Jubel bei den Radsportlern: Eskau holte das 15. deutsche Gold. Dazu gab es Silber - und Bronze durch Vieth aus Hamburg auf der Rennstrecke.

London. Jubel über Gold durch Radsportlerin Andrea Eskau und Mannschaftssilber beim Tischtennis, aber großer Ärger bei den Leichtathleten: Die Vorwürfe von Sprinter Wojtek Czyz an den Teamkollegen Heinrich Popow haben am drittletzten Wettkampftag das sportliche Geschehen der deutschen Athleten in den Hintergrund gerückt. Ausgerechnet vor dem 100-Meter-Finale am Abend sorgte Czyz mit der Anschuldigung des „technisches Dopings“ für einen Eklat.

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Die 15. deutsche Goldmedaille fuhr Handbikerin Eskau am Freitag überlegen im Straßenrennen ein – in Peking hatte es nur 14 gegeben. Nach dem Sieg im Einzelzeitfahren setzte sich die 31 Jahre alte Querschnittsgelähmte vom USC Magdeburg auch nach 48 Kilometern auf der Rennstrecke Brands Hatch durch. „Ich habe komplett für dieses Rennen trainiert. Als ich den Vorsprung herausgefahren hatte, konnte ich entspannt meine Zeiten runterspulen“, sagte die Siegerin. Bronze ging an Dorothee Vieth aus Hamburg. Kurz danach holte der Hesse Vico Merklein Silber.

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Der große Paukenschlag hatte sich am Vormittag im Olympiastadion ereignet: Czyz warf dem oberschenkelamputierten Popow vor, er habe von seinem Ausrüster Ottobock ein künstliches Kniegelenk erhalten, das anderen Athleten bis kurz vor Beginn der Spiele vorenthalten worden sei. Czyz erzählte, er und andere Sportler hätten schon vor Monaten eine Anfrage gestellt, um das Modell zu kaufen. „Da wurde mir gesagt, dieses Knie ist reserviert für Heinrich Popow“, sagte Czyz. „Das ist für mich die Paradedisziplin technisches Doping.“

Ottobock-Sprecher Rüdiger Herzog bezeichnete die Anschuldigung als „Psychoterror“ und betonte: „Wir sind Partner der Paralympics und halten uns an die Regeln. Das Knie ist seit langem erhältlich.“ Popow bezeichnete die Vorwürfe gegenüber der „Bild“-Zeitung als „totalen Humbug“ und „ein typisches Psychospielchen von Wojtek“. Der Bronzemedaillengewinner über die 200-Meter-Strecke war am Vormittag 100-Meter-Vorlaufbestzeit gelaufen und hatte dabei Scott Reardon aus Australien und Czyz distanziert.

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Freude über die drittbeste Zeit wollte bei Czyz nicht aufkommen. Mit einer Schimpftirade in den Katakomben des Olympiastadions rückte er das Thema Fairness bei den Paralympics mal wieder in den Fokus. Im Team reagierte man mit Befremden auf den Auftritt von Czyz. Der deutsche Chef de Mission Karl Quade sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Das ist schade. Aber ich kann das nicht verhindern. Die Athleten sind erwachsen und kriegen auch keinen Maulkorb.“ Er wollte Czyz und dessen Trainer nun zu einem klärenden Gespräch einbestellen.

Großer Jubel herrschte dagegen bei den Tischtennisspielern, als Thomas Schmidberger und Thomas Brüchle Silber gewannen. Die beiden Rollstuhlfahrer aus Bayern unterlagen zwar im Finale mit 2:3 den Favoriten aus China, boten aber ein packendes Match und verloren erst das entscheidende Doppel mit 1:3. Die Enttäuschung währte nur kurz. „Das ist ein Riesenerfolg, wir haben ein junges Team, dem die Zukunft gehört“, sagte Trainer Wieland Speer. Die starken deutschen Zelluloidball-Artisten hatten zuvor in der britischen Hauptstadt Gold im Einzel durch Holger Nikelis und Jochen Wollmert gewonnen.

Ihre Stärke über die lange Schwimmstrecke bestätigte Fahnenträgerin Daniela Schulte im Vorlauf über 400 Meter Freistil mit paralympischem Rekord. „Das ist einfach genial“, sagte die Berlinerin und freute sich, dass ihre Familie nachgereist war.

Ihren vierten Paralympics-Einzeltitel und ihren 470. Erfolg in Serie landete die niederländische Ausnahme-Tennisspielerin Esther Vergeer mit einem klaren 2:0 gegen Teamkameradin Aniek van Koot.