Uruguay zieht als Gruppenerster, Mexiko als Zweiter ins Achtelfinale ein. Für den Gastgeber ist die WM beendet. Frankreich fliegt nach Hause.

Bloemfontein/Rustenburg. Südafrika hat das „Wunder von Bloemfontein“ knapp verpasst. Trotz eines 2:1 (2:0) gegen den erneut enttäuschenden Vize-Weltmeister Frankreich und ohrenbetäubender Unterstützung durch die eigenen Fans schied die „Bafana Bafana“ am Dienstag als erster Gastgeber in der Geschichte der Fußball-Weltmeisterschaft nach der Vorrunde aus. Die um drei Treffer schlechtere Tordifferenz gegenüber Mexiko (0:1 gegen Uruguay) gab am Ende den Ausschlag.

Vor 39 415 begeisterten Zuschauern im Free State Stadion schickten Bongani Khumalo (20.) und Katlego Mphela (37.) mit ihren Treffern auch die Chaos-Truppe der „Bleus“ vorzeitig nach Hause. Florent Malouda (70.) gelang auf Vorarbeit von Bayern-Star Franck Ribéry nur noch der Anschluss. Nach einer Roten Karte für Yohann Gourcuff (26.) war für die „Equipe tricolore“ beim Abschiedsspiel des umstrittenen Trainers Raymond Domenech die Blamage perfekt. Auch bei der WM 2002 war Frankreich nach der Vorrunde sieglos ausgeschieden.

Das heillose Durcheinander der vergangenen Tage fand bei den Franzosen auf dem Rasen seine Fortsetzung. Zwar bemühte sich das vor Turnierbeginn als Mitfavorit gehandelte Team im „Spiel für die Ehre“ („L'Equipe“) den peinlichen Eindruck zu revidieren, brachte sich jedoch durch individuelle Fehler um alle Chancen. Negativer Höhepunkt war der umstrittene Platzverweis für Gourcuff, den Referee Oscar Ruiz aus Kolumbien wegen eines Ellbogeneinsatzes gegen Macbeth Sibaya in die Kabine schickte.

Schon beim Verlesen der Mannschaftsaufstellungen musste sich Domenech gellende Pfiffe der französischen Fans anhören. Als Reaktion auf den Trainingsboykott hatte er in seinem Team kräftig aufgeräumt und unter anderen Kapitän Patrice Evra auf die Bank gesetzt. Dass er den unerfahrenen und bei dieser WM noch nicht eingesetzten Alou Diarra zum neuen Spielführer machte, ist nur Beleg dafür, wie zerrüttet das Verhältnis zwischen dem Coach und seinen Spielern nach dem Rauswurf von Nicolas Anelka ist.

Ganz anders die „Bafana Bafana“: Das Team der Gastgeber begeisterte seine erwartungsvollen Fans und kämpfte mit Herz und Leidenschaft um das erhoffte Wunder. Nach 20 Minuten wurde der Einsatz mit der zu diesem Zeitpunkt überraschenden Führung belohnt, als Abwehrspieler Khumalo einen Eckball von Siphiwe Tshabalala zum 1:0 verwertete. Frankreichs Keeper Hugo Lloris irrte bei der Hereingabe ohne Orientierung durch seinen Fünf-Meter-Raum.

Wenig später zielte Katlego Mphela von der Strafraumgrenze knapp daneben und setzte damit das nächste Achtungszeichen (25.). Carlos Alberto Parreira hatte ganz auf Angriff gesetzt und brachte mit Bernard Parker von Twente Enschede einen zweiten Stürmer. Die Maßnahme zahlte sich aus, denn acht Minuten vor der Pause verwandelte Mphela die Arena endgültig in ein Tollhaus. Im Zweikampf mit dem zögernden Gael Clichy stocherte der Angreifer von den Sundowns Pretoria den Ball zum 2:0 über die Linie. Wie erstarrt verfolgte Domenech das Geschehen vor seiner Bank stehend.

Der Coach hatte auch im zweiten Durchgang wenig Grund zur Freude, weil vor allem der quirlige Mphela seine Abwehr immer wieder durcheinanderwirbelte. In der 50. Minute traf der Angreifer das Lattenkreuz, dann verhinderte Torhüter Lloris gegen Mphela das drohende 3:0. Auch der zweite Turniereinsatz von Thierry Henry ab der 46. Minute half den „Bleus“ zunächst nicht auf die Sprünge. Erst als bei den Hausherren die Kräfte erlahmten, wurde der Favorit stärker und kam durch Malouda zu seinem ersten Turniertor.

Frankreich: 1 Lloris - 22 Clichy, 5 Gallas, 17 Squillaci, 2 Sagna - 18 Diarra, 19 Diaby - 8 Gourcuff, 7 Ribery - 11 Gignac (ab 46. Malouda), 9 Cisse (ab 55. Henry). - Trainer: Domenech

Südafrika: 1 Josephs - 5 Ngcongca (ab 55. Gaxa), 4 Mokoena, 20 Khumalo, 3 Masilela - 6 Sibaya, 23 Khuboni - 10 Pienaar, 8 Tshabalala - 9 Mphela, 17 Parker (ab 68. Nomvhete). - Trainer: Parreira

Schiedsrichter: Oscar Ruiz (Kolumbien)

Tore: 0:1 Khumalo (21.), 0:2 Mphela (37.), 1:2 Malouda (70.)

