Ausgerechnet im Finale von Wimbledon lieferte Sabine Lisicki ihre schlechteste Turnierleistung ab. Unter Tränen und Nervosität wirkte sie wie gelähmt. In der Weltrangliste verbesserte sich die Berlinerin um sechs Plätze.

Berlin. 590.000 Zuschauer fieberten beim Pay-TV-Sender „Sky“ dem ersten deutschen Triumph in Wimbledon seit Steffi Graf 1996 entgegen. Doch ausgerechnet im Finale lieferte Sabine Lisicki, die sich inzwischen von ihrem Freund getrennt hat (siehe unten), ihre schlechteste Saisonleistung ab. Unter Tränen und Nervosität wirkte sie wie gelähmt. Nichts war zu sehen von den starken Auftritten in den Runden zuvor gegen Serena Williams und Agnieszka Radwanska.

Auch die internationale Presse war überrascht vom schwachen Auftritt Lisickis zur Unzeit, aber auch von der starken Vorstellung ihrer Gegnerin Marion Bartoli. Lesen Sie hier alle Pressestimmen im Überblick:

GROSSBRITANNIEN:

„The Observer“: „Bartoli sichert sich den großen Moment mit beiden Händen.“

„The Times“: „Die Enttäuschung, dass das Damen-Endspiel in Sachen Spannung langweilig war, sollte nicht über die Leistung einer höchst bemerkenswerten und verdienten Siegerin hinwegtäuschen.“

„The Sunday Telegraph“: „Marion Bartoli mag eine verrückte Französin sein, aber an ihren Fähigkeiten auf Rasen gibt es nichts zu deuteln. Ohne einen Satzverlust durch das Turnier zu stürmen, machen die Kuriosität aus der Auvergne zur verdientesten aller Siegerinnen.“

„The Guardian“: „Für manche Spielerinnen wie Marion Bartoli stehen auf der Reise so viele Hindernisse im Weg, dass es so erscheinen muss, als würden sich ihre Träume nie erfüllen. Jetzt nicht mehr. Die 28-Jährige fügte ihren Namen zur Wimbledon-Siegerliste mit einem 6:1, 6:4 über eine verzweifelte, überwältigte Sabine Lisicki hinzu.“

„The Sun“: „Super-Marion – Bartoli konnte angesichts der schlechten Form ihrer Gegnerin ihr Glück nicht fassen. Das größte Comeback, das Wimbledon je gesehen hätte, sollte nicht sein.“

FRANKREICH:

„L'Equipe“: „Die Experten sind sich einig darin, dass Bartoli in ihren zwei Wimbledon-Wochen keine der Top-Fünf-Spielerinnen besiegt hat. Und dass ihr Sieg eines der unglaublichsten Wunder der Geschichte des Tennissports ist.“

„Journal du Dimanche“: „Zweifellos muss man den Sieg von Marion Bartoli – den ersten Sieg ohne ihren Vater – als das Ende eines ersten Lebens als Spielerin sehen, und den Beginn eines neuen Lebens, das von vielen Lichtern erleuchtet wird.“

„Le Monde“: „Marion Bartoli zur Königin von Wimbledon gekrönt.“

SPANIEN:

„As“: „Eine eindrucksvolle Demonstration von Return-Winnern hat Marion Bartoli nach ihrer Finalteilnahme von 2007 zum ersten Wimbledon-Titel geführt. Sabine Lisicki war chancenlos.“

„Mundo Deportivo“: „Die eine, Marion Bartoli, blieb sich selbst treu und gab alles, um sich den Traum eines jeden Tennisspielers zu erfüllen und einen Grand-Slam-Titel zu gewinnen. Die andere, Sabine Lisicki, erstarrte. Das Lampenfieber ließ den Arm schrumpfen, der auf Feind Nummer eins, Serena Williams, und auf andere berühmte Gegnerinnen wie Stosur oder Radwanska eingehämmert hatte.“

„Marca“: „Die gute Leistung von Bartoli, die aus London ohne einen einzigen Satzverlust abreist, wurde überschattet vom Nervenflattern von Lisicki, die nicht ins Spiel kam, weil sie mit dem Druck nicht fertig wurde. Die in Deutschland geweckten Erwartungen, wo sie bereits als Nachfolgerin von Boris Becker und Steffi Graf gefeiert wurde, sorgten dafür, dass ihr bei verschlagenen Vorhänden die Tränen kamen.“

