Als Halbfinal-Sechste löste die Deutsche auf der Schlussgeraden über 100 Meter Freistil das Finalticket. Realistische Chancen auf eine Medaille hat die 29-Jährige im Finale aber wohl nicht.

Barcelona. Britta Steffen stieg erschöpft aus dem Becken des Palau Sant Jordi und lächelte beim Blick auf die Anzeigetafel: Die Weltrekordlerin hat sich in ihr vielleicht letztes WM-Einzelfinale gekämpft und sich eine erneute Enttäuschung auf der Schlussgeraden ihrer Karriere erspart. Die 29-Jährige qualifizierte sich bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Barcelona über 100 Meter Freistil als Halbfinal-Sechste für den Endlauf am Freitagabend. „Dass es fürs Finale gereicht hat, ist ein ganz großer Erfolg. Es ist auch schön, nicht nur hinterhergeschwommen zu sein, sondern mit einer wie Missy Franklin mitgehalten zu haben“, sagte Steffen: „Eine Medaille wäre ein ganz, ganz großes Glück. Dafür muss von meiner Seite zugelegt werden, ich werde mein Bestes geben.“

Realistisch ist das aber nicht. Zwar schwamm die Doppel-Olympiasiegerin von 2008 in 53,85 Sekunden ihre persönlich drittbeste Zeit seit dem Verbot der High-Tech-Anzüge Ende 2009, in den Medaillenkampf wird sie aber im Normalfall nicht eingreifen können. Die internationale Konkurrenz um Halbfinalgewinnerin Sara Sjöström aus Schweden (52,87) dürfte zu stark für die Hallenserin sein. „Das sind Zeiten, die sind echt saustark“, meinte Steffen. Ihre Teamkollegin Daniela Schreiber war bereits im Vorlauf auf dem indiskutablen 22. Platz ausgeschieden. Vier Tage nach der großen Enttäuschung mit 4x100-Meter-Freistilstaffel (8. Platz) erfüllte Steffen, die sich krankheitsbedingt bei der DM nicht für die 50 m Freistil qualifizieren konnte, mit dem Finaleinzug ihr Hauptziel dieser WM. „Ich habe die letzten Jahre einiges eingesteckt, da ist man nicht mehr so erfolgsverwöhnt. Da backt man jetzt kleinere Brötchen“, sagte die zweifache Weltmeisterin von 2009 und betonte: „Die WM macht mir viel Spaß, weil ich jedes Rennen ganz bewusst genieße.“

Ein WM-Start von Steffen in zwei Jahren im russischen Kasan gilt als fraglich. Sollte die einstige Siegschwimmerin ihre Karriere nach dieser Saison fortsetzen, wird sie im kommenden Jahr mit dem Höhepunkt Heim-EM in Berlin international sehr wahrscheinlich nur auf der 50-Meter-Strecke starten. Auf der Tribüne fieberte der Rest des deutschen Teams um Steffen Deibler mit. Der Weltjahresbeste aus Hamburg geht ab Freitag über 100 Meter Schmetterling als Mitfavorit an den Start. Möglicherweise half auch der Blitz-Besuch von Paul Biedermann, der seine Freundin nach der großen Enttäuschung mit der Staffel moralisch wieder aufbaute. „Ich weiß nicht, ob Paul sie getröstet hat, aber ich weiß, dass er sie motiviert hat“, verriet Steffens Heimtrainer Frank Embacher.

Bundestrainer Henning Lambertz hatte im Vorfeld von der Weltrekordlerin ein positives Signal gefordert, „dass sie zeigt, dass sie noch immer eine Führungsfigur im Team ist. Wir reden jetzt nicht über Medaillen oder Bestzeiten, sondern darüber, dass sie sich bestmöglich verkauft.“ Das ist Steffen zweifellos gelungen. Auch Embacher hatte versucht, seine Top-Athletin mit dem Hinweis auf ihre Vorbildfunktion für die bislang größtenteils desolaten DSV-Schwimmer zu motivieren. „Britta ist eine, wo alle hingucken und hoffen, dass von ihr noch so eine kleine Initialzündung ausgeht. Wir müssen uns da jetzt selber rausziehen, und da kann uns Britta helfen“, hatte Embacher gesagt.

Unterdessen hat die Olympiavierte Rikke Pedersen für den dritten Weltrekord gesorgt. Die Dänin unterbot bereits im Halbfinale über 200 Meter Brust in 2:19,11 Minuten die Bestmarke der Olympiasiegerin Rebecca Soni (USA) von London um 48 Hundertstelsekunden.

Bei den Männern schaffte James Magnussen die Olympia-Revanche und ist erneut Weltmeister über 100 Meter Freistil. Der 22-jährige Australier schlug am Donnerstag nach 47,71 Sekunden an. Zweiter wurde James Feigen vor seinem US-Teamkollegen und Olympiasieger Nathan Adrian. Der Frankfurter Marco Di Carli war im Vorlauf der Königsstrecke nach indiskutabler Leistung ausgeschieden.