Das 0:3 in Tottenham bedeutet für Werder das Europapokal-Aus. Am Sonntag droht gegen St. Pauli die Stimmung in der Trainerfrage zu kippen.

London. Schon die Anreise von Werder Bremen zum Stadion White Hart Lane im Londoner Nordwesten verlief ärgerlich. Weil der Bus vor der Champions-League-Partie bei Tottenham Hotspur im dichten Verkehr stecken blieb, kamen die Bremer erst mit einer halbstündigen Verspätung an. Ähnlich schlecht verlief für Werder dann auch die Begegnung, in der die harmlosen Bremer ohne Torchance blieben. Mit 3:0 (2:0) gewannen die Briten mühelos und beförderten die Norddeutschen aus dem internationalen Geschäft. "Wir sind nur hinterhergelaufen", befand Außenverteidiger Clemens Fritz. Seit sieben Pflichtspielen sind die Bremer nun schon sieglos, bei einem Torverhältnis von 3:20 Treffern.

Die Werder-Krise geht weiter und verschärft die Situation für Trainer Thomas Schaaf. Zwar steht der sechsköpfige Aufsichtsrat des Klubs noch hinter dem 49-jährigen Coach, aber dennoch wird die Luft für Schaaf immer dünner. Nach Abendblatt-Informationen wird sich das Gremium noch in dieser Woche zusammensetzen, um die Gründe der Krise akribisch zu analysieren. Dabei sollen alle Versäumnisse Schaafs und des Managers Klaus Allofs deutlich wie nie in deren elfjähriger Amtszeit angesprochen werden. Der Kader ist in einigen Mannschaftsteilen falsch zusammengestellt und Schaafs Beziehung zu seinen Spielern muss dringend verbessert werden, lauten die Hauptvorwürfe. Ebenso soll das Team in der Winterpause verändert werden, obwohl das finanzielle Polster der Hanseaten überschaubar ist. Dennoch wird der Aufsichtsrat darauf drängen, vorrangig die linke Abwehrseite zu verstärken, die seit Jahren Werders Problemzone ist. Auch der Verkauf von aussortiertem Personal wie dem ehemaligen kroatischen Nationalkicker Jurica Vranjes, der sich lediglich bei den Amateuren des Vereins fit hält, weil Schaaf ihn wegen Kritik an seiner Person aus dem Kader warf, soll forciert werden. Vranjes kassiert immer noch jährlich rund eine Million Euro Gehalt - der Kroate muss von der Gehaltsliste.

Aber nicht nur Schaaf, sondern auch ein weiterer prominenter Verantwortlicher wird kritisiert. Weil Werders Aufsichtsratvorsitzender Willi Lemke die Krise der Hanseaten in den letzten Wochen gewohnt forsch in den Medien kommentierte, wurde ihm nach Abendblatt-Informationen von einem einflussreichen Mitglied der Werder-Geschäftsführung ein Maulkorb verpasst. Der ehemalige Manager soll sich, wie alle Aufsichtrats-Mitglieder, bis zur Winterpause nicht mehr öffentlich äußern, lautet die Ansage. Das oberste Gebot der Werder-Verantwortlichen ist, sich möglichst geräuschlos in die Winterpause zu retten und dabei nicht in Abstiegsgefahr zu geraten. Im Januar soll Schaaf dann einen besseren Zugang zur Mannschaft bekommen, die Saison anständig zu Ende spielen, um in der Sommerpause das Team weiter umzubauen.

So wird angedacht, sich von Spielern zu trennen, die den Klub nicht weiterbringen. Es sind Akteure wie Mittelfeldmann Daniel Jensen sowie Tim Borowski, die zu oft enttäuschten. Selbst eine Vertragsverlängerung des 34-jährigen Kapitäns Torsten Frings, dessen Vertrag ausläuft, scheint offen, da er seine Aufgabe als Schaafs verlängerter Arm nicht ausfüllt. Zu viel Kritik an den Teamkollegen und zu wenig Bemühen, die Mannschaft außerhalb des Platzes zusammenzuführen, bemängeln nicht nur Verantwortliche des Aufsichtsrats, sondern auch einige Spieler.

Wenn es jedoch nach dem Willen vieler Werder-Fans geht, könnte das Bundesligaspiel der Bremer am Sonntag gegen den FC. St. Pauli der letzte Arbeitstag von Thomas Schaaf werden. Verliert Werder, dann scheint die Stimmung der Anhänger gegen den bislang überwiegend beliebten Trainer zu kippen. Schon am vergangenen Sonntag, einen Tag nach der 0:4-Pleite bei Schalke 04, hatten sich Ultras aus der Bremer Fanszene am Weserstadion angekündigt, um die Fußballer beim Training zur Rede zu stellen. Die Anhänger rückten zwar nicht an, aber im offiziellen Internet-Forum des Vereins mehren sich seit Wochen die Stimmen, die eine sofortige Ablösung von Schaaf fordern.