfertig aufgeben.

Wie erklären Sie Ihren Erfolg in Vechta?
Elzie: Der entscheidende Faktor ist der Zusammenhalt, in der Mannschaft, im Verein, im Umfeld. Alles wird intern geregelt. Kein Streit, keine Meinungsverschiedenheit, die es schon mal gibt, wird nach außen getragen. Hierin unterscheiden wir uns, wenn ich das sagen darf, doch ziemlich deutlich vom HSV. Dieser Zusammenhalt ist extrem leistungsfördernd, alle geben für das gemeinsame Ziel alles. Sieben Spieler der Aufstiegsmannschaft bilden deshalb auch den Kern unseres neuen Kaders, nur fünf Spieler sind dazugekommen. Ich halte nichts davon, eine Mannschaft zusammenzukaufen. Das klappt in den seltensten Fällen. Ein Team muss wie ein Verein wachsen. Nur dann kann es langfristig erfolgreich sein.

Ihnen stehen nicht einmal 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Reicht das beim einem Durschnittsetat der Liga von 4,5 Millionen Euro für den Klassenerhalt?
Elzie: Natürlich ist das eine Herausforderung. Aber unser Teamgeist und die Begeisterung unserer Fans stellen einen nicht zu unterschätzenden geldwerten Vorteil dar.

Ist in Vechta auf absehbare Zeit etwas anderes als Abstiegskampf denkbar?
Elzie: Die Gegend ist eine der reichsten Deutschlands. In Vechta und Umgebung haben mehrere Firmen, die Weltmarktführer sind, ihren Stammsitz. Das wirtschaftliche Potenzial für Basketball ist in Vechta längst nicht ausgeschöpft.

Jan Pommer, der Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga, hat als Ziel ausgegeben, dass die BBL bis 2020 die stärkste Liga Europas werden soll. Wie realistisch ist das?
Elzie: Das ist ein ambitioniertes Ziel, weil die spanische Liga trotz der Auswirkungen der Finanzkrise einen erheblichen Vorsprung hat. Andererseits sucht die Infrastruktur der BBL ihresgleichen. Überall sind neue Hallen gebaut worden, der Zuschauerschnitt ist auf 4500 geklettert, der Gesamtetat der Liga auf mehr als 81 Millionen Euro. Der nächste Schritt muss es sein, das uns auch die großen TV-Sender wieder ins Programm nehmen. Dann können wir die Nummer eins in Europa werden.

Und wie steht es sportlich um den Basketball in Deutschland?
Elzie: Ebenfalls besser denn je. Die Qualität ist auf allen Ebenen gestiegen, der Nachwuchs macht mir Hoffnung. Erstmals spielen fünf Deutsche in der NBA. Würden die alle in der Nationalmannschaft auflaufen, was bei der vergangenen Europameisterschaft keiner tat, könnten wir mit Frankreich und Spanien um den Titel konkurrieren.