Der Deutsche Meister FC Bayern München steht trotz der 2:3-Niederlage beim AS Rom als Gruppenerster im Achtelfinale der Champions League. Anlass zu überschäumender Freude gibt es an der Isar aber nicht. Die Münchner Alpha-Tiere sind derzeit keine Einheit. Vor allem Trainer Louis van Gaal sorgt immer wieder für Gesprächsstoff.

Rom/München. Der FC Bayern München kommt in dieser Saison nicht zur Ruhe. Auch der vorzeitige Einzug in das Achtelfinale der Champions League sorgt höchstens vorübergehend für Entspannung an der Isar. Immer wieder sorgen die Münchner Alpha-Tiere um Trainer Louis van Gaal, Präsident Uli Hoeneß, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Ehrenpräsident Franz Beckenbauer für konträre Aussagen. Nun schaltet sich mit Christian Nerlinger auch noch der Sportdirektor ein, der sich zuletzt nur im Hintergrund aufhielt.

+++Trotz 2:3-Pleite in Rom: Bayern feiert den Gruppensieg+++

Die Bayern sind in der Liga weit abgeschlagen, den „Europa-Rekord“ haben sie leichtfertig verspielt - und der Trainer steht immer stärker in der Kritik: Doch trotz des jüngsten Angriffs von Superstar Franck Ribery auf Louis van Gaal und der seit Wochen anhaltenden Unruhe waren die Verantwortlichen von Bayern München nach dem 2:3 (2:0) beim AS Rom erst einmal bemüht, vor dem Bundesliga-Spiel gegen Eintracht Frankfurt am Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Beim obligatorischen Mitternachtsbankett nahmen Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß van Gaal fast schon demonstrativ in ihre Mitte. Rummenigge vermied bei seiner Ansprache im „Salon dei Cavalieri“ im noblen Hotel Rome Cavalieri zudem kritische Worte, sprach vielmehr von „zwei schönen Tagen in einer der schönsten Städte der Welt“.

Das Spiel der Bayern und eine indiskutable zweite Halbzeit, in der die Münchner eine sichere 2:0-Führung durch Tore von Mario Gomez (33./39.) verspielten und den fünften Sieg im fünften Gruppenspiel verpassten, können Rummenigge nicht zu dieser Aussage verleitet haben. Schon eher die Tatsache, „dass wir unser Ziel erreicht haben, als Gruppenerster ins Achtelfinale einzuziehen. Eine Niederlage hat nie etwas Gutes, aber mit dieser Niederlage kann der FC Bayern leben“, rief er Mannschaft, Trainer und Edelfans zu. Man solle mit der Situation „gelassen umgehen“, fügte der Bayern-Boss an.

Doch von Gelassenheit war in den vergangenen Tagen und Wochen beim Rekordmeister wenig zu spüren. Die prekäre Lage in der Bundesliga mit 14 Punkten Rückstand auf Dortmund zehrt verstärkt an den Nerven. Nachdem erst Hoeneß van Gaal öffentlich angezählt und anschließend auch Rummenigge den Trainer in Sachen Bastian Schweinsteiger in die Schranken gewiesen hatte, war es vor dem Spiel Ribery, der am Denkmal des Niederländers kratzte.

Der sensible Franzose beschwerte sich nicht das erste Mal über seine offenbar wenig vertrauensvolle Beziehung zu van Gaal. Ein Rüffel für Ribery blieb nach einer Aussprache allerdings aus. Vielmehr stichelte sogar Sportdirektor Christian Nerlinger, dass van Gaal mit seinen Aussagen eben manchmal provozieren würde: „Das sollten wir nicht allzu ernst nehmen.“ Insgesamt gebe der FC Bayern derzeit „kein gutes Bild ab. Daran sollten wir arbeiten.“

Dies gilt aber nicht nur für die Außendarstellung. Einmal mehr „haben wir einen Sieg weggeben - wie schon in Gladbach und Leverkusen“, monierte van Gaal. Marco Boriello (49.), Daniele de Rossi (81.) und Francesco Totti (84., Foulelfmeter) nutzten diesmal das Abwehr-Chaos der Bayern aus.

Das war sogar für den Trainer, der oft genug den Mantel der Nächstenliebe über schwache Darbietungen seiner Stars legt, zuviel des Schlechten. „Es ist unglaublich, was in der zweiten Halbzeit passiert ist. Unser großes Problem waren die vielen Ballverluste. Das ist eine Enttäuschung“, moserte van Gaal, dessen Team erstmals seit dem 3. Oktober (0:2 in Dortmund) wieder verlor. Nerlinger will sogar schon einen „Trend“ erkannt haben, „dass wir ein Spiel aus der Hand geben und unkonzentriert aus der Kabine kommen. Das müssen wir abstellen.“

Doch wie die Bayern in die Erfolgsspur zurückfinden und endlich die erhoffte Aufholjagd auf die Borussia starten sollen, weiß wohl auch van Gaal derzeit nicht so genau. „Wir müssen etwas finden, um dies zu verbessern. So eine Niederlage hat Einfluss auf das Frankfurt-Spiel. Wir müssen unser Vertrauen wieder steigern“, meinte er lapidar.

Rummenigge forderte in den ausstehenden Liga-Spielen gegen Frankfurt, Schalke, St. Pauli und Stuttgart vor der Winterpause mindestens „zehn Punkte. Das ist nicht wenig. Aber die Mannschaft hat die Qualität und den Willen, in der Tabelle nach oben zu kommen. Das müssen, wollen und werden wir auch erreichen.“ Nerlinger wollte die Lage gar nicht erst beschönigen: „Gegen Frankfurt stehen wir unter Druck, da müssen wir drei Punkte holen.“

Immerhin können sich die Bayern nun voll auf die Liga konzentrieren, da das Minimalziel in der Königsklasse vor dem abschließenden Gruppenspiel gegen den FC Basel am 8. Dezember schon erreicht ist. Als Gruppensieger genießen die Münchner im Achtelfinale im Rückspiel Heimrecht. „Und vielleicht“, so Rummenigge, „können wir dem ein oder anderen Großen aus dem Weg gehen.“ Was in dieser Verfassung sicher besser wäre.

Die Statistik:

AS Rom: Julio Sergio – Cassetti, Mexès, Nicolás Burdisso, Riise - Greco (46. Simplicio), De Rossi, Brighi (75. Totti) – Ménez - Borriello, Vucinic (82. Pizarro)

Bayern München: Kraft – Lahm, van Buyten, Demichelis, Pranjic - Timoschtschuk, Ottl – Müller (73. Contento), Kroos, Ribéry (77. Altintop) – Gomez

Schiedsrichter: Undiano (Spanien)

Zuschauer: 48 000

Tore: 0:1 Gomez (34.), 0:2 Gomez (39.), 1:2 Borriello (49.), 2:2 De Rossi (81.), 3:2 Totti (84./Foulelfmeter)

Gelbe Karten: De Rossi, Greco, Mexès, Ménez / Kraft, Kroos

Beste Spieler: Borriello, Ménez / Kraft, Gomez