Bisher war die Saison für Kati Wilhelm enttäuschend. Doch langsam kommt die Form – noch rechtzeitig zu Olympia in Vancouver.

Hamburg/Gelsenkirchen. Oft hat Kati Wilhelm in den vergangenen Wochen vom "Feeling" geredet, das noch nicht ganz da sei. Von der Sicherheit, die fehle. Vom Gefühl fürs Laufen, das hoffentlich bald kommen werde. Beim letzten Weltcup-Rennen der Biathletinnen im slowakischen Pokljuka hat sich das richtige Feeling angekündigt. Erst einmal leise. Wilhelm wurde Fünfte im Sprint und Neunte in der Verfolgung. Ein erster Erfolg in einer Saison, die bisher für die dreimalige Olympiasiegerin enttäuschend verlief. Heute startet Kati Wilhelm gemeinsam mit dem Österreicher Christoph Sumann bei der World Team Challenge auf Schalke (18 Uhr/ARD live). Zehn Mixed-Teams treten über 18 Runden à 1264 Meter an. Rund 2500 Kubikmeter Pulverschnee wurden an den Weihnachtstagen in mehr als 100 Lkw-Ladungen von der Skihalle Neuss nach Gelsenkirchen transportiert.

Wilhelm hat kürzlich ihren Laufstil auf Video filmen lassen und analysiert. Bis Neujahr wird sie noch mal intensiv trainieren: erst Ausdauer, dann Kraft, um die Muskulatur wieder in die Gänge zu bringen, denn die Müdigkeit sei nach drei Wochen und neun Wettkämpfen zu spüren. "Ich weiß, dass mir noch die Spritzigkeit fehlt", sagt sie. Und die Routine. Beides soll kommen - mit jedem Wettkampf ein Stück mehr. Auch auf Schalke. Was für das Fernsehen ein großes Ereignis ist, nutzt sie vor allem zum Training. Die kurzen Runden sollen ihr helfen, ihre Dynamik zu verbessern. "Ich laufe mich in Form."

Die fehlt ihr bisher in einer Saison, in der die 33 Jahre alte Thüringerin im Februar wohl ihre letzten Olympischen Spiele bestreiten wird. Im Frühjahr will sie über ihr mögliches Karriereende entscheiden.

In Pokljuka schaffte Wilhelms Teamkollegin Magdalena Neuner zweimal den Sprung auf das Podest. Kati Wilhelm spricht von einem guten Teamergebnis, das Optimismus gebe für die nächsten Weltcup-Rennen in Oberhof. Alle seien froh, sagt sie, dass mit Lena endlich eine von uns auf das Podium gelaufen ist. "Lena" und "das Team", das sind zwei Wörter, die Kati Wilhelm in diesen Tagen ein wenig Schutz geben vor der Krise, die viele bei den deutschen Biathletinnen diagnostiziert haben.

"Das Gerede von der Krise hatte schon ein bisschen genervt, zumal wir eigentlich gute Leistungen gebracht haben", sagt sie. Man kann es sich leicht machen und Kati Wilhelm selbst die Schuld dafür geben, dass die Erwartungen so hoch sind - und die Enttäuschung so groß. Seit 2000 ist sie ein Dauerbrenner in einer Sportart, die auch durch ihre Erfolge in den deutschen Wohnzimmern populär wurde. Mit drei Gold- und drei Silbermedaillen bei Olympischen Spielen ist sie die beste Biathlon-Olympionikin aller Zeiten, mit ihren knallrot gefärbten Haaren eine Marke für ihren Sport. In einem Winter, in dem es wieder um Olympiamedaillen geht, werden ihr die Erfolge noch einmal vorgerechnet. Ihre Antwort auf diese Rechnung klingt angenehm ehrlich: "Die Erwartungen kommen nicht nur von außen. Ich will nach der guten vergangenen Saison wieder vorne mit dabei sein", sagt sie. "Und wenn ich nervlich an dem Druck kaputtgehe, bin ich selbst schuld." Nicht die Fans, nicht die Medien.

Es ist auch dieser Satz, in dem die beiden Pole der Kati Wilhelm besonders deutlich erscheinen: die Ehrgeizige und die Unbekümmerte. Auf der einen Seite die Frau, die im vergangenen Winter noch einmal bewies, was ihr "keiner mehr zugetraut hatte", wie sie damals sagte. Zweimal holte Wilhelm Gold bei der WM im südkoreanischen Pyeongchang, zweimal Silber. Auf der anderen die Frau, die einmal sagte, dass sie Fotoshootings liebt und PR-Termine zum Abschalten nutzt.

Kati Wilhelm gibt sich gelassen. Auch jetzt, wenn die Spur der Loipe langsam nach Vancouver führt. "Im Einzel und in der Staffel will ich bei Olympia eine Medaille holen", sagt sie. Knapp zwei Monate bleiben ihr noch, bis das erste Rennen der Olympischen Spiele startet.

Das ist eine kurze Zeit für eine Sportlerin, die das gesamte Jahr über für diesen einen Höhepunkt trainiert. Und eigentlich hat sie mit der Vorbereitung auf Olympia schon viel früher begonnen. Im vergangenen Winter engagierte Wilhelm in Absprache mit Bundestrainer Uwe Müssiggang das Trainerduo Odd Lirhus und Andreas Stitzl. "Die beiden haben neuen Schwung gebracht", sagt sie.

Kati Wilhelm sei die Frau für die ganz großen Anlässe, sagte einmal die Schwedin Magdalena Forsberg, die erfolgreichste Biathletin der Welt. Wilhelms gute Leistung beim Rennen in Pokljuka spricht dafür, dass ihr Gespür für die Loipe langsam zurückkehrt. Dass ihre Beine allmählich aufwachen und die Spritzigkeit da ist. Es wäre noch rechtzeitig für die Winterspiele in Vancouver. Einen ganz großen Anlass.