Vor der Titelverteidigung seines Mittelgewichts-Weltmeisters erklärt der 68-Jährige, warum das deutsch-deutsche Megaduell nicht zu realisieren ist und welche Pläne er stattdessen hat.

Abendblatt:

Herr Sauerland, am Sonnabend (22.25 Uhr, ARD) verteidigt Arthur Abraham seinen IBF-Titel im Mittelgewicht gegen den Mexikaner Raul Marquez. Sind Sie vor Abrahams Kämpfen besonders nervös, weil er das Aushängeschild Ihres Stalls ist?

Wilfried Sauerland:

Ich bin vor den meisten Kämpfen aufgeregt. Aber natürlich ist Arthur etwas Besonderes, er ist die Perle unseres Stalls, unsere Nummer eins.



Abendblatt:

Was würde eine Niederlage für ihn und Sie bedeuten?

Sauerland:

Eine Niederlage wirft einen zwar zurück, aber nicht um, deshalb sind wir entspannt. Dennoch denke ich, dass er siegen wird. Arthur ist über die Jahre persönlich sehr gereift und nimmt den Sport viel ernster als vor ein paar Jahren, weil er weiß, welche Chancen er bietet.



Abendblatt:

Seit Felix Sturm aus dem Hamburger Universum-Stall in der vergangenen Woche Sebastian Sylvester besiegt hat, reden Deutschlands Boxfans viel über das Duell Sturm gegen Abraham. Wann wird es endlich kommen?

Sauerland:

Ich glaube, Abraham wird nicht gegen Sturm boxen. Beide Lager wollen den Kampf. Aber die geforderten drei Millionen Euro pro Mann sind nicht zu stemmen. Der Kampf ist nur in Deutschland interessant. Dann müsste er aber auch aus Deutschland finanziert werden. Dafür fehlen die Möglichkeiten.



Abendblatt:

Medienberichten zufolge haben Sie Sturm für einen Kampf mit Abraham 2,5 Millionen Euro geboten.

Sauerland:

Ich habe diese Summe nicht geboten. Ich habe nur von einem Mitglied meiner Firma, das den Kampf Sturm gegen Sylvester besucht hatte, gehört, dass die Börsenforderung bei drei Millionen Euro liegt. Da habe ich gesagt: Wenn man Arthur Abraham drei Millionen bietet, würden wir den Kampf auch im ZDF machen.



Abendblatt:

Womit Sie ein weiteres Problem ansprechen: Es heißt, Ihr TV-Partner ARD will den Kampf ebenso senden wie Universums Haussender ZDF. Gäbe es aus diesem Dilemma einen Ausweg?

Sauerland:

Das denke ich schon. Wir haben ja ab und an Duelle zwischen Sauerland und Universum, da könnte man sicherlich eine Lösung mit den Sendern finden. Wir sind bereit zu verhandeln und wollen den Kampf, aber ich persönlich glaube nicht, dass er kommt. Auch, weil Arthurs Weg eher in die USA führt. Er will dort im Sommer 2009 eine Titelvereinigung mit WBO/WBC-Champion Kelly Pavlik machen, und danach wird er ins Supermittelgewicht aufsteigen, so dass ein Kampf mit Sturm dann sowieso nicht mehr wahrscheinlich ist.



Abendblatt:

Die Begeisterung, mit der das Duell Sturm gegen Sylvester angenommen wurde, müsste Sie ermutigen, viel mehr dieser Stallduelle auszurichten.

Sauerland:

Das stimmt, ich träume immer noch davon, ein Gewichtsklassen-übergreifendes Turnier Sauerland gegen Universum zu machen. Diese Duelle wollen die deutschen Fans sehen.



Abendblatt:

Werden die deutschen Fans nicht mit Boxen überversorgt? Bis Weihnachten gibt es kein boxfreies Wochenende.

Sauerland:

Ich sage schon lange, dass die Häufung der Veranstaltungen nicht gut ist. Man muss ein Produkt auch mal rar machen, damit die Leute wieder Lust darauf bekommen. Diese Kritik beziehe ich auch auf mich.



Abendblatt:

Zumal Sie Ende Oktober für die Paarung Danilo Häussler gegen Mikkel Kessler viel Kritik erhalten haben. Die Ansetzung sei für Häussler lebensgefährlich, hieß es. War dieses Duell schädlich fürs Boxen?

Sauerland:

Es war Danilos letzte Chance, und die wollte ich ihm nicht nehmen. Dass ausgerechnet ein Mann wie Jean-Marcel Nartz (Matchmaker im Universum-Stall, d. Red .) Kritik an der Ansetzung übt, hat mich schon sehr gewundert. Dann dürften 90 Prozent der Duelle, die er so ansetzt, auch nicht stattfinden.



Abendblatt:

Zuletzt hat sich mit Nikolaj Valuev sogar einer Ihrer eigenen Sportler über eine geplante Ansetzung beklagt. Er will am 20. Dezember in Zürich nicht gegen Evander Holyfield boxen, weil der ihm zu alt ist.

Sauerland:

Das ist so nicht wahr. Valuev selbst war in Japan im Trainingslager, als die Ansetzung bekannt wurde. Sein Schwiegervater hat dagegen protestiert. Niko selbst hat mir in einem Brief versichert, dass er auch gegen Holyfield boxen würde.



Abendblatt:

Warum ist dann noch kein Vollzug gemeldet worden?

Sauerland:

Weil mein Partner Don King gern seinen Boxer Andrew Golota als Gegner sehen will. Den wollen aber unsere Partner in Zürich nicht. Deshalb gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder boxt Valuev gegen Holyfield, oder er boxt gar nicht. Anfang nächster Woche wissen wir mehr.



Abendblatt:

Was auch viele sehen wollen, ist ein Duell Valuevs gegen einen der Klitschko-Brüder. Wann könnte das stattfinden?

Sauerland:

Das weiß ich nicht, ich habe seit Jahren kein Wort mehr von den Klitschkos gehört. Mir ist wichtiger, dass unser Alexander Povetkin bald seine Chance gegen Wladimir Klitschko bekommt, und Vitali muss ja zunächst seinen Titel gegen Juan Carlos Gomez pflichtverteidigen.



Abendblatt:

Gomez steht beim Hamburger Arena-Stall unter Vertrag, dessen Chef Ahmet Öner bei Universum- und Klitschko-Veranstaltungen Hausverbot hat. Sie pflegen einen ordentlichen Kontakt zu ihm. Ist er für die Zukunft ein ernst zu nehmender Rivale oder gar ein Partner für Sie?

Sauerland:

Ahmet hat mir selbst gesagt, dass er seine Zukunft eher in den USA sieht. Ich plädiere jedoch dafür, den Umgang mit ihm auf eine vernünftige Basis zu stellen. Wir hatten auch Streit, haben uns aber hingesetzt und ausgesprochen. Wenn er seine Nerven im Zaum hält, kann man prima mit ihm zusammenarbeiten.