Der 20-Jährige Olympiasieger Felix Loch könnte eines Tages Rekordchampion Georg Hackl überflügeln. Der Tod vom Freitag ist verdrängt.

Whistler. Der Stolz quoll Georg Hackl aus allen Poren. Da stand Deutschlands erfolgreichster Rodler auf einem schlammigen Parkplatz am Whistler Sliding Centre, einen Rucksack auf dem Rücken, die Hände in den Taschen seiner Trainingshose, und wippte auf den Zehenspitzen auf und ab. Der deutsche Rodler Felix Loch (20) hatte gerade Gold gewonnen vor seinem Mannschaftskollegen David Möller (28) und dem italienischen Olympiaveteran Armin Zöggeler (36), was den Co-Trainer der deutschen Mannschaft ins Schwärmen brachte.

"Ich bin genau so stolz wie auf einen Erfolg, den man selber auf der Bahn errungen hat. Nein, mehr noch", ruft Hackl. Ob Felix Loch eines Tages seine Rekorde brechen kann? Hackl lacht sein Hackl-Schorsch-Lachen. "Er hat einen sehr guten Grundstein dafür gelegt." Geht es nach Felix Loch, sollte dem nichts im Wege stehen. "Für mich ist Schorsch eine große Unterstützung. Ich arbeite mit ihm viel zusammen, er versucht, viel von seiner Erfahrung weiterzugeben, er erzählt mir von dem, was er vor vielen Jahren alles erlebt hat."

Felix Loch, Deutschlands erster Goldmedaillengewinner bei diesen 26. Winterspielen, plant langfristig. Der Polizeimeister-Anwärter entfaltet in seinem Tun eine Akribie, wie sie auch sein Vorbild einst auszeichnete. Hackls Lob: "Er ist jetzt schon ein ganz Großer in unserem Sport."

Weltmeister ist Loch junior bereits, er gewann 2009 den Titel und 2008 ebenso, als damals jüngster Rodler überhaupt. Nun ist er auch noch der jüngste Rodel-Olympiasieger aller Zeiten. Was soll da noch kommen für den "Michael Phelps des Rodelns", wie ihn Kanadas Cheftrainer Wolfgang Staudinger nannte? "Es wäre schön, wenn es die nächsten Jahre so weitergehen würde", sagte Loch.

Im Whistler Sliding Centre schien der 1,91-Meter-Hüne mit dem Strahlemannlächeln der Perfektion nahe. In allen vier Läufen zauberte er Bestzeiten auf die ultraschnelle Bahn, schon seine Startzeiten waren exquisit. Loch wie Silbermedaillengewinner Möller profitierten dabei - welch zynische Fußnote nach dem tödlichen Sturz des georgischen Rodlers Nodar Kumaritaschwili am Freitag - von einer durchaus nicht unumstrittenen Entscheidung der Organisatoren.

Sie verlegten die Starts aller olympischen Rodel-Wettbewerbe deutlich tiefer, um die menschlichen Kanonenkugeln zu entschärfen. Die Männer nutzten deshalb den Frauenstartbereich, die Frauen und Doppelsitzer werden in dieser Woche vom noch weiter unten gelegenen Startbereich der Junioren lospaddeln - was manchem gar nicht passt. "Das ist ein Kinderstart", maulte etwa die deutsche Favoritin Natalie Geisenberger.

Kumaritaschwili, für den gestern in Vancouver eine Trauerfeier abgehalten wurde, hatte seinem Vater vor dem Unfall gebeichtet: "Ich habe Angst vor der Kurve." Und auch die Rodler hatten den Todessturz bei ihrem Rennen im Kopf. "Aber ich habe es ausblenden können", sagte Loch. Hätten nicht ein paar Flaggen an Kurve 16 auf Halbmast geweht und hinter der provisorischen Bandenerhöhung brennende Kerzen und Blumensträuße gelegen, fast hätte man meinen können, hier sei nie auf schreckliche Weise ein Mensch gestorben.

Auch Loch und Möller feierten drei Stunden nach dem ersten deutschen Doppelsieg seit Calgary 1988 im Jack Nicklaus Golf Club in Whistler, der Partydependance der Deutschen am Fuße der Berge. Was denn passiert sei seit seinem Sieg am Nachmittag, will jemand von Loch wissen. Möller antwortet für ihn: "Zwei Erdinger."