Armstrong-Jäger Travis Tygart appelliert im Sportausschuss des Deutschen Bundestages an das Durchhaltevermögen im Kampf gegen Doping.

Berlin. Erst waren alle Kameraobjektive auf ihn gerichtet, dann hingen die Zuhörer förmlich an seinen Lippen: Armstrong-Jäger Travis Tygart, Geschäftsführer der US-Anti-Doping-Agentur (USADA), hat im Sportausschuss des Bundestages in Berlin Einsicht in seine Arbeit gewährt und den Anti-Doping-Kämpfern in Deutschland weitere Unterstützung zugesagt. „Grenzen dürfen uns nicht aufhalten, denn sie halten auch Doper nicht auf. Ich freue mich auf einen noch besseren Austausch mit der NADA und den Kollegen in Deutschland“, sagte Tygart.

Der 41-Jährige, der durch seine hartnäckigen Ermittlungen in den vergangenen Monaten den früheren Radsport-Star Lance Armstrong zu Fall brachte, appellierte zudem an das Durchhaltevermögen. „Wir müssen dazu bereit sein, auch die dreckige und unschöne Arbeit zu machen, um die sauberen Athleten zu schützen und weitere Fortschritte zu machen“, sagte Tygart in einem knapp 20-minütigen Statement, ehe er eine geduldig eine Vielzahl von Fragen beantwortete: „Es geht nicht nur darum, die heutigen Athleten zu schützen, sondern vor allem auch die von morgen. Sie verdienen einen sauberen Sport.“

Doping sei längst kein reines Imageproblem mehr, es betreffe „viele Athleten in vielen Ländern. Nationale Grenzen halten niemanden davon ab, verbotene Substanzen zu nehmen“, betonte Tygart, der sich besonders für die sauberen Athleten stark machte: „Wir müssen sie besser schützen, da sie für ihre Sache eintreten.“ Vor seinem Auftritt im Sportausschuss hatte sich Tygart in der Hauptstadt bereits mit DOSB-Präsident Thomas Bach und Generaldirektor Michael Vesper getroffen. „Wir sind uns einig, dass der Kampf gegen Doping unsere vollste Aufmerksamkeit benötigt und wir ihn ständig weiterentwickeln müssen“, sagte Bach: „Dabei spielen die Welt-Anti-Doping-Agentur und die nationalen Anti-Doping-Organisationen die Schlüsselrolle“. Tygart nannte das Treffen einen „sehr fruchtbaren Meinungsaustausch, in dem die gute Zusammenarbeit zwischen der USADA, dem deutschen Sport und der NADA deutlich geworden ist“.

Tygart und die USADA hatten im Oktober des vergangenen Jahres den über 1000 Seiten umfassenden Bericht veröffentlicht, in dem detailliert die Machenschaften des Lance Armstrong und seiner Helfer dargelegt wurden. Es war das Ergebnis jahrelanger akribischer Arbeit, für die Tygart viel riskierte und sich gegen massive Widerstände aus Öffentlichkeit und Politik durchsetzte. Selbst Morddrohungen sah sich der dreifache Familienvater nach eigenen Angaben ausgesetzt. „Wir haben uns einzig darauf fokussiert, die Wahrheit ans Tageslicht zu bringen. Weder haben wir uns von der Prominenz der Namen, noch von persönlichen Attacken oder politischem Druck beeinflussen lassen.

Denn das ist es, was saubere Athleten verdienen und verlangen“, hatte Tygart nach der Veröffentlichung des erschütternden Berichts seiner Agentur gesagt. Tygart, der einen Abschluss in Philosophie und Jura besitzt, und sein Team knickten nie ein. Nicht, als Armstrong öffentlich von einer Hexenjagd und Blutrache sprach und die Integrität der USADA-Ermittler anzweifelte. Auch nicht, als Armstrong die Hilfe seiner Freunde aus der Politik in Anspruch nahm, um die USADA unter Druck zu setzen. Der Top-Star des Anti-Doping-Kampfes weilte nicht auf Einladung des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) oder der NADA in Berlin. Ausgerechnet die Sport-Außenstelle des Parlaments schmückte sich am Mittwoch bei einer zum Teil öffentlichen Sitzung mit dem prominenten Gast. Die Ausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag (SPD) hatte den Kontakt mit Tygart im Oktober 2012 hergestellt.