Graciano Rocchigiani und Dariusz Michalczewski setzen auf Punktsieg des amtierenden Weltmeisters.

Hamburg. Wenn Mittelgewichts-Boxweltmeister Felix Sturm seinen WBA-Titel am Sonnabend (22 Uhr, ZDF live) in Oberhausen gegen seinen Pflichtherausforderer Sebastian Sylvester verteidigt, wird ein weiteres Kapitel deutsche Boxhistorie geschrieben. Der Kampf zwischen dem 29 Jahre alten Leverkusener aus dem Hamburger Universum-Stall und dem ein Jahr jüngeren Greifswalder aus dem Berliner Wiking-Boxteam ist das erste deutsch-deutsche WM-Duell seit mehr als acht Jahren. Am 15. April 2000 verteidigte Halbschwergewichts-Champion Dariusz Michalczewski in Hannover seinen WBO-WM-Titel durch technischen K. o. in Runde zehn gegen Graciano Rocchigiani.

Selbstverständlich werden die beiden Altmeister, die ihre Karrieren längst beendet haben - Michalczewski (40) im Februar 2005, Rocchigiani (44) im Mai 2003 - genau hinschauen, was ihre Nachfolger zu bieten haben. Während Rocchigiani in der Arena ist, wird der "Tiger" vorm Fernseher sitzen. "Universum hat mich leider nicht eingeladen", sagt er enttäuscht. Für beide ist klar: "Sturm ist der Favorit, wenn alles normal läuft, wird er nach Punkten gewinnen!" Doch während Michalczewski Sturm "wegen seiner technischen Fähigkeiten" eindeutig vorne sieht, wäre für "Rocky" auch ein Punktsieg Sylvesters "keine Sensation".

Dass mit Sturm und Sylvester jetzt zwei neue Namen an ihre Stelle rücken, hat bei den Kontrahenten von einst keinerlei Wehmut ausgelöst. Wichtig, so betonen beide, sei vor allem die Bedeutung des Duells für das deutsche Boxen. "Das zeigt, dass es doch noch ein paar gute Jungs gibt", sagt Michalczewski. Rocchigiani denkt schon an den nächsten Schritt: "Der Sieger des Kampfes sollte sofort gegen Arthur Abraham antreten. Dann würde man endlich wissen, wer der stärkste deutsche Mittelgewichtler der Gegenwart ist."

Rocchigiani, der am 17. November sein neues Gym in Duisburg offiziell eröffnet, ist dem Boxsport noch immer verbunden. Er plant für 2009 eigene Veranstaltungen und ist als Trainer in der Ausbildung junger Menschen gefordert. Michalczewski hat dagegen den Kontakt zum Profi-Business weitgehend verloren. "Ich spreche noch regelmäßig mit meinem Trainer Fritz Sdunek und trainiere selbst jeden Tag, aber ich habe bei der Flut der WM-Kämpfe den Überblick verloren", gibt er zu. Über eine Stiftung verhilft er jedoch Talenten in seiner Heimat Polen zu Box-Stipendien. Seine Beteiligungen an Einkaufszentren, Pubs und Versicherungen hat er aufgegeben, lediglich sein Fitnessgetränk "Tiger Drink" vermarktet er weiter. Durch die Trennung von seinem Hamburger Manager Christoph Wesche bleiben Angebote aus Deutschland aus. Den "Tiger" stört das jedoch nicht: "Ich genieße meine Zeit als Frührentner."