ÖSTERREICH:

„Der Standard“: „Der Deutschen, um deren Person in der Heimat in den letzten Tagen ein gehöriger Hype ausgebrochen war, unterliefen trotz eines optimalen Auftaktes mit einem Break viele einfache Fehler.“

„Kurier“: „Sabine Lisicki war im Finale chancenlos.“

„Die Presse“: „Abruptes Ende eines Sommermärchens. Die von vielen favorisierte Deutsche Sabine Lisicki erreichte im Endspiel gegen Marion Bartoli nicht ihre Topform.“

SCHWEIZ:

„Neue Zürcher Zeitung“: „Im Gegensatz zu Bartoli konnte Lisicki in keinster Weise an ihre starken Auftritte der vergangenen Tage anknüpfen, was auch mit der fehlenden Frische zu tun hatte.“

„Tages-Anzeiger“: „Lisicki zerbricht an Bartoli und ihren Nerven.“

Lisicki macht in Rangliste sechs Plätze gut - Federer rutscht ab

Nach ihrem Finaleinzug in Wimbledon befindet sich Lisicki auch in der Weltrangliste auf dem Vormarsch. Die Berlinerin verbesserte sich in dem am Montag veröffentlichten Ranking um sechs Plätze und ist nun 18. Am Sonnabend hatte die 23-Jährige das Endspiel in London gegen Marion Bartoli klar mit 1:6, 4:6 verloren. Die Französin ist jetzt Siebte.

Beste Deutsche bleibt Angelique Kerber. Die Kielerin büßte nach ihrem Zweitrunden-Aus beim dritten Grand-Slam-Turnier der Saison zwar zwei Ränge ein, gehört als Nummer neun der Welt aber nach wie vor zu den Top Ten. Erste ist weiter die Amerikanerin Serena Williams, gegen die Lisicki in Wimbledon sensationell im Achtelfinale gewonnen hatte.

Bei den Herren verteidigte Novak Djokovic trotz seiner Finalniederlage gegen Andy Murray Platz eins vor dem Schotten. Bergab ging es dagegen für Roger Federer. Der Schweizer, der in London als Titelverteidiger völlig überraschend in der zweiten Runde gescheitert war, fiel hinter David Ferrer und Rafael Nadal auf Platz fünf zurück.

Damit zählt der 17-malige Grand-Slam-Turniersieger erstmals seit zehn Jahren nicht mehr zu den Top Vier. Bester Deutscher ist Tommy Haas auf Rang elf. Philipp Kohlschreiber fiel dagegen vom 18. auf den 25. Platz zurück.

„Die Nummer eins ist das Ziel“

Lisicki hat ihre kommenden Ziele nach der Finalniederlage von Wimbledon bereits fest im Blick. „Ich will unter die Top Ten“, sagte die 23-Jährige am Montag in Berlin. Langfristig wolle sie weiterhin die Nummer eins der Welt werden. „Das ist immer noch aktuell.“

Damit es in Zukunft einen dauerhaften Aufschwung im deutschen Tennis gibt, müssten die Damen „das ganze Jahr durch bei Turnieren weit kommen“, meinte Lisicki. Die Basis für einen neuen Tennis-Boom sei gelegt. „Es ist gut, dass wir mehrere deutsche Damen haben, die bereits weit oben spielen und die Verantwortung nicht auf einer Schulter allein liegt“, erklärte sie.

Zudem sei es wichtig, dass wieder mehr Turniere in Deutschland ausgetragen würden. „Es gäbe nichts Schöneres als ein Turnier in Berlin – am besten natürlich auf Rasen“, sagte Lisicki. Zudem forderte sie, dass die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten wieder die großen Tennis-Veranstaltungen übertragen.

Liebes-Aus nach Wimbledon-Finale

Inzwischen ist Lisicki nicht mehr mit Schwimmer Benjamin Starke liiert. „Ich spreche eigentlich nicht über mein Privatleben. Ich kann nur soviel sagen: Das ist nicht mehr aktuell“, sagte die 23-Jährige am Montag bei „Sky Sport News HD“ auf eine entsprechende Frage.

Lisicki und ihr drei Jahre ältere Freund Starke, der 2009 WM-Silber mit der Lagenstaffel geholt hatte, waren seit Anfang 2012 ein Paar.