Der deutsche Schwimmstar freute sich nach ein wenig Abstand auch über EM-Silber. Er sprach von einem taktischen Fehler.

Budapest. Nach dem ersten Frust über die Niederlage gegen einen französischen Abiturienten richteten ein tröstender Kuss von Freundin Britta Steffen und die Aussicht auf seine Paradestrecke den etwas geknickten Paul Biedermann wieder auf. «Wenn man als Weltrekordler und Weltmeister an den Start geht, will man kein Zweiter werden. Aber mit etwas Abstand kann ich mich auch über die Silbermedaille freuen», sagte der deutsche Schwimmstar.

Kurz nach dem Rennen hatte aus seinem Gesicht jedoch nur die Enttäuschung gesprochen. Mit 13 Hundertstelsekunden Vorsprung hatte ihm der erst 18 Jahre alte französische Wunderknabe Yannick Agnel bei der EM in Budapest über 400 m Freistil in 3:46,17 Minuten das Gold weggeschnappt. Selbst Biedermann staunte über die famose Vorstellung des Shootingstars, der ihm und auch Superstar Michael Phelps (USA) in den kommenden Jahren das Leben schwer machen wird. «Yannick hat verdient gewonnen. Er war ein fantastischer Gegner», sagte Biedermann: «Ich habe ihn hier kennengelernt. Er ist ein cooler Junge.»

Trotz dieser Bewunderung: Die Niederlage wurmte den 24-Jährigen aus Halle/Saale, zumal er wenig später mit der 4x100-m-Freistilstaffel trotz deutschen Rekords (3:15,97) nur auf Platz fünf landete. «Paul ist ein bisschen traurig», sagte seine Freundin Britta Steffen, die ihn gleich nach dem Rennen in die Arme nahm. Die Doppel-Olympiasiegerin, die wegen Trainingsrückstandes nicht in Budapest startet, hielt es auf der Tribüne vor Spannung kaum aus: «Es ist definitiv schlimmer zuzugucken statt selbst zu schwimmen.»

Zumal die Berlinerin mitansehen musste, wie Biedermann den Sieg wegen eines «taktischen Fauxpas'», wie sein Trainer Frank Embacher es nannte, verspielte. «Wir wollten das Tempo etwas verzögern, aber Paul hat dann zu spät angezogen», erklärte Embacher. Sein Schützling zeigte Einsicht - und den altbekannten Kampfgeist: «Das motiviert mich, denn ich sehe: Ich bekomme nichts geschenkt und muss mich weiter quälen.»

STEFFEN DEIBLER SCHWIMMT ZU ZWEI TITELN

Der Traum vom Doppel-Gold wie bei der WM in Rom vor einem Jahr ist zwar bereits geplatzt, doch ein Sieg über seine Lieblingsstrecke 200 m Freistil am Mittwoch wäre für Biedermann eine große Genugtuung. «Da bin ich viel zuversichtlicher als über die 400 Meter, die lagen mir die ganze Saison nicht», sagte der Olympia-Fünfte. Im Vorlauf schonte er seine Kräfte und zog mit der fünftbesten Zeit (1:48,30) ins Halbfinale am Dienstagabend ein.

Ein zweites Duell mit dem 2,02 m großen Agnel bleibt Biedermann erspart. Der Franzose aus Nimes, der vor sechs Wochen in Paris auch den 14-maligen Olympiasieger Phelps düpiert hatte, wurde von seinem nationalen Verband wegen fehlender Norm nicht für die 200-m-Strecke nominiert. Biedermann-Coach Embacher findet das schade: «Es wäre mir lieber, wenn Agnel auch die 200 Meter schwimmen würde. Das wäre die Chance zur direkten Revanche.»