America's Cup: Im sechsten Anlauf hat es geklappt: Eine deutsche Yacht segelt mit - und will die Trophäe nach Deutschland holen.

Hamburg. Nach 154 Jahren ist es vollbracht: 2007 wird erstmals in der schillernden Geschichte des America's Cup eine Yacht unter deutscher Flagge an den Start gehen. Der historische Durchbruch gelang dem ambitionierten Team Fresh Seventeen in dieser Woche. Nur 48 Stunden vor Ablauf der letzten Meldefrist für Herausforderer wurden gestern in München die entscheidenden Sponsorenverträge unterzeichnet, heute werden die Deutschen die offizielle Herausforderung in Valencia beim verteidigenden Yacht-Klub, der Schweizer Societe Nautique de Genève, abgeben.

Hinter Fresh Seventeen steht ein Konsortium, in dem sich deutsche Segler, Cup-Enthusiasten, Wirtschaftsgrößen und deutsche Firmen zusammengefunden haben - mit einem ehrgeizigen Ziel: ein möglichst erfolgreiches Abschneiden beim 32. America's Cup in zwei Jahren und eine Folgekampagne, die 2010 oder 2011 die begehrteste Silbertrophäe des Segelsports endlich nach Deutschland holen soll.

Als einer der ersten gratulierte Deutschlands erfolgreichster Segler Jochen Schümann, der den America's Cup 2003 mit dem Schweizer Team Alinghi als erster deutscher Segler gewinnen konnte: "Ich hoffe, daß nun alle mitfiebern. Das Projekt liegt mir sehr am Herzen." Der 51jährige dreimalige Olympiasieger hatte sich im vergangenen Jahrzehnt immer wieder um eine einheimische Cup-Kampagne bemüht, bevor er im eidgenössischen Erfolgsteam Alinghi seinen Traumjob als Sportdirektor fand.

Fünf Mal waren die Bemühungen um eine deutsche Herausforderung im Kampf um die älteste Sporttrophäe der Welt bisher gescheitert. Dabei waren die Deutschen dem Ziel schon einmal - 1983 - sehr nah.

Das Deutsche 12er-Syndikat - so genannt in Anlehnung an die einstige Kurzform "12er" für die America's-Cup-Yachten - hatte damals aussichtsreiche Gespräche mit BMW, Porsche, Reedereien und Fluglinien geführt. Alles sah nach einem Erfolg aus für die Gruppe mit dem Wedeler Michael Schmidt (Werftbesitzer), seinen Bootsbaumeister Willi Reiners, den Blankeneser Rolf Vrolijk (heute Alinghis Chefdesigner), den Hamburger Journalisten Erik von Krause, den Fotografen Peter Neumann und den schwäbischen Bootsbauer Rudi Magg.

Doch dann passierte das Unglaubliche: "Mr. America's Cup" Dennis Conner verlor wider Erwarten nach 132 siegreichen US-Jahren die "bodenlose Kanne" an Australien. Die potentiellen Sponsoren des 12er-Syndikats schreckten vom geplanten Engagement zurück. Sie zweifelten an der Werbewirksamkeit dieser bis dahin in Deutschland eher unbekannten Sportart vor der wilden australischen Westküste.

"Damals", sagt der Hamburger Profisegler Tim Kröger, der bei der kommenden Cup-Auflage für das südafrikanische Team Shosholoza segelt, "haben wir Deutschen den Anschluß an den immer schneller werdenden Cup-Zug verpaßt." Vier weitere Kampagnen, darunter zuletzt Michael Illbrucks ehrgeiziges Unternehmen illbruck Challenge, segelten ebenfalls am Ziel vorbei.

In der Zwischenzeit gewannen die Amerikaner den Cup noch einmal zurück, bevor er mit Team New Zealand 1995 zum zweiten Mal nach Down Under ging. Dort verteidigten die Neuseeländer die Silberkanne 2000 erfolgreich, bevor der Schweizer Alpenexpreß von Ernesto Bertarelli 2003 alle Gegner überrollte und am 2. März 2003 als erstes Land ohne Wasseranschluß den Cup zurück nach Europa holte.

