Für den fünffachen Familienvater endet die zwölfte Teilnahme in Frankreich tragisch: Der 37-Jährige schlug mit dem Gesicht und der Schulter auf, verlor nach Angaben der Ärzte vorübergehend das Bewusstsein.

Bourg-Saint-Maurice. Als Jens Voigt bei Tempo 80 mit voller Wucht auf den Asphalt knallte und regungslos die Straße hinunterrutschte, stockte nicht nur dem Peloton der Atem. Minuten später raste der Krankenwagen in den Alpenort Bourg-Saint-Maurice, von wo aus Voigt per Helikopter in ein Krankenhaus nach Grenoble geflogen wurde. Der heftige Sturz drängte das sportliche Geschehen auf der 16. Etappe der Tour de France komplett in den Hintergrund.

Erst am späten Abend konnte Sprecher Brian Nygaard von Voigts Team Saxo-Bank weitgehend Entwarnung geben. Der Deutsche habe "nur" einen Jochbeinbruch und eine Gehirnerschütterung erlitten. "Ihm geht es den Umständen entsprechend gut. Er wird zur Beobachtung die Nacht auf der Intensivstation in Grenoble verbringen", sagte Nygaard. Nach Aussagen des behandelnden Arztes Dr. Gerard Porte hatte Voigt nach dem Sturz vorübergehend das Bewusstsein verloren. "Er war drei bis vier Minuten bewusstlos", sagte Porte.

Voigt war 25 Kilometer vor dem Ziel in Bourg-Saint-Maurice auf der rasenden Abfahrt vom Kleinen Sankt Bernard nach einer Bodenwelle zu Fall gekommen. "Da graut's einem. Ich bin regelrecht zusammengezuckt. Ich wünsche ihm nur das Beste", sagte Jungprofi Tony Martin, der an Voigt vorbeifuhr, als dieser gerade auf einer Trage in den Krankenwagen geschoben wurde. Milram-Kapitän Linus Gerdemann war in Gedanken ebenfalls beim sympathischen Berliner: "Wenn man solche Stürze sieht, dann ist alles andere nebensächlich."

"Das war kein schöner Anblick, Jens dort regungslos liegen zu sehen. Da schießen einem Gedanken durch den Kopf, wenn man seine Familie kennt und weiß, dass die Kinder vor dem Fernseher sitzen", sagte Columbia-Sportchef Rolf Aldag mit stockender Stimme. Voigt, der sich zum Zeitpunkt des Sturzes in der Verfolgergruppe um Tour-Spitzenreiter Alberto Contador befand, bestritt bereits seine zwölfte Frankreich-Rundfahrt. Bis zu seinem Aus genoss der 37-Jährige das Rennen besonders, weil die Große Schleife bislang erstmals seit Jahren ohne Dopingskandal durch die Lande rollt.

Eine Rückkehr im kommenden Jahr stand für Voigt bereits vor dem Start der diesjährigen Frankreich-Rundfahrt in den Sternen. "Da wollen aus unserem Team dann sicher mal andere, jüngere Fahrer ran. Ich unterhalte mich während der Tour über eine Vertragsverlängerung", hatte der zweimalige Deutschland-Tour-Sieger vor dem Auftakt-Zeitfahren in Monaco gesagt.

Sportlich setzte Voigts Mannschaftskollege Andy Schleck die Akzente auf der gestrigen 159 Kilometer langen Etappe von Martigny nach Bourg-Saint-Maurice die Akzente. Der junge Luxemburger attackierte am Kleinen Sankt Bernard und schüttelte Alberto Contadors neuen Edelhelfer Lance Armstrong ab. Der Texaner verlor zwischenzeitlich über 30 Sekunden, kämpfte sich jedoch in beeindruckender Manier zurück, die an seine Glanzzeit zum Anfang des Jahrtausends erinnerte. "Ich habe mich deutlich besser gefühlt als am Sonntag", sagte der 37-Jährige, der am 18. September nur einen Tag nach Voigt seinen Geburtstag feiert. Für seine famose Aufholjagd erhielt Armstrong sogar ein Lob von Contador, der sein Gelbes Trikot letztlich scheinbar mühelos verteidigte. "Lance ist ein großer Champion, und er hat es heute wieder bewiesen. Was er allein geleistet hat, war beeindruckend", sagte der Spanier vom Astana-Team.

In der Gesamtwertung liegt Contador weiterhin 1:37 Minuten vor seinem US-Teamkollegen Armstrong. Dritter ist der überraschend starke Brite Bradley Wiggins (Garmin). Die deutsche Hoffnung Tony Martin (Eschborn/Columbia) erlebte einen schweren Einbruch und rutschte im Klassement auf Rang 34 zurück. Linus Gerdemann (Münster/Milram) liegt auf Platz 23.

Aufregung gab es bei Astana zuvor abseits der Strecke. An der Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich wurde ein Lkw des Teams drei Stunden lang vom Zoll durchsucht. Wie Sprecher Philippe Maertens mitteilte, seien jedoch keine illegalen Substanzen gefunden worden.

Außerdem kündigte Teamchef Johan Bruyneel seinen Abschied von Astana zum Saisonende an. "Das Kapitel Astana ist für mich nach der Saison erledigt", sagte Bruyneel. Sprecher Philippe Maertens wollte dies jedoch noch nicht bestätigen. Seit Wochen gibt es Spekulationen, dass Bruyneel und Armstrong ein neues US-Team aufbauen wollen. Als Sponsor ist das Softwareunternehmen Oracle im Gespräch.