Während die Fahrer mit der Strecke und vor allem der Steigung am Waseberg kämpften, genoßen hunderttausende Zuschauer entspannt die Stimmung.

Hamburg. Alle sind für den Kampf gerüstet: Die Zuschauer stehen mit Rasseln, Vuvuzelas und Fotoapparaten am Rand der Strecke, aus den Boxen dröhnt Anfeuerungsmusik: "I will survive", schmettert es erst, dann ertönt wie eine böse Vorahnung die Stimme von Xavier Naidoo: "Dieser Weg wird steinig und schwer ..."

Schwer ist er, dieser Weg. Der Anstieg auf den Waseberg in Blankenese gilt als L'Alpe d'Huez der Cyclassics, hier entscheiden sich Rennen, hier wird attackiert, hier startete Jan Ullrich 2003 den Angriff, der das Fahrerfeld sprengte. Es ist das steilste Stück der gesamten Strecke. Bis zu 16 Prozent Steigung gibt es , langgezogen auf 700 Meter, zum Ende hin noch steiler als unten. Viermal müssen die Fahrer in diesem Jahr hier rüber. Und mit jedem Mal wird es schwerer.

"Das Ende ist das Schlimmste", sagt Zuschauer Burkhard Lippe, 40, im Radlerdress und durchgeschwitzt. Mit mitleidigem Blick steht er am Rand der Strecke. Vor dem Rennen ist er selbst mit dem Sohn eines Freundes hochgefahren, um hier oben ganz nah am Geschehen zu sein. Der Sohn ist abgestiegen, Lippe selbst hat durchgehalten. "Ich wollte mir ja keine Blöße geben vor dem Jungen."

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Bald tauchen die ersten Fahrer auf, die ersten verschwitzten Gesichter. Rasseln rasseln, Fotoapparate blitzen. Noch ist das Feld dicht beisammen, doch schon in der zweiten Runde hat sich eine Spitzengruppe etwas abgesetzt. Der Waseberg wirkt wie ein Vergrößerungsglas, in dem sich Schwächen und Stärken der Fahrer erst richtig zeigen. Runde um Runde entzerrt sich das Feld, wird länger, löchriger, die Beine werden schwer, die Arme lang. Den Fahrern ist das Leiden an den Gesichtern abzulesen. Es ist der Kampf der Fahrer mit sich selbst, der die Zuschauer fesselt. Dicht an dicht stehen sie am Zaun, üppig toupierte Anwohnerinnen sind da, Fahrradfahrer und Familien, das Wetter ist schön und lädt zum Sonntagsausflug ein. Aber, so sagen viele, es sind weniger Zuschauer als in den vergangenen Jahren. "Vielleicht wegen der Doping-Geschichte", vermutet Burkhard Lippe. "Das hat den Sport in Verruf gebracht." Vielleicht liegt es auch an der Vuelta in Spanien, die viele Profis bevorzugen. Oder daran, vermuten manche, dass es in Deutschland keine Zugpferde mehr gibt, keine Namen wie Erik Zabel oder Jan Ullrich, die jeder kannte.

Maren Stoeckert, 41, und ihr Mann Andreas, 42, sind trotzdem zum dritten Mal in Folge dabei. Sie haben sich eine Strandmatte ausgerollt und Picknick ausgepackt. Radsportfans sind sie nicht. "Wir sind da, weil es hier so spannend und die Stimmung so gut ist", sagt Maren Stoeckert. "Wir kennen ja sowieso niemanden - da feuern wir einfach jeden an."