Die legendenreiche Geschichte des America's Cup - damals hieß er noch Hundred Guinea Cup - begann vor der südenglischen Isle of Wight. Eine Gruppe amerikanischer Gentlemen hatte die gesamte britische Regattaflotte herausgefordert. Als niemand den Fehdehandschuh der frechen Segler aus Übersee aufnehmen wollte, schüttete die britische Presse Hohn und Spott über ihre Landsleute aus. Und die reagierten: Der US-Mannschaft wurde gestattet, mit ihrem eindrucksvollen Schoner "America" an einer Klubregatta um den Hundred Guinea Cup teilzunehmen - und die Queen mußte am 22. August 1851 mit ansehen, wie 14 britische Boote das Nachsehen hatten. Als sie einen Offizier fragte, wer denn Zweiter geworden sei, soll dieser nur trocken geantwortet haben: "Mylady, es gibt keinen Zweiten."

Dieser Satz prägt den America's Cup bis heute. Deutlich mehr als eine halbe Milliarde Euro werden allein die zehn bis zwölf Herausforderer bis 2007 ausgeben, um Verteidiger Alinghi den Cup abzujagen. Wieviele Herausforderer-Teams es genau werden, wird das verantwortliche AC-Management heute nachmittag nach Ablauf der Meldefrist um 16 Uhr in Valencia bekanntgeben.

Die Stadt Valencia wird rund 549 Millionen Euro in das Unternehmen America's Cup investieren. Damit hat der hochkarätigste Wettbewerb des internationalen Segelsports neue Dimensionen angenommen. Das haben auch die internationalen Fernsehsender erkannt. So sicherten sich ARD und ZDF erstmals die Übertragungsrechte. Allein 2007 gibt es von der Herausfordererserie Louis Vuitton Cup und dem Duell um den America's Cup mindestens 60 Stunden Live-Berichterstattung. Denn waren es bislang "nur" die deutschen Segler Jochen Schümann, Tim Kröger sowie Tony Kolb (BMW Oracle Racing), wird jetzt eine ganze Crew unter deutscher Flagge neue Cup-Fans mobilisieren.

Der künftige Skipper des deutschen Teams ist allerdings ein Däne: Doppel-Olympiasieger Jesper Bank soll die Mannschaft formen und führen. Dabei steht der Segelmacher aus dem grenznahen Apenrade unter Zeitdruck, denn bereits am 16. Juni muß seine junge Crew beim ersten Schaurennen der Saison antreten. Und deren Chancen sind keineswegs aussichtslos: Weil es zur Zeit mit BMW Oracle Racing (USA), Luna Rossa (Italien) und Emirates Team New Zealand (Neuseeland) drei große Favoriten für die Herausforderer-Runde zum America's Cup gibt, schielen alle anderen Teams gierig auf den vierten Halbfinalplatz. Sollte Fresh Seventeen mit einem Budget jenseits der 20 Millionen Euro operieren können, hat das Projekt ähnlich gute Chancen auf einen Halbfinalplatz wie die anderen "kleineren" Mitbewerber.

Auch Olympiasieger Willy Kuhweide, Galionsfigur des ambitionierten deutschen Teams und Kommodore des herausfordernden Deutschen Challenger Yacht Clubs, glaubt an das Potential der Mannschaft: "Wir haben einige sehr hoffnungsvolle Talente. Und die müssen weiter geschult werden und die Möglichkeit bekommen, an mehr Matchraces teilzunehmen. So werden sie an die Weltspitze herankommen."

Schließlich kommt der Name Fresh Seventeen nicht von ungefähr: Er steht für junge Talente und für die Zahl der Crew-Mitglieder - 17 Mann, die 2007 unter deutscher Flagge um den Einzug in den 32. America's Cup segeln. Noch nicht als Favoriten, aber vielleicht als Vorreiter einer neuen deutschen Cup-Welle.