Nach einer desolaten Leistung musste sich die DHB-Elf zum Auftakt der Europameisterschaft Tschechien mit 24:27 (9:14) geschlagen geben.

Nis/Serbien. Kapitän Pascal Hens suchte verzweifelt nach einer Erklärung, Torhüter Silvio Heinevetter war fassungslos und Bundestrainer Martin Heuberger wirkte nach dem Fehlstart der deutschen Handballer in die Europameisterschaft in Serbien konsterniert. Die Auswahl des Deutschen Handball-Bundes (DHB) musste sich am Sonntag zum Auftakt der Europameisterschaft in Serbien überraschend mit 24:27 (9:14) geschlagen geben. Dabei präsentierte sich die deutsche Elf im Angriff über weite Strecken desolat. Nun muss die Mannschaft Heubergers bereits um den Einzug in die Hauptrunde und die Olympia-Qualifikation bangen.

„Mir fehlen ein bisschen die Worte. Wir haben zu viele Fehler gemacht. Das war nicht, was wir uns vorgestellt haben. Wir müssen darüber sprechen“, sagte Hens, der seinem Anspruch als Führungsspieler erst nach dem Spiel gerecht wurde. Der Kapitän versammelte seine Mannschaft um sich und schwor sie auf die bevorstehenden Aufgaben gegen Außenseiter Mazedonien am Dienstag und Rekord-Europameister Schweden am Donnerstag ein. Die Mazedonier trotzten dem WM-Vierten Schweden im zweiten Spiel der Gruppe B ein 26:26 (13:14) ab.

Die Pleite gegen Tschechien war bereits die fünfte Niederlage im sechsten Spiel unter Heuberger. Seine Mannschaft steht nun in den nächsten Gruppenspielen bereits mächtig unter Druck. „Das wird ein Charaktertest. Es ist aber ernüchternd, dass wir phasenweise so vorgeführt wurden“, meinte der Berliner Schlussmann Heinevetter.

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Der Bundestrainer haderte besonders mit der Abschlussschwäche. „Wir haben viele Chancen in der Anfangsphase liegen lassen. Dadurch bekommen wir nicht das Selbstvertrauen, das man braucht. In der zweiten Halbzeit haben wir uns noch einmal rangekämpft. Aber unsere Chancenverwertung hat uns das Genick gebrochen. Es ist noch nichts verloren, auch wenn die Niederlage sehr bitter ist“, sagte Heuberger, der im vergangenen Sommer Trainerlegende Heiner Brand nach mehr als 14 Jahren abgelöst hatte. Der erhoffte Neuanfang nach Platz zehn bei der EM 2010 und Rang elf bei der WM 2011 ist aber vorerst misslungen.

Durch die Schlappe gegen die mittelmäßigen Tschechen ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London in großer Gefahr. Bei der EM werden nur noch zwei Tickets für ein Olympia-Qualifikationsturnier vergeben. Um diese Plätze bewerben sich neun Mannschaften, darunter auch die Tschechen, die durch den Sieg nun schon einmal bessere Karten als das DHB-Team haben.

Heuberger hatte sich für das richtungsweisende Schlüsselspiel eine besondere taktische Maßnahme einfallen lassen. Dominik Klein nahm seinen Kieler Klubkollegen und Welthandballer Filip Jicha (7 Tore) zunächst in Manndeckung. Doch die Probleme der DHB-Auswahl lagen vor 3500 Zuschauern nicht in der Deckung. In den ersten 30 Minuten zeigte der Weltmeister von 2007 eine katastrophale Angriffsleistung. Übernervös wurden die Bälle unbedrängt ins Aus geworfen, alleine Hens vom deutschen Meister HSV Hamburg leistete sich in der Anfangsphase vier Ballverluste und wurde frühzeitig ausgewechselt.

Beim 3:8 nach elf Minuten nahm Heuberger die erste Auszeit und versuchte beruhigend auf seine Mannschaft einzuwirken - zunächst ohne Erfolg. Die DHB-Auswahl hatte auch in der Folge große Probleme, vergab Großchancen leichtfertig oder scheiterte am starken Torhüter Petr Stochl von den Füchsen Berlin. Besonders der deutsche Rückraum war in dieser Phase ein Totalausfall. Neben Hens blieb auch der Flensburger Holger Glandorf wirkungslos. „Das war eine schreckliche Leistung“, sagte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier zur Halbzeitpause im ZDF.

Nach dem Wechsel kam die deutsche Mannschaft angeführt von Spielmacher Michael Haaß (Göppingen) besser ins Spiel. Heinevetter steigerte sich, die Abwehr stand stabiler und die Angriffe wurden nicht mehr so überhastet abgeschlossen. Der Lohn: Nach einem Temogegenstoß brachte Klein das deutsche Team in der 37. Minute auf einen Treffer heran (16:17). Sekunden später vergab Klein aber die Möglichkeit zum Ausgleich, als er freistehend an Stochl scheiterte. Da sich aber auch ins tschechische Spiel immer mehr Fehler einschlichen, blieb die mäßige Begegnung zunächst spannend. Doch zehn Minuten vor dem Ende setzten sich die Tschechen entscheidend ab (24:19).

Wie groß die Anspannung im deutschen Lager war, merkte man bereits vor der Begegnung. Angeführt von Abwehrchef Oliver Roggisch (Rhein-Neckar Löwen) betraten die deutschen Spieler bereits 90 Minuten vor dem Anpfiff das Sportski Centar Cair zum lockeren Aufwärmprogramm. Von den Tschechen war zu diesem Zeitpunkt noch nichts zu sehen. Das änderte sich mit Spielbeginn.