Als erster Franzose seit 25 Jahren triumphiert Tennisprofi Gilles Simon am Rothenbaum - er schlug den Spanier Nicolas Almagro in drei Sätzen.

Hamburg. Für einen Mann, der gerade um 230 000 Euro reicher geworden war, machte Gilles Simon am Sonntagnachmittag auf dem Centre-Court am Rothenbaum einen erstaunlich aufgeräumten Eindruck. Der französische Tennisprofi hob, nachdem er seinen ersten Matchball zum 6:4, 4:6, 6:4-Finalerfolg gegen den Spanier Nicolás Almagro, 25, genutzt hatte, kurz die Arme zum Jubel, bevor er sich routiniert den Kindern zuwandte, die hinter seiner Bank auf Autogramme lauerten. Bei der Siegerehrung verzichtete er auf Pathos und dankte lieber seiner Lebensgefährtin Carine Lauret, die mit dem zehn Monate alten Sohn Timothée auf dem Arm aus einer Loge herüberwinkte. So also sieht ein Sportler aus, der sich ans Gewinnen gewöhnt hat.

"Es ist mein erster Triumph bei einem Turnier der 500er-Serie, deshalb bin ich sehr glücklich", sagte der Weltranglisten-18., der in Hamburg seinen neunten Titel auf der ATP-Tour feierte und sich zudem als erster Franzose seit Henri Leconte 1986 in die Rothenbaum-Siegerliste eintragen konnte. Vielleicht war er auch einfach nur zu müde, um sich mit Jubelfeiern verausgaben zu können, denn während Almagro im Finale erstmals einen Satz abgab, hatte sich Simon bis zum Endspiel bereits durch drei Dreisatzmatches quälen müssen. "Ich hätte jedes dieser Spiele auch verlieren können", gab er zu, "das zeigt, was für eine Qualität das Teilnehmerfeld hier hatte."

Das, was die Protagonisten den 3000 Zuschauern innerhalb der 158 Spielminuten boten, war Sandplatztennis der Extraklasse. Beide kämpften verbissen um jeden Punkt, Schiedsrichter Carlos Bernardes aus Brasilien wurde dermaßen häufig zum Kontrollieren der Ballabdrücke gerufen, dass ihm gar keine Zeit blieb, in seinem Stuhl zu frieren. Almagro, der auf dem Weg ins Endspiel die deutschen Topspieler Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer ausgeschaltet hatte, versuchte wie üblich, von der Grundlinie mit langen Bällen zu dominieren. Simon hatte mit seiner Taktik, geduldig auf Fehler des Gegners zu warten, jedoch den größeren Erfolg. "Es war ein harter Kampf, aber Gilles hat verdient gewonnen", sagte Almagro, der 2006 in Valencia Simon im Endspiel besiegt und den ersten seiner bislang zehn Turniersiege gefeiert hatte.

Drei Stunden vor dem Finale hatten Turnierdirektor Michael Stich und sein Geschäftspartner Detlef Hammer eine durchweg positive Bilanz der Woche gezogen. "Unser Konzept, den Menschen freien Eintritt zu den Nebenplätzen zu gewähren und ihnen damit Tennis wieder näherzubringen, ist genauso positiv aufgenommen worden wie die Verkleinerung des Centre-Courts, die die Atmosphäre deutlich verbessert hat", sagte Stich. Wie viele Zuschauer Eintrittsgeld für einen Platz auf dem Centre-Court entrichteten, konnte er noch nicht sagen. Insgesamt kamen inklusive des Qualifikationswochenendes 53 000 Besucher auf die Anlage. "Wenn uns alle Zahlen vorliegen, werden wir besprechen, welche Maßnahmen wir nächstes Jahr treffen", sagte Stich.

Hammer erklärte, man werde in den kommenden Monaten versuchen, den Kontakt zu lokalen Unternehmen zu verstärken, um neben den zwei noch gesuchten internationalen Premiumpartnern auch einen regionalen Großsponsor für das Turnier zu gewinnen. Titelsponsor Bet-at-home ist noch bis mindestens 2013 gebunden. "Wir sehen den Rothenbaum als Vorzeigeturnier und wollen langfristig dazu beitragen, dass es wieder die Bedeutung bekommt, die es mal hatte", sagte Claus Retschitzegger, Sprecher des österreichischen Wettanbieters.

Eine weitere Baustelle ist laut Hammer die mangelhafte Präsenz des Turniers in den nationalen Printmedien und im TV. "Natürlich wünschen wir uns irgendwann die Rückkehr ins öffentlich-rechtliche Fernsehen. Die TV-Zeiten, die Sport 1 in dieser Woche angeboten hat, waren sicherlich nicht optimal", sagte Hammer, der am Rande des Turniers Gespräche mit dem NDR führte. Zudem bleibt die in diesem Jahr nicht geleistete finanzielle Unterstützung der Stadt ein Gesprächsthema. Wirtschaftssenator Frank Horch war am Sonnabend auf der Anlage, um sich mit Stich auszutauschen. "Wir sind nicht glücklich, dass wir in diesem Jahr als einzige Großveranstaltung nicht gefördert wurden. Da müssen klare Regeln gefunden werden", sagte Stich.

Mit dem Auftreten der deutschen Profis könne man in diesem Jahr ebenso zufrieden sein wie mit dem Teilnehmerfeld insgesamt. "Wir hatten im Viertelfinale sechs Top-20-Spieler. Das ist ein Ausdruck der gewachsenen sportlichen Qualität", sagte Stich. Im kommenden Jahr könnte diese allerdings unter dem Terminkalender leiden. Weil das Hamburger Turnier vom 14. bis 22. Juli zwischen Wimbledon und den Olympischen Spielen in London geplant ist, wird das Feld wahrscheinlich von 48 auf 32 Teilnehmer verkleinert. "Unser Anspruch bleibt aber, uns Jahr für Jahr zu verbessern", so Stich.