In der Bundesliga überzeugt der Stürmer jeden Spieltag – mit Jubelchören kann er aber nichts anfangen

Villarreal. Selbst die eigene Mannschaft ist inzwischen leidenschaftlicher Mario-Gomez-Fan. Als die Abschlusspressekonferenz vor dem Auftaktspiel von Bayern München in der Champions-League-Gruppenphase gegen den FC Villarreal von einem lauten Ausruf „Goooooomez“ gestört wurde, konnte der 26-Jährige angesichts des fanatischen Störenfrieds aber nur schmunzeln. Franck Ribery hatte sich einen Spaß gemacht, und seinem Freund und Offensivpartner mit dem Auftritt im noblen Hotel „Westin“ inmitten von Valencia wohl noch einmal zeigen wollen, wie groß die Wertschätzung der Mannschaft für ihren Torgaranten ist. Gomez selbst strotzt nach nunmehr 36 Toren in 34 Liga-Spielen zwar vor Selbstvertrauen, stapelt aber weiterhin gewohnt tief.

„Ich hatte schon bessere Spieler, jetzt habe ich halt vier Tore geschossen und werde gleich bejubelt“, sagt der Nationalspieler angesprochen auf den zweiten Bundesliga-Viererpack seiner Karriere am vergangenen Spieltag gegen den SC Freiburg, der die Anzahl seiner Saisontore in eineinhalb Stunden verdoppelt hatte. Acht Treffer zählt das Konto von Gomez nach fünf Spieltagen, auf eine bessere Quote blickte zuletzt der Mönchengladbacher Peter Mayer im Jahr 1967 (neun Tore).

Ginge es so weiter, könnte Gomez den „Bomber“ Gerd Müller überholen und hätte am Saisonende 54 Tore geschossen – aber Konjunktive und Superlative sind nichts für Gomez. „Man muss das gute Mittelmaß finden. Es gibt immer nur schwarz und weiß, nichts dazwischen“, sagt Gomez, und der ehemalige Stuttgarter weiß, wovon er spricht. Lange genug war er der „Chancentod“, der 30-Millionen-Fehleinkauf, den der strenge General Louis van Gaal sowieso nie haben wollte. Sogar ein Wechsel nach Liverpool stand im Raum: „Keine einfache Zeit“ sei das gewesen, sagt der Nationalspieler heute. Aber er hat sie gemeistert, genutzt, und ist jetzt so stark wie selten zuvor.

„Im Moment ist Mario wohl der glücklichste Spieler beim FC Bayern, weil er gut in Szene gesetzt wird“, sagt Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge und hofft, dass der Torschützenkönig der Vorsaison auch in Europas Königsklasse für Furore sorgen wird. Noch nie wurde ein deutscher Spieler Top-Torjäger der Champions League, Gomez ist aber in dieser Saison die Nachfolge von Lionel Messi durchaus zuzutrauen. Schon in der vergangenen Spielzeit wurde er mit acht Treffern Dritter, obwohl die Bayern bereits im Achtelfinale scheiterten.

Zumindest Bastian Schweinsteiger verpasste seinem guten Freund schon das Prädikat „Weltklasse“. Dass er den Schwung aus der Vorsaison – da waren ihm 39 Pflichtspieltreffer gelungen - mitgenommen hat, sieht Gomez hingegen eher rational: „Ich bin doch dazu da, die Tore zu schießen“ – und die fallen bei den „Baller“-Bayern momentan wie am Fließband. Jupp Heynckes führte die Mannschaft zu inzwischen sechs Pflichtspiel-Siegen in Folge und einem Torverhältnis von 19:0. Den „Lauf“, wie Gomez sagt, gilt es mitzunehmen auf Europas Bühne. Dass die erste Reise nach Villarreal den Deutsch-Spanier zu seinen Wurzeln führt, ist ihm herzlich egal: „Ich bin hier nicht auf Kulturreise, ich will das Spiel gewinnen.“

Schon als die Presse nach zwei Spieltagen zu Beginn der Saison anfing, die torlosen Minuten des Stürmers zu zählen, konnte Gomez nur müde lächeln. „Ich habe das lange genug mitgemacht. Man nimmt das dann auch gelassener auf“, erklärt er. Viel wichtiger als die öffentliche Meinung sei ihm „was der Trainer sagt und wie ich mich fühle“. Das Vertrauen, das unter van Gaal lange Zeit gefehlt hatte, spürt Gomez unter Heynckes von Beginn an.

In Münchens Offensivgarde ist er aufgrund des wochenlangen Ausfalls von Ivica Olic und der noch mangelnden Konkurrenzfähigkeit von Nils Petersen sowieso die unangefochtene Nummer eins im Sturm. Und auch in der Nationalmannschaft ist der Zweikampf mit Miroslav Klose selten zuvor so eng gewesen. „Ich bin auf einem guten Weg“, sagt Gomez vor dem Jahr, das das bisher wichtigste seiner Karriere werden könnte. Das Champions-League-Finale im eigenen Stadion sei der „größte Ansporn“ – auch für 54 Tore? Gomez schüttelt den Kopf: „Nein, es kommen auch wieder andere Zeiten...“