Christian Reif wird am letzten Tag der Leichtathletik-EM Europameister, Diskuswerfer Harting holt Silber, Hochspringerin Friedrich Bronze

Barcelona. Er sah die Weite auf der Tafel, sank auf die Knie, reckte den Kopf zum Himmel und schrie seine Freude schrill durch die Arena: Christian Reif, der gerade noch vor dem Aus gestanden hatte, setzte mit der Jahres-Weltbestleistung von 8,47 Meter die Serie der deutschen Sensationen beim EM-Finale von Barcelona fort. "Mein Ziel war eine Medaille. Aber klar: Nach den guten Weiten zuvor hatte ich natürlich von diesem Gold geträumt", sagte Reif in der Stunde des Triumphes. Die Konkurrenz wusste gegen seinen Riesensatz kein Mittel mehr.

Sechs Jahre nach dem Abitur hat der Christian Reif nun die Reifeprüfung in der Weitsprunggrube abgelegt, gewann 20 Jahre nach Christian Haaf das siebte deutsche EM-Gold seiner Disziplin seit 1934 und das erste seiner Karriere. Trotz vieler Fehlschläge in den letzten Jahren setzte Reif in Barcelona auf die Karte "Frechheit siegt". "Ich werde die Qualifikation ganz sicher überstehen. Ich habe ein Niveau von 8,30 Meter", hatte der WM-Neunte von 2007 am Tag vor Runde eins verkündet. Ähnlich wie im Finale stand er nach zwei ungültigen Versuchen mit 7, 79 Meter vor dem Aus und egalisierte mit dem Rücken zur Wand seine Europajahresbestmarke von 8,27 Meter.

"Der Sprung war technisch nicht mal gut", war der Kommentar des Mannes, der sich mit Mut dem Scheitern entgegenstemmte und dann auch im Finale ums "Überleben" kämpfte. 7,87 Meter im zweiten Versuch, bei dem er um 32,9 Zentimeter vor dem Brett absprang, hätten nicht für den Vorstoß unter die acht Besten der drei letzten Finaldurchgänge gereicht.

Die Sicherheit hatten ihm drei große Sprünge im Frühsommer gegeben. Bei 8,27 Meter landete er in Hengelo, bei 8,22 Meter fasste er wieder Boden in Weinheim und 8,21 Meter wurde in der Grube von Bad Langensalza gemessen. Abgehakt waren plötzlich die schweren Jahre. 2008 hatte der 1, 96 Meter lange Ludwigshafener angeschlagen die Olympianorm verpasst, 2009 sprang er zwar die WM-Norm für Berlin - doch nach Verletzungen eine Woche zu spät. "Das war verdammt hart für mich." Mitschuld an seiner Misere hat er sich dann schon angelastet. Denn zu oft hat Christian Reif nach Verletzungen wieder zu schnell trainiert. Unter Ulrich Knapp wird die Belastung nun besser dosiert. "Jetzt fühlt er sich befreit. Dieses Verkrampfte ist weg", sagt der Coach, der Reif auf die Sprünge half.

Die WM-Dritte Ariane Friedrich hatte zuvor Bronze im Hochsprung gewonnen. Die 26-Jährige aus Frankfurt am Main blieb mit 2,01 Meter einen Zentimeter unter ihrer Saisonbestleistung. Für das letzte Hochsprung-Edelmetall bei einer EM hatte die Mannheimerin Alina Astafei als Dritte 1998 gesorgt. Europameisterin wurde die Kroatin Blanka Vlasic, die 2,03 Meter meisterte und damit nach WM-Gold 2007 und 2009 ihren ersten kontinentalen Titel gewann. Auf Platz zwei landete die Schwedin Emma Green höhengleich mit Friedrich.

Diskuswerfer Robert Harting musste sich ein Jahr nach dem WM-Gold von Berlin mit Silber begnügen. Im Dauerduell mit seinem großen Rivalen Piotr Malachowski aus Polen zog der 25-jährige Berliner mit 68,47 Meter diesmal knapp den Kürzeren: 40 Zentimeter fehlten nach sechs Versuchen um zweiten großen Titel. "Da kann man letztlich nichts machen. Ich habe keinen Wurf richtig erwischt, und dann reicht es eben nicht für 70 Meter. Hätte ich einen richtig erwischt, wäre es wohl eineinhalb Meter weiter gegangen", meinte Harting nach der Niederlage gefasst. Der Hamburger Markus Münch scheiterte in der Qualifikation. Er blieb fast sieben Meter unter seiner Bestweite.

Auch die deutschen Staffeln konnten zum erfreulichen EM-Endergebnis mit 16 Medaillen beitragen. Die 4 x 100-Meter der Männer holte Bronze, die 4 x 400 Meter der Frauen Silber. "Wir haben ein Team mit Zukunft", sagte Verbandspräsident Clemens Prokopp.