„Hoffe, dass sie eines Tages ihre Meinung ändern“ – Erneute Krawalle rund um die Formel 1 in Bahrain

Manama. Das Schweigen im Fahrerlager der Formel 1 bringt Weltmeister Sebastian Vettel und seinen Kollegen immer mehr Kritik ein. Nachdem die Proteste rund um das umstrittene Rennen in Bahrain ein erstes Todesopfer forderten, gab es auch am Samstag wenig bis gar keine Reaktionen. Lediglich Jean Todt verteidigte die Entscheidung des Automobil-Weltverbandes FIA, den Grand Prix auszutragen. „Aus rationaler Sicht wurde entschieden, dass es keinen Grund gab, unsere Ansicht zu ändern und das Rennen abzusagen“, sagte der FIA-Präsident dem britischen TV-Sender „BBC“.

Die Fahrer blieben ihrer Linie auch nach dem Qualifying treu - und schwiegen. Einzig Vettel, der erstmals ins dieser Saison die Pole Position holte, gab ein kurzes Statement ab: „Ich weiß nicht, was passiert ist. Da ist es immer schwer, etwas zu sagen.“

Genau diese Haltung der Rennfahrer hatte Zainab Al-Khawaja schon zuvor auf die Palme gebracht. „Ich hoffe, dass die Fahrer, die nicht darüber sprechen wollen, was hier passiert, eines Tages ihre Meinung ändern werden“, sagte Al-Khawaja im Interview der englischen Zeitung „The Independent“. Die Tochter eines inhaftierten Oppositionsführers hofft, „dass dann vielleicht ihre Kinder fragen werden, warum sie in einem Land Rennen gefahren sind, in dem die Regierung Menschen verhaftet und foltert“.

Ihr Vater war im vergangenen Jahr nach dem Ausbruch der Proteste verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Abdulhadi Al-Khawaja befindet sich seit mehr als zwei Monaten im Hungerstreik und hat es in den vergangenen 24 Stunden auch abgelehnt, etwas zu trinken. Ihr Vater wünsche sich, dass sein Tod nicht zu erneuten Ausschreitungen und Gewalt führt, sagte Al-Khawaja.

Die hoch bezahlten Formel-1-Fahrer hatten sich von Beginn an selbst einen Maulkorb verpasst und sich zu der brisanten Situation in dem Wüstenstaat nicht äußern wollen. Im Fahrerlager hieß es zumeist einhellig, dass der Sport im Mittelpunkt stehe. Dafür sprachen wieder die Menschen auf den Straßen der Hauptstadt Manama. Am Freitag kam es rund um das freie Training zu teilweise schweren Auseinandersetzungen. Bei einer von der Regierung erlaubten Protestaktion gegen die Austragung des Rennens auf einer Autobahn geriet eine Gruppe Demonstranten mit der Polizei aneinander. Die Ordnungshüter reagierten mit Schockgranaten und Tränengas.

Auch für den Samstag kündigten die Oppositionellen weitere Proteste an. Wie die größte schiitisch-islamistische Oppositionsgruppe Al Wifaq mitteilte, habe es in dem schiitischen Dorf Shakhura nahe der Hauptstadt Manama nun auch ein erstes Todesopfer und zahlreiche Verletzte am Formel-1-Wochenende gegeben.

Zuvor hatte Kronprinz Salman bin Hamad Al Chalifa erklärt, dass das Rennen trotz aller Demonstrationen am Sonntag stattfinden solle. Das Land habe „echte Probleme“, eine Absage würde aber nur „Extremisten stärken“, sagte der Kronprinz. Auch Promoter Bernie Ecclestone sah von einer Absage ab, da dies sowieso nur die Regierung könne.

Etwas seltsam mutet in diesem Zusammenhang eine Mitteilung des Ministeriums für Menschenrechte und Soziale Entwicklungen in Bahrain an. Das Ministerium hat einen Bericht von Amnesty International über die Situation in dem Wüstenstaat als veraltet abgetan. Der Bericht spiegele die Realität in Bahrain nicht wider und berücksichtige auch die neuesten Entwicklungen nicht, hieß es in der Mitteilung.

Amnesty International hatte im Vorfeld des Rennens die Austragung kritisiert. „Die Durchführung des Rennens am Sonntag “wirkt wie die Botschaft, dass in Bahrain alles in Ordnung ist. Das ist es aber keinesfalls. Dieses Signal ist falsch„, sagte Deutschland-Chef Wolfgang Grenz der “Welt„.

Laut des Ministeriums in Bahrain sei man in stetem Kontakt mit Amnesty gewesen. Die Menschenrechtsorganisation habe das Land aber nicht besucht, um Informationen aus erster Hand zu bekommen, teilte das Ministerium mit.