Zur Abrundung des Abends, den beide Brüder bis in die Morgenstunden feierten, hatte dem älteren Klitschko nur eins gefehlt: der Knock-out.

Hamburg. Diesen WM-Titel, das sah man ihm an, hatte Vitali Klitschko, 39, mitgewonnen. Und er genoss strahlend den Triumph, den der Familie. "Ich stand zwar nicht im Ring und habe auch keine blauen Flecken abgekommen, aber so ein Gefühl hatte ich nach einem Kampf selten. Ich habe mich riesig gefreut." Zur Freude kam die Genugtuung, David Haye auf die Bedeutung reduziert zu haben, die ihm nach Meinung der Klitschko-Brüder zukommt: "Er ist ein guter Fighter, mit einem starken Punch, ein hervorragender Sportler, der zu Recht Weltmeister war. Doch seine größte Waffe ist und bleibt sein Mundwerk. Und das haben wir ihm heute gestopft", sagte Vitali Klitschko.

Zur Abrundung des gelungenen Abends, den beide Brüder bis in die Morgenstunden mit Freunden und Weggefährten aus aller Welt und dem "einen oder anderen Glas Champagner" feierten, hatte dem älteren Klitschko nur eins gefehlt: der Knock-out. "Ich sage es so deutlich: Ich hätte David gern bewusstlos am Boden gesehen. Das hätte er verdient gehabt, nach all dem, was er in den vergangenen zwei Jahren über uns Schmähliches, Schändliches und Ehrrühriges erzählt hat. Das können und wollen wir nicht vergessen." Ob er demnächst selbst dafür Hand anlegen wolle, um das nachzuholen? "Darüber ist es viel zu früh zu spekulieren. Erst einmal kämpfe ich am 10. September im neuen Fußballstadion von Breslau gegen den Polen Tomasz Adamek. Der kommt wie Haye aus dem Cruisergewicht (bis 90 Kilo) und ist verdammt schnell. Aber es wurmt mich schon, dass David mit einer Punktniederlage davongekommen ist. Das ist ungerecht."

Haye, klagte Vitali Klitschko, sei jemand, der keinen Respekt vor anderen habe. Das habe er erneut gezeigt, als er vor seinem Einmarsch in den Ring alle minutenlang warten ließ. "So etwas gehört sich nicht. Darüber können auch seine sanften Töne und sein Handschlag für Wladimir nach dem Kampf nicht hinwegtäuschen. Dafür wird er eines Tages nicht nur beim Boxen, sondern auch im Leben bestraft werden."

Dass ein gebrochener kleiner Zeh am rechten Fuß Haye die Schlagkraft geraubt haben soll, brachte Vitali Klitschko noch einmal richtig in Rage. "Das wäre eine völlig neue sportwissenschaftliche Erkenntnis. Ich bin seit mehr als 20 Jahren im Geschäft, aber das muss irgendwie an mir vorbeigegangen sein", spottete der promovierte Sportwissenschaftler. "Das ist der Stil eines schlechten Verlierers. Hätte ihn die Verletzung wirklich behindert, hätte er erst gar nicht antreten dürfen."

Und dann erzählte Vitali Klitschko, er habe "noch einen großen Traum im Boxen". Er lächelte milde, fast altersweise dazu, schließlich wird er am 19. Juli 40. Mehr verraten wollte er nicht. "Wenn die Zeit reif dafür ist, werde ich davon berichten." Alle Nachfragen wehrte der WBC-Weltmeister charmant ab. "Habt Geduld. Ich habe sie auch", sagte er und begann in seinem Blackberry die zahlreichen Glückwünsche für den Sieg des Bruders zu lesen.