Cyclassics-Veranstalter will sich um Weltmeisterschaft bewerben - Kölner Ciolek belegt in Hamburg Platz zwei hinter dem Norweger Boasson Hagen.

Hamburg. Ein Deutscher auf dem Treppchen. Damit hatten viele Radsport-Experten im Vorfeld der 16. Vattenfall Cyclassics am Sonntag gerechnet. Sprinter André Greipel vom Team Omega habe beste Chancen auf den Sieg bei den Profis, orakelten die Experten noch Stunden vor dem 216,5 Kilometer langen Rennen durch Hamburg und sein Umland. Greipel hatte bei der Tour de France einen Etappensieg gefeiert und eine gute Form bewiesen. Er galt als großer Favorit. Und tatsächlich stand am Ende ein Deutscher auf dem Siegerpodest und grüßte - etwas mürrisch dreinblickend - in die Menschenmenge, die den drei Schnellsten des einzigen deutschen World-Tour-Rennens frenetisch zujubelte. Doch es war nicht Greipel, der im Schlussspurt brillierte, sondern: Gerald Ciolek.

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Der frühere U-23-Weltmeister vom Quick-Step-Team musste sich im Sprintduell auf der Mönckebergstraße lediglich dem Norweger Edvald Boasson Hagen geschlagen geben, der gemeinsam mit seinem britischen Team Sky Procycling ein starkes Finish zeigte und das wichtigste deutsche Eintagesrennen für sich entschied. Dritter wurde der Slowene Borut Bozik. André Greipel landete nicht einmal unter den besten 50 Profi-Fahrern.

Am letzten Anstieg zum gefürchteten Waseberg, rund 15 Kilometer vor dem Ziel, hatte sich eine Gruppe von rund 40 Fahrern aus dem Hauptfeld gelöst und machten die Entscheidung schließlich unter sich aus.

"Das war ein großer Tag für mich. Unser Teamwork hat hervorragend geklappt. Der letzte Anstieg auf den Waseberg war entscheidend für das Rennen", kommentierte der überglückliche Sieger, der vor wenigen Tagen bereits die Eneco-Tour durch Belgien und die Niederlande gewann, seinen Triumph. Der Zweitplatzierte Gerald Ciolek konnte die Euphorie des Norwegers nur bedingt teilen. "Wenn man so nah dran ist, möchte man auch gewinnen", sagte der gebürtige Kölner, "Boasson Hagen war aber stärker als ich. Insofern bin ich mit dem zweiten Platz durchaus zufrieden, es war vom Ergebnis her meine beste Saisonleistung."

750.000 Zuschauer sorgen für tolle Stimmung bei Cyclassics

Für den einzigen Hamburger Starter unter den Profis verlief das Rennen nicht ganz nach Wunsch. "Ich hätte gerne mehr gezeigt", sagt Timon Seubert, der bis zum letzten Anstieg am Waseberg viel für sein Team gearbeitet hatte. "Vier mal Waseberg war dann einmal zu viel für mich. Das war hammerhart, im Finale bin ich am Limit gefahren", sagte der 24-Jährige, der trotzdem glücklich war. "Es war toll durch Hamburg zu fahren, ein bisschen wie Geburtstag."

Zufrieden zeigten sich auch die Veranstalter. "Es war ein Volksfest für Hamburg und sein Umland. Wir denken darüber nach, uns in nächster Zeit für eine Straßen-WM zu bewerben", sagte Frank Bertling vom Veranstalter Upsolut. 750 000 Zuschauer hatten das Sport-Event am Streckenrand live verfolgt, Profis und Jedermann-Fahrer, die Stunden vor den Teams an den Start gegangen waren, angefeuert. "Wir haben mit einem UCI-Vertreter gesprochen, der begeistert von der Stimmung und dem Rennen in der Hansestadt war. Er sagte mir, dass das, was in Hamburg los ist, WM-würdig sei", so Bertling.

In den kommenden Wochen sollen erste Gespräche mit dem internationalen Radsportverband aufgenommen werden. Dann will Bertling auch den Kontakt zu Ex-Profi Jan Ullrich suchen, der nach längerer Pause wieder mit Freude an Jedermann-Rennen aller Art teilnimmt. "Es ist denkbar, dass er im nächsten Jahr bei uns an den Start geht", sagte Bertling. Voraussetzung sei allerdings, dass Ullrich sich - wie sein früherer Kollege Erik Zabel - in die Cyclassics-Veranstaltung "in welcher Form auch immer" einbringe.

Bis dahin gilt es zudem zu prüfen, ob die Cyclassics im kommenden Jahr wirklich parallel zu den Cruise Days ausgetragen werden können. Beide Events sind bislang für dasselbe Wochenende geplant. "Darüber müssen wir mit der Stadt Hamburg sprechen. Es ist schwierig, den Radsport-Termin einfach zu verschieben", betonte Bertling.

Davon abgesehen stehen den Cyclassics in Zukunft vorerst keine größeren Probleme bevor. Die Unfallzahlen hielten sich in Grenzen, auch sonst gab es kaum Zwischenfälle. Laut Veranstalter wurden 150 Hilfeleistungen, 86 Einsätze der Rettungskräfte und zwei Schwerverletzte gemeldet, die mit Schulterbruch bzw. Kopfverletzung ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Von insgesamt 19 975 Hobby-Startern kamen 19 150 ins Ziel. "Eine beeindruckende Bilanz, auf die wir im nächsten Jahr aufbauen können", so Bertling.