Bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Barcelona startet der Hamburger über 100 Meter Schmetterling als Mitfavorit. Bruder Markus greift über 200 Meter Lagen an. Sonntag beginnen die Beckenwettbewerbe.

Hamburg/Barcelona. Wenn Steffen Deibler, 26, in den nächsten Tagen bei den Weltmeisterschaften in Barcelona auf den Startblock steigt, steht da ein ganz anderer Schwimmer als noch vor einem Jahr. Selbstbewusst, mit Blick nach vor und nicht zur Seite. Der Hamburger springt als Weltjahresbester über 100 Meter Schmetterling ins Olympiabecken von 1992 auf dem Montjuic, dem Hausberg der Stadt. Seine 51,19 Sekunden, die er Ende in April bei den deutschen Meisterschaften in Berlin schwamm, hätten bei den Spielen 2012 in London zum Olympiasieg gereicht. US-Superstar Michael Phelps war damals zwei Hundertstel langsamer. Deibler wurde in 51,81 Sekunden Vierter. Kein deutscher Schwimmer schnitt in London besser ab.

„Mein Ziel ist es in Barcelona, diese Zeit zu wiederholen. Was dabei herauskommt, kann ich nicht beeinflussen. Schaffe ich aber diese Zeit, werden nicht viele besser sein als ich“, sagt Deibler. Hauptkonkurrent ist der Südafrikaner Chad le Clos, 21, Olympiazweiter über 100 Meter Schmetterling und -sieger über die doppelte Distanz. Eine Medaille, egal welche, wäre „fantastisch“. Es wäre international Deiblers erste auf der 50-Meter-Bahn (über die 25-Meter-Bahn ist er Weltrekordler über 50 Meter Schmetterling und mehrfacher Europameister) – „und der Lohn für das über Jahre harte Training“. Der würde sich ausgerechnet in jener Saison einstellen, in der sein Wasserpensum zurückgefahren und seinem Studium der Umwelttechnik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) am Berliner Tor Priorität eingeräumt hatte. Allein nach London hatte Deibler im vergangenen Herbst acht Wochen Pause eingelegt (Bruder Markus sogar zwölf), lange wie nie zuvor in seiner Karriere. „Die Weltjahresbestzeit ist dann auch nicht das Ergebnis dieser Saison, sondern die Folge jahrelanger kontinuierlicher Arbeit.“

2013 sei ursprünglich als Übergangsjahr auf dem Weg nach Rio de Janeiro 2016 geplant gewesen, sagt Trainerin Petra Wolfram. Der Erfolg überrascht sie dennoch nicht: „London hat Steffen beflügelt. Zum richtigen Zeitpunkt das zeigen zu können, was man draufhat, das hat ihm diese nötige Stück Selbstsicherheit gegeben, aus dem nun diese Lockerheit und Zuversicht resultiert.“ Geholfen haben Steffen Deibler auch die Gespräche mit Mentalcoach Ulrich Oldehaver. „Wir bleiben während der WM telefonisch in Verbindung“, sagt Deibler. Oldehavers Verdienst ist es, Deibler entstresst zu haben. „Ich weiß jetzt, wie viel Spaß mir Schwimmen macht und dass mein Glück nicht von irgendwelchen Medaillen abhängt.“

Deibler und sein Bruder Markus, 23, Olympiaachter über 200 Meter Lagen, waren 2012 in London die einzigen deutschen Schwimmer, die in Bestform zum Saisonhöhepunkt kamen. „Es ist die Kunst des Trainings, Belastung und Entlastung so zu steuern, dass ein Sportler auf den Punkt fit ist“, sagt Trainingswissenschaftler Stefan Fuhrmann vom Olympiastützpunkt Hamburg (OSP) am Dulsbergbad. Diese Kunst war zuletzt vielen deutschen Schwimmtrainern abhandengekommen. Wolfram scheint sie zu beherrschen. „Das Umfeld in Hamburg ist angefangen mit der Trainerin und den Einrichtungen am OSP optimal“, sagen die Deiblers. Nur bei der Sponsorensuche taten sich die Brüder in ihrer Wahlheimat schwer. Beinahe wäre das Projekt Olympia 2016 deshalb gescheitert, hätte sich nicht jetzt die Kreissparkasse aus ihrer Heimatstadt Biberach zu den beiden lokalen Aushängeschildern bekannt. Mit Head fand sich zudem ein neuer Ausrüster. Anfangs des Jahres hatten die Deiblers ihre drei wichtigsten Sponsoren verloren und mussten zuletzt auf Erspartes zurückgreifen.

Steffen Deibler startet in Barcelona über 50 (13. der Weltjahresbestenliste; Finale am 29. Juli) und 100 Meter Schmetterling (3. August), Markus Deibler als Elfter der Weltjahresbestenliste über 200 Meter Lagen (1. August). Markus Deibler fühlt sich wieder bereit für gute Zeiten, Platz hat er sich vorgenommen, nachdem er in dieser Saison wieder einige gesundheitliche Rückschläge wegstecken musste. Zusammen gehen die Deiblers an diesem Sonntag mit der deutschen 4x100-Meter-Freistil-Staffel an den Start. Ziel des Quartetts ist ein vorderer Platz im Endlauf.