Am Freitag geht es für die deutschen Basketballer bei der EM gegen die Türkei um alles. Das endgültige Aus droht. Tritt Nowitzki dann zurück?

Vilnius. Am Freitag wird Dirk Nowitzki wieder einmal über sich hinaus wachsen müssen. Nach der knappen Niederlage gegen die Spanier zählen für die deutschen Basketballer bei der Europameisterschaft in Litauen nur noch Siege- schon gegen die Türkei muss damit begonnen werden. Auf dem Spiel steht viel. Der Viertelfinaleinzug, die Qualifkation für Olympia 2012 - und die Zukunft vom wohl besten deutschen Basketballer aller Zeiten. Sollte der DBB bei den Titelkämpfen in Litauen tatsächlich frühzeitig scheitern, ist die Zukunft Nowitzkis in der Nationalmannschaft unsicherer denn je. Der NBA-Champion beteiligt sich an den Spekulationen zwar nicht, ein Rücktritt im Falle einer verpassten Olympia-Qualifkation gilt allerdings als äußerst wahrscheinlich.

Beim Verband will man von einem Rücktritt des eigenen Aushängeschildes aber noch nichts wissen. „Wir werden Dirk Nowitzki für den deutschen Basketball mit Sicherheit noch in dem einen oder anderen Spiel sehen“, wiedersprach DBB-Präsident Ingo Weiss am Donnerstag in Vilnius ein wenig trotzig. Verpassen die Deutschen Olypia, ist das nächste große Turnier erst die Europameisterschaft in zwei Jahren - kaum vorstellbar, dass Nowitzki bis dahin mit seinen unerfahrenen Kollegen durch den Kontinent tingelt. In den Stunden vor dem ersten Finale gegen die Türkei will sich der Superstar nicht mit seiner Zukunft beschäftigen: Er blickt nur auf den nächsten Gegner Türkei an diesem Freitag (17.00 Uhr/Sport 1).

+++ Nowitzki: "Alles oder nichts" +++

+++ Basketballern bleibt nur noch die Hoffnung +++

„Jetzt geht es voll drauf. Wir glauben an einen Big Win. Wir haben ein großes Ziel und wir werden alles geben für die Mannschaft und für unser Land“, versprach der Würzburger. Bundestrainer Dirk Bauermann, dessen Amtszeit beim Verpassen der Olympia-Qualifikation ebenfalls ablaufen würde, sieht das genauso: „Wir haben ein großes Ziel und das heißt: Ein weiterer Sommer. Ich bin nicht bereit, über andere Dinge zu reden.“

Mit Videobildern von den Olympischen Spielen 2008, bei denen Nowitzki als Fahnenträger zum Gesicht der Spiele wurde, versuchte Bauermann sein Team vor den beiden Endspielen gegen die Türkei und Gastgeber Litauen am Sonntag noch einmal heiß zu machen. „Unsere Mission Olympia ist noch nicht gescheitert“, sagte Bauermann.

Doch angesichts der Stärke der Konkurrenz und der schlechten Ausgangsposition kommt der im Spanien-Spiel gezeigte Aufschwung der deutschen Korbjäger wohl zu spät. Vor allem der Sieg von Gastgeber Litauen zum Zwischenrunden-Auftakt gegen Vize-Europameister Serbien hat die deutschen Chancen drastisch sinken lassen. „Das war schon eine Demonstration“, musste auch Bauermann gestehen.

Nur wenn Serbien auch gegen Spanien und die Türkei verliert, reichen Deutschland zwei Erfolge. Ansonsten drohen komplizierte Zweier-, Dreier-, Vierer- oder gar Fünfer-Vergleiche. Und in denen würden Nowitzki und Co. fast immer den Kürzeren ziehen.

In der Heimat haben deshalb bereits die Diskussionen über die Gründe für das mögliche Scheitern und die Perspektiven für die Zukunft begonnen. Bei der Nachfolge-Frage von Bauermann will sich der Verband dennoch Zeit lassen. „Sollten wir es nicht zu Olympia schaffen, werden wir Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres einen neuen Trainer präsentieren“, sagte Weiss. Kandidaten gebe es bereits, auch eine Rückkehr von Trainerfuchs Svetislav Pesic, 1993 Europameister mit Deutschland, sei nicht gänzlich ausgeschlossen. „Wir haben durchaus etwas zu bieten“, sagte Weiss.

Sportlich haben die Tage von Litauen gezeigt, dass die jungen Spieler im deutschen Team auf einem guten Weg sind, zur europäischen Spitze aber noch ein Stück fehlt. In der Vergangenheit konnten diese Defizite oft durch einen überragenden Nowitzki kompensiert werden. Nach der hammerharten NBA-Saison und der kurzen Pause ist der 33-Jährige zur Zeit aber nicht in der Verfassung, Partien mit 35 bis 40 Punkten im Alleingang zu entscheiden.

Stimmen, Nowitzkis Mitwirken sei vielleicht sogar hinderlich für die Mannschaft, werden jedoch energisch zurückgewiesen. „Ich halte das für absoluten Blödsinn. Dirk gibt alles, was er hat“, verteidigte Bauermann seinen Leitwolf. „Genau das Gegenteil ist der Fall, er motiviert die Mannschaft. Dirk Nowitzki ist für uns in jeder Hinsicht Gold wert“, meinte DBB-Präsident Weiss. Und Jan Pommer, Geschäftsführer der Basketball Bundesliga, wurde sogar noch deutlicher: „Diesen Menschen müsste man den Mund mit Seife auswaschen.“