Die Regierung in Bahrain will das Formel-1-Rennen am Wochenende als „große Party“ verkaufen. Die Oppositionellen planen dagegen offenbar Störfeuer. Die Piloten konzentrieren sich demonstrativ auf den Sport.

Manama. Große Party oder große Aufruhr: Vor dem Formel-1-Rennen in Bahrain ruft der Staat seine Bürger unter dem Motto „Eine Nation vereint im Feiern“ zum fröhlichen Volksfest auf, die Opposition scheint sich dagegen für ein anderes Großaufkommen zu rüsten. Aktivisten wollen beim Rennen am Sonntag angeblich 50 ihrer Leute unter das Publikum schmuggeln. Was genau die Personen vorhaben, wurde nicht bekannt. Zuvor hatte bereits die Gruppe „Jugendkoalition der 14. Februar-Revolution“ zu „drei Tagen der Wut“ aufgefordert.

Bei der Ankunft in Manama ist von der Zerrissenheit des Landes wenig zu spüren. Am Flughafen sind freundliche Mitarbeiter darum bemüht, nicht nur den Stars wie Sebastian Vettel und Michael Schumacher, sondern allen Gästen schon bei der Ankunft das mulmige Gefühl zu nehmen. Überall werben bunte Plakate für das Rennwochenende, an dem unter anderem Clowns, eine „Hanna-Montana-Show“ und ein „Superman-look-alike-Contest“ geplant sind.

Auf dem Weg in die Stadt ist weder von Krawallen, noch von Vorfreude etwas zu spüren. Überall wird gehämmert und gebaut. Der Ort Al Dair, direkt am Flughafen Bahrains gelegen, wirkte am Mittwochmorgen dagegen wie ausgestorben. Wenige Stunden zuvor hatten sich dort rund 5000 Demonstranten versammelt. Während es in Al Dair friedlich blieb, kam es auf der kleinen Insel Sitra südlich von Manama zu Ausschreitungen, bei denen Demonstranten Molotow-Cocktails warfen und die Polizei im Gegenzug Tränengas einsetzte. Im Vorfeld des Rennwochenendes wurden bereits über 80 Personen vorübergehend verhaftet.

Ähnliche Zwischenfälle könnten auch am Wochenende drohen, wenn die Pro-Demokratie-Bewegung in Erscheinung tritt. Während die Regierung das Formel-1-Rennen als bunte Parade und Zeichen angeblicher Normalität zweckentfremden will, wird die Opposition möglicherweise genau das verhindern und das Event für ihre Bühne im Kampf um öffentliche Aufmerksamkeit nutzen. „Ich habe durchaus Angst, dass es zu einigen Zwischenfällen kommen wird“, sagt Jasim Husain, fünf Jahre lang Spitzenvertreter der schiitisch-islamischen Gesellschaft Wifak.

Die Fahrer versuchen sich von all dem nicht beirren zu lassen. Sie haben sich frühzeitig dazu entschlossen, ihre eigenen Befindlichkeiten hintanzustellen und sich dem Votum des Weltverbands FIA zu beugen. Politische Statements waren von ihnen deshalb ohnehin nicht zu hören, je näher das Rennen rückt, um so demonstrativer reden sie nur noch über Sport.

Schließlich können in dieser Saison, die Mercedes-Sportchef Norbert Haug bisher als „die beste und umkämpfteste aller Zeiten“ sieht, schon wenige verlorene Punkte große Auswirkungen haben. Hatte der spätere Weltmeister Vettel im Vorjahr nach drei Rennen schon 19 Punkte Vorsprung auf seinen ersten Verfolger Lewis Hamilton, so trennen ihn aktuell als Fünften nur 17 Zähler vom diesmal führenden Briten.

In Bahrain will Vettel, der den verwehten Sand auf der Strecke offiziell als größte Unbekannte ausmacht, nach zwei enttäuschenden Wochenenden zurück in die Erfolgsspur. Doch Red-Bull-Berater Helmut Marko scheint da skeptischer. „Das Auto ist nicht gut und gibt kein Vertrauen - das erschüttert natürlich auch das Selbstvertrauen von Vettel. Dadurch macht er Fehler, die er vorher nicht gemacht hat“, sagte Marko bei ServusTV. Und in der Auto Bild Motorsport erklärte er, dass man den von Mercedes perfektionierten F-Schacht nicht so einfach kopieren könne. „Wir müssen uns in Sachen Topspeed drastisch verbessern. Aber das Mercedes-System einfach nachzubauen ist bei unserem Auto äußerst kompliziert. Wir sind trotzdem an der Sache dran.“

Vettel bekommt also einen neuen Auspuff, nachdem das Experiment mit dem älteren Modell in China gescheitert ist. „Das Auto ist nicht gut, und es gibt kein Vertrauen. Das erschüttert natürlich das Selbstvertrauen von Vettel“, sagte Marko. Vettel mache Fehler, die er vorher nicht gemacht habe. Vor allem im Qualifying könne er nicht mehr seine Eigenschaft, die ihn laut Marko über alle anderen Piloten stellt, ausspielen: Die Konzentration auf die eine, schnelle Runde. In allen drei Qualifyings der neuen Saison unterlag der 24-Jährige seinem Teamkollegen Webber. Im vergangenen Jahr hatte Vettel 15 Mal in der Startformation ganz vorne gestanden und so den Grundstein für seinen zweiten WM-Titel in Folge gelegt.

Webber brauche im Gegensatz zu Vettel angeblich nur vier Räder und stelle sich dann darauf ein, wie sie reagieren, sagte Marko. Vettel könne das nicht. Und auch die Rennbilanz ist für den 24-Jährigen ernüchternd. 28 Punkte, WM-Platz fünf und 17 Zähler Rückstand auf den Führenden Lewis Hamilton (McLaren) sind zwar noch nicht die Welt, aber die Art und Weise, wie Vettel in China gegen Ende des Rennens von der Konkurrenz an die Wand gefahren wurde, bereitet nicht nur Teamchef Christian Horner Kopfzerbrechen. „Die neuere Variante hat gewisse Eigenschaften, die Sebastian nicht so mag“, sagte der Brite.

Auch wenn Vettel offenbar sensibler auf seinen auf den Namen „Abbey“ getauften Red Bull reagiert als Webber, fordert Marko ein Siegerauto für den Champion. Am besten schon in Bahrain. „Vettel braucht ein Auto, das gewisse Voraussetzungen erfüllt – und das bietet unser Auto nicht. Nur dann kann er diesen Vettel-Faktor ausspielen“, sagte Marko. Man habe nicht mehr die Überlegenheit, die man im vorigen Jahr gehabt habe. Was zwar auch mit den technischen Regeländerungen zu tun habe, als Entschuldigung wolle er das aber nicht anführen.

Vettel selbst konzentriert sich wie gewohnt auf die nächste Aufgabe. Und die werde in der Wüste Bahrains eh schon knifflig genug. „Die Strecke erfordert eine Menge von den Piloten“, sagte Vettel. Man müsse aufgrund der Lage auch mit den extremen Bedingungen zurechtkommen. „Der Sand bewegt sich mit dem Wind und kann deshalb auf einmal an ganz anderen Stelle des Kurses auftauchen“, sagte der amtierende Weltmeister vor dem umstrittenen Rennen.

Die brisante Situation mit Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei bereitet Vettel keine Bauchschmerzen. „Ich glaube, es wir schon okay sein. Es ist wie immer, es wird viel geredet. Die Strecke liegt ja ein wenig im Niemandsland, dort ist es bisher sehr ruhig“, sagte Vettel.

Mit Material von dapd und sid