Zuschauer: 40.000 in Bloemfontein

Der Kader von FRANKREICH

Der Kader von SÜDAFRIKA

Mexiko - Uruguay 0:1

Luis Suarez hat eine „Schande von Rustenburg“ verhindert und den zweimaligen Weltmeister Uruguay erstmals seit 20 Jahren wieder in ein WM-Achtelfinale geschossen. Der Angreifer von Ajax Amsterdam bescherte der Celeste mit seinem Treffer in der 43. Minute einen 1:0 (1:0)-Sieg am letzten Spieltag der Vorrundengruppe A gegen Mexiko. El Tri reichte die knappe Niederlage ebenfalls zum Einzug in die K.o.-Runde, in der Mexiko zuletzt 1990 gefehlt hatte.

„Es war wichtig, dass wir gewonnen haben, noch wichtiger aber ist es, dass wir weitergekommen sind. Das war eine großartige Partie von uns. Jetzt aber wird's richtig schwierig, egal gegen wen wir nun spielen müssen“, sagte Uru-Torjäger Diego Forlan. Der Mexikaner Rafa Marquez dachte schon an das mögliche Achtelfinale gegen Argentinien: „Es hängt alles nur von uns ab. Argentinien hat zwar eine sehr gute Mannschaft mit sehr starkem Angriff, aber wir haben gegen Frankreich gezeigt, was wir können“, sagte er.

Die Ausgangslage vor dem Spiel war klar: Bei einem Remis hätte Uruguay als Sieger der Gruppe A vor Mexiko festgestanden - und der Gastgeber Südafrika sowie Vize-Weltmeister Frankreich wären draußen gewesen. Im Vorfeld des Spiels hatten beide Lager aber Vermutungen zurückgewiesen, wonach sie sich wie Deutschland und Österreich bei der „Schande von Gijon“ 1982 auf ein Ergebnis einigen könnten. Das 1:0 reichte trotzdem beiden - weil Südafrika nur 2:1 gewann. Der Mexikaner Guillermo Franco versuchte den Sorgen vor 33.425 Zuschauern im Royal-Bafokeng-Stadion gleich nach wenigen Sekunden mit einem Gewaltschuss aus 30 Metern entgegenzutreten, verfehlte aber das Tor. Auch Uruguay probierte es mit Maxi Pereira aus der Distanz - ebenfalls ohne Ertrag.

Auch der gute Suarez hätte alle Befürchtungen bereits nach sechs Minuten wegwischen können: Nach einem haarsträubenden Fehler von Verteidiger Hector Moreno kam er halbrechts frei zum Schuss - doch er zielte knapp vorbei. Überhaupt war Uruguay bis zur Führung das mutigere Team. Mauricio Victorino, der in der Innenverteidigung den verletzten Diego Godin ersetzte, hatte die nächste Chance, köpfte aus acht Metern aber über das Tor (18.). Auch Mexiko mühte sich, einen agilen Eindruck zu hinterlassen - obwohl El Tri zuvor betont hatte, im Achtelfinale als Zweiter gerne auf Argentinien, den voraussichtlichen Sieger der Gruppe B, treffen zu wollen. Manches wirkte wie Aktionismus, so auch der Schuss von Andres Guardado aus 25 Metern, der die Latten-Unterkante traf (22.).

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Als sich die Kunde von Südafrikas 1:0-Führung gegen Frankreich herumgesprochen hatte, wurden beide Mannschaften etwas vorsichtiger. Und nach dem 2:0 stellten sie ihre Bemühungen gar vorübergehend ein. Denn weitere Treffer des Gastgebers, das wussten Mexikaner und Uruguayer, hätten für den Verlierer dieser Begegnung das Aus bedeutet. Erst Suarez' Tor riss die Spieler aus der Lethargie. Nach einer Flanke von Edinson Cavani rettete der 23-Jährige zumindest die Ehre Uruguays: Völlig freistehend köpfte er aus sechs Metern ein.

Mexikos Trainer Javier Aguirre reagierte in der Halbzeitpause und brachte Offensivspieler Pablo Barrera (für Guardado), der seinen Platz in der Startelf überraschend an Cuauhtemoc Blanco verloren hatte. Blanco war nach Gerardo Torrado und Marquez im dritten WM-Spiel schon der dritten Kapitän von El Tri. Doch auch er musste bald für Javier Hernandez weichen.

Mexiko drängte in der zweiten Hälfte auf ein Tor. Doch Uruguays Kapitän Diego Lugano hätte den Hoffnungen der Mittelamerikaner mit seinem Kopfball fast einen weiteren Dämpfer versetzt, wenn Torhüter Oscar Perez nicht zur Stelle gewesen wäre (54.). Auf der anderen Seite vergab Verteidiger Francisco Rodriguez ebenfalls per Kopf die größte Chance zum Ausgleich (64.). Nach dem Anschlusstreffer der Franzosen war die mexikanische Not aber auch nicht mehr so groß.

Mexiko: 1 Perez - 5 Osorio, 2 Rodriguez, 15 Moreno (ab 57. Castro), 3 Salcido - 6 Torrado, 4 Marquez, 18 Guardado (ab 46. Barrera) - 17 Dos Santos, 9 Franco, 10 Blanco (ab 63. Hernandez). - Trainer: Aguirre

Uruguay: 1 Muslera - 16 Maximiliano Pereira, 2 Lugano, 6 Victorino, 4 Fucile - 17 Arevalo Rios, 15 Perez, 11 Alvaro Pereira (ab 77. Scotti)- 7 Cavani, 10 Forlan, 9 Suarez. - Trainer: Tabarez

Schiedsrichter: Viktor Kassai (Ungarn)

Tore: 0:1 Suarez (44.)

Zuschauer: 30.000 in Rustenburg

Der Kader von MEXIKO

Der Kader von URUGUAY