Erst grottenschlecht, dann zauberhaft: Bayer Leverkusen zeigte beim 2:1 in der Champions League gegen den FC Valencia zwei Gesichter und darf weiter vom Achtelfinale träumen.

Leverkusen. Als die meisten Zuschauer die BayArena längst verlassen hatten, fielen sich Michael Ballack und sein Trainer Robin Dutt freudetrunken in die Arme. Der Bayer-Coach klopfte dem Routinier nach dessen 90. Einsatz in der Champions League anerkennend auf die Schulter, und beide hüpften wie Kinder nach der Bescherung auf dem Rasen herum. Ballack, der erstmals unter Dutt beim Vizemeister durchgespielt hatte, lächelte zufrieden wie in seinen besten Tagen.

„In der zweiten Hälfte hat sich die Erfahrung von Michael ausgezahlt. Er hat ein ganz starkes Spiel gemacht“, sagte Dutt über den 35-Jährigen, der in einer verrückten Partie mit zwei klugen Zuspielen innerhalb von 190 Sekunden den Hebel umgelegt und so maßgeblich zum 2:1 (0:1) gegen die Spanier beigetragen hatte. Dass dieser Sieg mehr als nur ein großer Schritt Richtung Achtelfinale in der Königsklasse war, demonstrierte nicht nur Ballack. Auch der Rest der Mannschaft vollzog nach dem Abpfiff den Schulterschluss mit dem stark in der Kritik stehenden Dutt.

Ballack selbst, der die letzten Minuten sichtlich von Krämpfen geplagt worden war, beendete anschließend sein wochenlanges Schweigen und brach eine Lanze für seinen Coach. „Er hat die Mannschaft nach vorne getrieben und den Siegeswillen vorgelebt - auch in der Kabine. Das hat uns mitgerissen“, sagte Ballack und erklärte, wie Dutt nach der verheerenden ersten Hälfte (Andre Schürrle: „So gewinnt man nicht mal ein Spiel in der Verbandsliga“) seine Spieler wieder in die Spur gebracht hatte. Kapitän Simon Rolfes sagte ebenso klar: „Wir sind eine Mannschaft und arbeiten gemeinsam daran, uns zu verbessern. Mit dem Trainer gibt es keine Probleme.“

Das hatte zwar vor der Pause ganz anders ausgesehen, als viel darauf hindeutete, dass die Spieler ihren Trainer bewusst im Stich lassen. Dieser Eindruck wurde aber nach der Pause widerlegt, als Schürrle (52.) und Sidney Sam (56.) nach genialer Vorarbeit von Ballack das Spiel drehten - und die 26.384 Zuschauer sich angesichts der Leistungsexplosion verwundert die Augen rieben.

„Ballack, Rolfes und Bender haben das im zentralen Mittelfeld sehr gut gemacht. Es ist nicht wichtig, was ich im Sommer gesagt habe, sondern wie ich jetzt handele“, sagte Dutt und korrigierte damit seine Aussage von vor ein paar Monaten, Rolfes und Ballack könnten in seinem System nicht gemeinsam spielen.

Diese Einsicht kommt anscheinend gut bei der Mannschaft an, denn nicht nur Ballack und Rolfes betonten das gute Miteinander von Team und Trainer. „Ich verstehe mich gut mit ihm, er hat es verdient“, sagte Siegtorschütze Sam, der bei seinem Jubellauf Richtung Dutt seinen Coach fast über den Haufen gerannt hatte. Und der wieder einmal überragende Torhüter Bernd Leno stellte klar: „Wir stehen alle voll hinter dem Trainer.“

Dutt räumte ein, dass er sich nach den schwierigen vergangenen Tagen sehr über die Reaktion seiner Profis gefreut habe. „Das bedeutet einem schon etwas“, sagte der Heynckes-Nachfolger, der sich von dem Match gegen Valencia eine Signalwirkung erhofft: „Wir haben das Spiel gegen einen internationalen Top-Gegner gedreht. Darauf bauen wir auf.“ Das soll schon am kommenden Sonntag Schalke 04 zu spüren bekommen.

Die Statistik

Leverkusen: Leno - Castro, Reinartz (46. Manuel Friedrich), Toprak, Kadlec - Lars Bender, Rolfes - Sam (90.+1 Schwaab), Ballack, Schürrle - Kießling (81. Derdiyok). - Trainer: Dutt

Valencia: Diego Alves - Miguel, Rami, Victor Ruiz, Jordi Alba (65. Canales) - Albelda (82. Aduriz), Ever Banega - Pablo Hernandez (65. Feghouli), Mathieu - Soldado, Jonas. - Trainer: Emery

Schiedsrichter: Craig Thomson (Schottland)

Tore: 0:1 Jonas (24.), 1:1 Schürrle (52.), 2:1 Sam (56.)

Zuschauer: 26.384

Beste Spieler: Leno, Schürrle, Ballack - Jonas, Soldado

Gelbe Karten: Rolfes, Kießling, Schürrle - Ever Banega (2), Albelda (2), Miguel

Torschüsse: 12:17

Ecken: 4:7

Ballbesitz: 40:60 Prozent

Fouls: 14:14