Leichtathletik-WM in Helsinki: Michael Möllenbeck gewinnt im Diskuswerfen Bronze, Lars Riedel geht leer aus. Justin Gatlin siegt über 100 Meter.

Die Hüfte schmerzte wie eigentlich immer in den vergangenen 17 Monaten, aber darauf mochte Michael Möllenbeck in diesem besonderen Augenblick keine Rücksicht mehr nehmen. Auf 65,95 Meter hatte er den Diskus in seinem vierten Versuch geschleudert, das mußte einfach gefeiert werden, also führte der Wattenscheider am Rande des Wurfrings einen Tanz auf, den man mit einigem Wohlwollen als Samba identifizieren könnte.

65 Meter hatte sich der 35jährige für diese Leichtathletik-Weltmeisterschaften vorgenommen, im Finale übertraf er diese Marke sogar zweimal. Das gelang außer ihm nur noch Olympiasieger Virgilijus Alekna (Litauen), der seinen WM-Triumph von 2003 dank des letzten Versuchs auf 70,17 Meter wiederholte, und dem zweitplazierten Esten Gerd Kanter (68,57). Möllenbecks Bronzemedaille, seine dritte nach WM 2001 und EM 2002, rundete den insgesamt guten Eindruck ab, den die deutsche Mannschaft am Eröffnungswochenende hinterließ.

"Ich wäre aber genauso glücklich hier rausgegangen, wenn ich mit der gleichen Leistung Siebter geworden wäre", versicherte Möllenbeck. Nur ob er dann noch zwei Jahre drangehängt hätte, was er nun fest vorhat, da war sich der Zweimetermann nicht so sicher. Demnächst will sich der Deutsche Meister an der Hüfte operieren lassen, ein lädierter Muskel dort hatte ihn schon die olympische Saison gekostet. Seitdem muß er im Krafttraining bestimmte Übungen auslassen, sein Gewicht hat er reduziert, "so auf 120 bis 125 Kilogramm".

Dennoch war bis zuletzt fraglich, ob Möllenbeck in Helsinki startet, und daran war nicht einmal die Verletzung schuld. Nur einmal hatte der ausgebildete Bürokaufmann 2005 die WM-Norm erfüllt, gefordert war zweimal. Die Verantwortlichen nominierten ihn trotzdem - seiner Erfahrung wegen. "Diese Diskussionen wird es so schnell sicher nicht mehr geben", sagte Möllenbeck schmunzelnd.

Im Falle seines Lieblingsgegners Lars Riedel (38) hat sich die großzügige Verbandshaltung nicht ganz ausgezahlt. Der fünfmalige Weltmeister, auch er kurzfristig nominiert, kam über 63,05 Meter nicht hinaus und verpaßte den Endkampf. "Die Enttäuschung hält sich in Grenzen, solche Tage gibt es", sagte er. Ans Aufhören denkt auch der Chemnitzer nicht: "Ich habe doch ein schönes Leben. Mir fehlt nur noch ein Sponsor." Bei der Qualifikation tags zuvor hatte Riedel mit 66,22 Metern nachgewiesen, daß auch bei der achten WM-Teilnahme noch immer eine Medaille in Reichweite gewesen wäre.

Andre Höhne fehlten dazu beim 20-Kilometer-Gehen am Sonnabend genau 16 Sekunden. Mit einem Gewaltmarsch hatte sich der Berliner auf den letzten fünf Kilometern noch vom zehnten auf den vierten Platz nach vorn gekämpft, im Ziel trennten ihn nach persönlicher Bestzeit von 1:20:00 Stunden nur 85 Sekunden vom Ekuadorianer Jefferson Perez, der wie 2003 den Titel gewann. "Das Tempo war extrem hoch, deshalb habe ich nach der Hälfte rausgenommen und auf meine Stärke vertraut", meinte Höhne glücklich. Jetzt hat sich der 27jährige neue Ziele gesetzt: "Ich will jetzt auch mal da oben auf dem Podest stehen."

Nicht ganz so gut ging es anderntags für seine Teamkolleginnen. Melanie Seeger konnte über 20 Kilometer als Elfte in 1:31:00 Stunden ihre Erfolgsserie von WM 2003 (Siebte) und Olympia 2004 (Fünfte) nicht fortschreiben. Ihre Potsdamer Teamkollegin Sabine Zimmer mußte sich mit Platz 23 begnügen (1:34:24). Bei ihrem Sieg verbesserte Olimpiada Iwanowa den Weltrekord um 41 Sekunden auf 1:25:41 Stunden, was der Russin zusätzlich zu den 60 000 Dollar Gold-Prämie mit weiteren 100 000 Dollar versilbert wird.

Einen Weltrekord mußte Justin Gatlin im 100-Meter-Finale nicht laufen. Seine starken 9,88 Sekunden reichten dem Olympiasieger aus den USA bequem zum Sieg vor Michael Frater (Jamaika) und Titelverteidiger Kim Collins (St. Kitts und Nevis/beide 10,05). Ein fast schon gewohntes Bild gab es bei der Siegerehrung der Siebenkämpferinnen: Schwedens Olympiasiegerin Carolina Klüft wehrte bei ihrem erneuten WM-Triumph mit 6887 Punkten wie so oft den Angriff ihrer französischen Widersacherin Eunice Barber (6824) ab. Sonja Kesselschläger aus Neubrandenburg (6113) blieb als Zehnte hinter ihren Erwartungen zurück.