ABENDBLATT: Herr Kohl, mit Dariusz Michalczewski haben Sie nach den Klitschko-Brüdern Ihren letzten großen Star verloren. Wie groß ist der Schock?

KLAUS-PETER KOHL (Universum-Chef): Natürlich tut es weh, einen Ausnahmesportler wie Dariusz so verlieren zu sehen. Aber für mich war dieser Kampf mehr eine Zugabe, ich bin in meinen Planungen viel weiter.

ABENDBLATT: Heißt das, Sie hatten ihn schon abgeschrieben?

KOHL: Natürlich nicht, aber ich muß doch immer mit einer Niederlage rechnen. Wenn ich jetzt überrascht wäre, hätte ich meinen Job nicht richtig gemacht. Dariusz hat 18 Monate lang nicht geboxt, und wir haben trotzdem große Veranstaltungen gemacht. Für uns geht doch jetzt die Welt nicht unter.

ABENDBLATT: Aber wer kann denn die Lücken füllen, die Dariusz und die Klitschkos reißen?

KOHL: Ich gebe zu, daß uns im Moment der absolute Star fehlt. Aber solche Phasen gibt es immer. Wir brauchen Zeit, um neue Stars zu machen. Ich habe so viele Jungs unter Vertrag, die das Zeug dazu haben. Die bauen wir jetzt langsam auf.

ABENDBLATT: Wem trauen Sie denn die Rolle des Stars zu?

KOHL: Felix Sturm, der ist für mich der kommende deutsche Boxstar, auch wenn er am Sonnabend in Leverkusen mit Bert Schenk einen unglaublich schweren Gegner vor sich hat. Aber daran sehen Sie: Wir scheuen uns nicht, Risiko einzugehen. Wir machen die Kämpfe, die die Leute sehen wollen. Ich verspreche: Ich werde die Color-Line-Arena in diesem Jahr noch einmal ausverkaufen.

ABENDBLATT: Und welcher Kämpfer soll das schaffen?

KOHL: Das sage ich noch nicht, aber es kommen viele in Frage. Neben Felix habe ich mit Regina Halmich eine Top-Quotenbringerin. Luan Krasniqi und Mario Veit bekommen bald WM-Kämpfe. Sascha Dimitrenko hat einen Riesensprung gemacht. Wenn der richtig loslegt, sind die Klitschkos kein Thema mehr. Und ich habe die besten deutschen Boxer unter Vertrag.

ABENDBLATT: Nur: Niemand kennt sie. Wie wollen Sie es schaffen, diese Sportler auch zu Typen, zu Marken zu machen?

KOHL: Mit Geduld. Bedenken Sie, daß auch die Klitschkos und Dariusz anfangs belächelt wurden. Bis wir wirklich gemeinsam erfolgreich waren, hat es lange gedauert. Und die hatten es im Vergleich leichter, weil sie nicht so viel Konkurrenz hatten.

ABENDBLATT: Muß Ihr Fernsehpartner ZDF nicht viel offensiver Werbung machen?

KOHL: Auch da ist eine Entwicklung zu spüren. Boxen live läuft jetzt immer um 22 Uhr. Das ist ein richtiger Schritt. Gemeinsam werden wir vorankommen.

ABENDBLATT: Zweistellige Millionenquoten wird es aber auf Sicht nicht mehr geben, oder?

KOHL: Falsch! Wenn Luan Krasniqi Nachfolger von Max Schmeling werden kann, sitzen mindestens 15 Millionen vor dem Bildschirm, davon bin ich überzeugt. Zudem mache ich mit meinen Veranstaltungen in diesem Jahr insgesamt mehr Quote als in der Zeit, als die Klitschkos und Dariusz noch voll im Geschäft waren. Diese Entwicklung macht mir Mut für die Zukunft. Interview: