DLV-Präsident Prokop wehrt sich

HELSINKI. "Sind wir eigentlich bescheuert, diesen Job zu machen?" Die Frage, sagt Clemens Prokop, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), hätten er und sein Stellvertreter Eike Emrich sich am Eröffnungstag der WM gemeinsam gestellt. Zu welchem Ergebnis sie gekommen sind, läßt Prokop offen, aber wenn man den weiteren Ausführungen des 48jährigen folgt, kann die Antwort nur ja gelautet haben. "Ich verbringe hier meinen Jahresurlaub und richte auch sonst mein gesamtes Leben auf dieses Amt aus", so Prokop. Und er frage sich immer häufiger, warum.

Zuletzt wohl am Mittwoch. An diesem Tag erschien in der "Sport-Bild" ein Interview mit Steffi Nerius, in dem die Speerwerferin den Verdacht äußerte, Prokop sei athletenfern und nutze sein Amt, um sich zu profilieren. Der Präsident, im Hauptberuf Amtsrichter, kann die Kritik nicht nachvollziehen: "Ich habe Sprechstunden, bin per E-Mail und Telefon erreichbar, sitze bei der WM täglich im Athletendorf und auf der Athletentribüne. Soll ich vielleicht noch das Licht im Quartier ausknipsen?"

Unterstützung erhält er von Bundestrainer Jürgen Mallow: "Die Leistung von Robert Huth oder Per Mertesacker hat doch auch nichts mit dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes zu tun! In unserem Team gibt es genügend Menschen, die sich um die Sportler kümmern: Trainer, Ärzte, Athletensprecherin, den Teammanager, den Sportdirektor und den Leistungssport-Vize." Zur Teamkapitänin wurde vom Verband Kirsten Bolm bestimmt. Die Hürdensprinterin immerhin meint, Nerius habe "ein paar Dinge angesprochen", die im Athletenkreis seit längerem Thema seien. "Daher sollten wir Steffi jetzt nicht allein lassen."

An Disziplinarmaßnahmen wie zuletzt bei den Schwimmern, die von der WM in Montreal Stev Theloke heimgeschickt hatten, denkt Prokop nicht. An eine dritte Amtszeit ab 2009 allerdings auch nicht. Als Ehrenamt hätte sein Job ohnehin keine Zukunft: "Die Komplexität der Aufgaben wird immer größer, das ist nebenher gar nicht zu leisten."