Die deutschen Handballer haben den EM-Halbfinaleinzug und erstmals in der Geschichte die Teilnahme an Olympia verpasst.

Belgrad. Die deutschen Handballer haben den EM-Halbfinaleinzug und erstmals in der Geschichte die Teilnahme an den Olympischen Spielen verpasst. Ein sichtlich mitgenommener Bundestrainer Martin Heuberger sank nach der bitteren 32:33 (17:18)-Niederlage in einem Handball-Krimi gegen den Erzrivalen Polen in die Knie und schüttelte fassungslos den Kopf. Torjäger Uwe Gensheimer lehnte in der Belgrad-Arena an einer Werbebande und starrte enttäuscht ins Leere, Dominik Klein standen sogar die Tränen in den Augen.

Nach Platz zehn bei der EM in Österreich und Rang elf bei der WM in Schweden erlebt der deutsche Handball fünf Jahre nach dem WM-Titelgewinn im eigenen einen weiteren Tiefpunkt. Das ausgegebene Ziel mit der Teilnahme an einem Olympia-Qualifikationsturnier wurde trotz einiger beherzter Auftritte in Serbien verfehlt, die Folgen für die Sportart sind noch nicht absehbar. „Deutschland nicht bei Olympia, das ist der Super-Gau“, sagte der ehemalige Welthandballer Daniel Stephan: „Der Mannschaft fehlen die Spielerfiguren, die Verantwortung übernehmen.“ Dass durch das EM-Aus auch die direkte Qualifikation für die WM 2013 in Spanien vergeben wurde, interessierte nach Spielschluss aber noch niemanden.

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Trotz der dritten Niederlage im sechsten Turnierspiel hatte die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) nach Spielschluss noch die Chance auf die Teilnahme an einem Olympia-Qualifikationsturnier. Doch die Konkurrenz spielte nicht mit. Slowenien sicherte sich in der Hauptrundengruppe II den dritten Platz und liegt damit in der Endabrechnung vor Deutschland.

„Für diesem Kampf hätten wir mindestens mit einem Punkt belohnt werden müssen“, sagte Heuberger nach der Niederlage gegen Polen. Die DHB-Auswahl war mit 4:0 Punkten in die Hauptrunde gestartet und ließ nach der Niederlage gegen Dänemark (26:28) auch den zweiten Matchball zum Halbfinaleinzug ungenutzt. „Das hatte nichts mit den Schiedsrichtern zu tun, sondern nur mit uns selbst. Wir haben die Chance weggeschmissen. Wir waren einfach schlecht“, sagte Abwehrchef Oliver Roggisch. Die spanischen Unparteiischen hatten mit einigen Entscheidungen zuvor aber für Diskussionsstoff gesorgt.

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Trotz einer wenig überzeugenden Leistung zeigte die DHB-Auswahl aber eine tolle Moral und kämpfte sich nach einem 25:29-Rückstand (47.) wieder zurück ins Spiel und lag vier Minuten vor dem Ende sogar mit zwei Toren in Führung. Doch zahlreiche Zeitstrafen in der nervenaufreibenden Schlussphase, die Rote Karte gegen Klein und die schwere Beinverletzung von Spielmacher Michael Haaß (beide 58.) kosteten den Sieg. Der Göppinger war mit Polens Krzysztof Lijewski zusammengeprallt und zog sich dabei einen Bruch des Sprunggelenks zu. Er soll bereits am Donnerstag operiert werden und wird wohl vier Monate ausfallen.

Vor lediglich 2000 Zuschauern präsentierten sich weder die zuvor überragenden Torhüter Silvio Heinevetter und Carsten Lichtlein, noch die Abwehr in Bestform. Immer wieder kam der WM-Achte Polen zu leichten Toren.

In der Neuauflage des WM-Endspiels von 2007 agierten die Polen mit einer offensiven 5:1-Deckung und nahmen so den Flensburger Holger Glandorf im rechten Rückraum aus dem Spiel. Die DHB-Auswahl tat sich im Positionsangriff schwer, dafür funktionierte das Spiel über den Kreis und die Außen. Klein und sein Kieler Vereinskollege Christian Sprenger waren mit jeweils sieben Toren auch die besten deutschen Werfer. Der Kreisläufer Christoph Theuerkauf erzielte fünf Treffer.

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Heuberger konnte gegen die mit fünf Bundesliga-Legionären angetretenen Polen personell aus dem Vollen schöpfen. Kapitän Pascal Hens vom deutschen Meister HSV Hamburg stand nach überstandener Achillessehnenreizung ebenso zur Verfügung wie der Flensburger Holger Glandorf nach seiner Wadenprellung. Zudem hatte der Bundestrainer Spielmacher Martin Strobel vom TBV Lemgo nachnominiert.

Doch es half nicht. Fast die gesamte Spieldauer lief die DHB-Auswahl einem Rückstand hinterher. Als endlich die erste Führung erzielt wurde, versagten in der Schlussphase die Nerven und der Traum vom EM-Halbfinale und den Sommerspielen in London war geplatzt.

(sid)