Ballack oder Lahm? Diese Diskussion nimmt Joachim Löw mit dem DFB-Team mit nach Dänemark. Die Spieler haben 50 Stunden, um eine Elf werden.

Frankfurt/Main. Die Diskussionen um zwei Spieler reißt nicht ab - und dass, obwohl beide nicht dabei sind: Mit Michael Ballack und Philipp Lahm fehlen die beiden Kapitäne, sie sind aber irgendwie trotzdem mit an Bord des DFB -Charters nach Kopenhagen. Wenn Joachim Löw mit seinem Not-Team an diesem Dienstag um 15.10 Uhr mit dem Sonderflug LH 5010 von Frankfurt/Main zur ersten Länderspiel-Reise der neuen Saison abhebt, ist zumindest die Debatte um den Anführer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft allgegenwärtig. „Es spielt keine Rolle, was mein Gefühl ist“, übermittelte der wie die meisten der WM-Stars im Test gegen Dänemark am Mittwoch (20.30 Uhr/ im Liveticker auf abendblatt.de) gegen Dänemark geschonte Lahm aus München.

Die heiß diskutierte Kapitäns-Frage hatte der WM-Leader mit seinem Wunsch auf eine längere Amtszeit schon in Südafrika angeheizt. „Ich habe meine Meinung dazu gesagt. Ich habe geäußert, dass ich gerne Kapitän bleiben würde, weil dieses Amt sehr viel Spaß macht“, erneuerte der 26-jährige Lahm jetzt. Ballack, der das Wintermärchen am Kap wegen einer Fußverletzung verpasst hatte, war vom Status Quo auch durch Lahms WM-Rolle als Spielführer keinen Zentimeter abgerückt: „Ich bin Kapitän.“ In Dänemark könnte Thomas Hitzlsperger als Mann mit den meisten Länderspielen (51) nach dem Frust über seine WM-Nichtberücksichtigung die Spielführer-Binde tragen.

Bundestrainer Löw und seine nach dem Ausfall des Gladbacher Neulings Marco Reus auf 16 Dänemark-Fahrer verkleinerte Gruppe - darunter nur sieben WM-Spieler – mochten sich vor der Partie gegen den WM-Teilnehmer zumindest öffentlich mit den Ballack-Lahm- Differenzen nicht auseinandersetzen. „Jetzt diskutieren wir sowieso nicht, weil sie nicht dabei sind“, sagte Manuel Neuer beim Treffen in Frankfurt.

Die wenige Zeit sollte vor allem dazu dienen, aus dem bunten Haufen von WM-Reservisten, Rückkehrern und dem Wolfsburger Neuling Sascha Riether ein halbwegs strukturiertes Team zu formen. Von der ersten gemeinsamen Übungseinheit auf der kleinen Kampfbahn des Frankfurter Stadions am Montagabend bis zum Anstoß im „Parken“-Stadion von Kopenhagen am Mittwoch (20.30 Uhr/ZDF) blieben Löw und seinem Not-Personal gerade einmal 50 Stunden zur Schulung und zum gegenseitigen Beschnuppern.

Der Bundestrainer versuchte der unerfahrenen Truppe beim Training am Montagabend seine taktischen Vorstellungen zu vermitteln. Mehrmals rief er das Team für Erklärungen zusammen. Im Trainingsspielchen empfahl sich Hitzlsperger für die Rolle im zentralen Mittelfeld. Mit vier Toren zeigte sich der Ex-Stuttgarter dazu auch noch treffsicher. Mario Gomez traf dreimal.

Löws Auserwählte möchten im 25. Vergleich mit dem nördlichen Nachbarn aus der Not eine Tugend machen und die Schonzeit für das geschlauchte WM-Stammpersonal nutzen. „Wir wollen das Spiel gewinnen, auch wenn wir eine Mannschaft sind, die noch nie zusammen gespielt hat“, erklärte Gomez, für den die Südafrika-Safari persönlich wie schon seine Vorsaison-Rolle beim FC Bayern eine Enttäuschung war. „Ich freue mich auf das Spiel. Für mich ist es die Chance, womöglich ein Länderspiel über 90 Minuten zu machen“, verdeutlichte der 25-jährige Gomez die besondere Motivation.

Genau darauf setzt Chefcoach Löw beim problematischen Kaltstart in seine neue Vertrags-Laufzeit, die mit dem EM-Titel 2012 in Polen und der Ukraine enden soll. „Wir haben alle sehr viel Spaß gehabt bei der WM. Jetzt freuen wir uns auf die kommenden Aufgaben“, bemerkte der 50-Jährige zur neuen Entwicklungs-Periode eines Teams, das mit dem dritten WM-Platz längst noch nicht am Ende angekommen scheint.

Zwar sind Schalke-Torwart Neuer und der jetzt für Manchester City spielende Jérome Boateng als einzige WM-Stammkräfte beim Neustart dabei. Doch bis auf den 36 Jahre alten Bayern-Keeper Hans-Jörg Butt werden alle Südafrika-Reisenden auch die neue EM-Ausscheidung angehen, die am 3. September in Belgien beginnt und vier Tage später in Köln gegen Aserbaidschan fortgesetzt wird.

„Es ist immer eine gute Chance und nach wie vor etwas Besonderes, zur Nationalmannschaft eingeladen worden zu sein“, erklärte der 20 Jahre alte Bayern-Rückkehrer Toni Kroos und verdeutlichte damit die auch nach der WM anhaltende Konkurrenz-Situation in der schwarz-rot- goldenen Vorzeige-Mannschaft.

Kroos und Gomez sind die beiden einzigen Abgesandten von Meister und Pokalsieger FC Bayern in Kopenhagen. „Wir versuchen trotz allem, das Spiel zu gewinnen“, betonte Kroos, der wie die WM-Ersatzkräfte Serdar Tasci (Stuttgart) und Marko Marin (Bremen) gegen die Dänen in die Startelf rückt. Der Bremer Weltmeisterschafts-Reservist Tim Wiese dürfte sich mit Neuer die beiden Halbzeiten im Tor teilen. Aber die Nummer 1 will der Schalker bleiben: „Ich will natürlich immer spielen und meine Position bekräftigen.“