Bestens gewappnet: Die Handballer des HSV Hamburg fühlen sich bereit für den Angriff auf einen Titel. Der Etat steigt auf Rekordniveau.

Hamburg. An seinen ersten Einsatz für den HSV kann sich Marcin Lijewski noch allzu genau erinnern. Er war gerade erst von den Olympischen Spielen in Peking zurückgekommen, und nun stand er in München plötzlich gegen den THW Kiel auf dem Spielfeld. Das heißt, er stand dort, aber das Spiel lief an ihm vorbei wie ein schlechter Film. "Ich wusste gar nicht, was ich spiele, es war total chaotisch", erzählt der polnische Handballprofi. Wie ihm ging es vielen: Für zehn Nationalspieler war der Super-Cup das erste und einzige Vorbereitungsspiel.

Ein Jahr später, am kommenden Dienstag, wiederholt sich in Nürnberg die Rahmenhandlung dieser seltsamen Geschichte. Erneut sind es Kiel (als Meister und Pokalsieger) und Hamburg (als Vizemeister), die die Spielzeit einweihen. Nur dass diesmal alle ziemlich genau wissen, was sie zu tun haben. Sechs Wochen hatte HSV-Trainer Martin Schwalb seine Spieler zur freien Verfügung. "Die Vorbereitung war hervorragend, die Mannschaft hat sich unheimlich gut entwickelt", schwärmt der sportliche Leiter Christian Fitzek. Und auch bei Schwalb ist die Depression des Frühjahrs, als seine Mannschaft im DHB-Pokal auch die letzte Titelchance verwarf, in Optimismus umgeschlagen: "Wir haben uns in allen Bereichen - Abwehr, Gegenstoß und Angriff - weiterentwickelt. Jetzt wollen wir zeigen, dass wir zu den besten Teams der Welt gehören."

Natürlich lief dann doch nicht alles so reibungslos. Pascal Hens und Bertrand Gille, zwei Leistungsträger dieser Mannschaft, fallen nach ihren Fersenoperationen noch Wochen und Monate aus. Die Verpflichtung von Domagoj Duvnjak zog sich länger hin als gewünscht, der kroatische Jungstar wird heute um 15.50 Uhr am Flughafen Hamburg erwartet. Duvnjak wird seinen Platz in der Mannschaft erst noch finden müssen, Schwalb will ihm da "keinen Druck machen". Ob er zur offiziellen Saisoneröffnung morgen gegen Schaffhausen (19 Uhr, Sporthalle Hamburg) auflaufen kann, ist offen. Was wohl wirklich neu ist beim HSV: dass im Grunde keiner mehr unersetzlich ist. Für Gille springt mit Igor Vori ein Weltklassemann ein. Und Duvnjak, der ebenfalls von RK Zagreb kommt, wird im Rückraum für lang ersehnte Entlastung sorgen.

Andreas Rudolph spricht in diesem Zusammenhang von "notwendigen Maßnahmen". Der Präsident hat die Entwicklung auf dem Transfermarkt aufmerksam verfolgt. Man habe mit Duvnjaks vorzeitiger Verpflichtung "auch reagiert darauf, dass Kiel offenbar Daniel Narcisse geholt hat". Die sportlichen Ziele wurden offenbar noch einmal höher gehängt als die wirtschaftlichen. Trotz einiger Sparbemühungen sei der Etat auf 7,5 Millionen Euro gestiegen. Er liegt damit knapp eine Million Euro über dem Vorjahr. Das entspricht in etwa der Ablöse für Duvnjak - doch die ist laut Rudolph in dem Kostenvoranschlag noch gar nicht eingerechnet. Die Zahlung an Zagreb wird über mehrere Jahre gestreckt.

Die Ansprüche haben sich dem Rekordniveau angepasst. "Wir wollen um alle drei Titel mitspielen, so lange wie möglich", so ähnlich hat es Rudolph auch in den Vorjahren formuliert. Er ist vorsichtig geworden nach zwei erfolgsarmen Jahren. Er sagt: "Wir sind hoffentlich noch konkurrenzfähiger geworden."

Rudolph muss dafür längst nicht mehr allein mit seinem Vermögen geradestehen. Die Einnahmen steigen. Den Freezers wurde sogar ein Hauptsponsor (Vattenfall) abspenstig gemacht. Der Kartenvorverkauf ist erneut auf Rekordkurs, die Champions-League-Vorrunde wesentlich attraktiver geworden. Und im Fernsehen ist der HSV ein Dauergast: Dank neuer, digitaler Vertriebswege sind mit einer Ausnahme alle Spiele live zu empfangen. Der Super-Cup am Dienstag (20.15 Uhr) im DSF macht den Anfang. "Danach", sagt Marcin Lijewski, "werden wir wissen, wo wir stehen." Und wo sie im Spiel zu stehen haben.

Aktuelle News, Ergebnisse und Hintergrundberichte rund um das Thema HSV Handball und aus der Handball Bundesliga per SMS-Dienst auf Ihr Handy.