Der Brite Mark Cavendish hat viele Talente: Er radelt nicht nur besonders schnell, er sorgt auch jenseits der Strecke für Unterhaltung.

Issoudun. Mal Superstar, mal Großmaul, mal Teamplayer: Bei Mark Cavendish ist für beste Unterhaltung immer gesorgt. Der schnellste Mann des Pelotons ist auch der ausgeflippteste. Siege werden beim ManXpress von der Isle of Man genauso zelebriert wie seine Auftritte neben dem Rennrad, wenn er bei Regen und dunklen Wolken mit seiner schrillen, grünen Sonnenbrille durch das Peloton stolziert. Trotz aller Extratouren lässt „Navigator“ Erik Zabel aber nichts auf Cavendish kommen.

„Die Zusammenarbeit mit ihm macht unheimlich viel Spaß. Der Junge will alles wissen und fragt lieber zweimal nach“, sagt der Columbia-Sprintberater über die Zusammenarbeit mit dem schnellen Briten. Zabel schaut sich vor jeder Etappe die Strecke genau an und gibt exakte Tipps, wie die Mannschaft den Sprint zu gestalten hat.

Den Rest erledigt Cavendish, und das mit Bravour. In Issoudun holte er bereits seinen dritten Etappensieg. Damit fehlt ihm nur noch einer bis zu seiner Bestmarke aus dem Vorjahr und bis zum britischen Tour-Rekord, den bislang Barry Hoban aus der Zeit zwischen 1967 und 1975 mit acht Siegen aufgestellt hatte.

„Ich bin der beste Sprinter und meine Aufgabe ist es, Etappen zu gewinnen“, sagt der keineswegs bescheidene Cavendish. Mit seiner teils arroganten und provakanten Art hat der 24-Jährige nicht nur Freunde im Peloton. „Es wäre besser, wenn er mal die Klappe halten würde“, sagt Cervelo-Sprinter Heinrich Haussler, der die knappe Niederlage gegen Cavendish beim Frühjahrsklassiker Mailand-San Remo nicht vergessen hat.


Bei der Tour ist Hausslers Teamkollege Thor Hushovd der große Gegenspieler, wenngleich der Norweger meist nur zweiter Sieger ist. Immerhin ist das Rennen um das Grüne Trikot noch offen. „Mir fehlt es noch ein wenig an der Konstanz“, räumt Cavendish ein und will in erster Linie weiter Etappen gewinnen: „Mein Hauptziel ist es, auf den Champs Elysees in Paris zu gewinnen.“

In der derzeitigen Verfassung wäre alles andere wohl eine Überraschung. Denn im Vergleich zum vergangenen Jahr können Cavendish auch die Berge nicht mehr soviel anhaben. „Er hat sich weiterentwickelt“, sagt Zabel und Cavendish, der sich stets artig bei seinem Mentor bedankt, ergänzt: „Mich freut der dritte Etappensieg umso mehr, da ich mich nicht umsonst über die Pyrenäen gequält habe.“

Cavendish gehört die Zukunft. Laut Zabel sind es mehrere Faktoren, die den Briten so schnell machen: „Es ist das Gesamtpaket, das ihn so einzigartig macht.“ Neben seiner Explosivität hat der frühere Bahnrad-Weltmeister den Vorteil, dass er mit 1,75 m Körpergröße nur 69 Kilogramm auf Hochtouren bringen muss.

Kein Wunder, dass Cavendish bei den Teams heiß begehrt. Insbesondere das neue britische Sky-Team will den Youngster zurück auf die Insel holen. Allerdings besitzt Cavendish noch einen Vertrag bis 2011 bei Columbia und ein Verhandlungspoker mit Teamchef Bob Stapleton ist meist eine kostspielige Angelegenheit.

Bis dahin macht der mit mehr als 40 Profisiegen erfolgreichste britische Radprofi das, was er am besten kann: Sprinten. „Ich liebe meinen Sport. Jede Stunde auf dem Rennrad ist besser als ein Tag im Büro“, sagt der ehemalige Bankangestellte.