Hamburg. Um 1.56 Uhr dröhnte aus den Lautsprechern "Born to be wild", und auf der provisorischen Tanzfläche im untergeschossigen "On Stage"-Bereich der Color-Line-Arena schüttelten einige Unentwegte der vielleicht 300 verbliebenen VIP-Gäste ihren Frust über die Niederlage des "Tigers" aus den Gliedern. Rund drei Stunden waren seit dem Dariusz-Debakel vergangen, und der lädierte Hauptdarsteller selbst hatte sich nur kurz mit Freundin Patrizia auf der Party gezeigt. Hier ein Schulterklopfen, dort ein schnelles Foto mit dem Ehepaar Schweiger - und weg war er.

Zurück blieben zahlreiche Freunde und Bekannte, die sich fragten, ob sie soeben Augenzeugen einer traurigen Abschiedsvorstellung gewesen waren. War's das?

"Dariusz hat mir direkt nach dem Kampf vom Ring aus in die Augen geschaut und gesagt: ,Das Leben geht weiter, Bencki'", erzählte Ringarzt Peter Benckendorff. Ob der "Tiger" aufhört? "Das zu beurteilen, steht mir nicht zu. Das kann er nur selbst entscheiden."

Auch Olli Dittrich wollte sich nicht festlegen. "Für Dariusz tut es mir unheimleich leid. Er war ja wohl unglaublich gut auf den Kampf vorbereitet, wenn man den Experten glauben darf." Der Schauspieler hofft, daß die glänzende Karriere des Boxers "für ihn nicht in einem Debakel endet". Dittrich: "Von seinem Kämpferherzen und seinem Karriereverlauf ist er ein echter Champ - und als solcher sollte er auch allen in Erinnerung bleiben."

Ganz andere Probleme hatte Michael Homann. Der Küchenchef der Color-Line-Arena war für das leibliche Wohl der 1300 geladenen Party-Gäste verantwortlich. Drei Tage lang hatte der 33jährige mit seiner 15köpfigen Crew die insgesamt vier Buffets - "keine Fertigprodukte, alles frisch gekocht" - vorbereitet. Und so bogen sich anfangs die Tische unter den Massen aus Fleisch- und Fischspezialitäten. Um welche Mengen es ging? "Wir haben zum Beispiel 1800 Austern, 4800 Stück Sushi, 1400 Hummer, 120 Kilogramm Scampis und 100 Kilo Kalbsbraten für die Gäste zubereitet", nannte Homann nur ein paar beeindruckende Zahlen. Dazu gab es Jakobsmuscheln, Entenbrust, Elefantentintenfisch und Nadelrochen aus Irland.

Homanns Handicap: Da bei Werder Bremen der Küchenchef ausgefallen war, mußte er am Nachmittag auch noch im Weserstadion aushelfen, welches er dann zur Halbzeit des Bundesligaspiels der Schaaf-Truppe gegen den VfL Bochum verließ, um zurück nach Hamburg zu düsen.

Dort hatten sich um zwei Uhr nachts die Räume merklich geleert. Werder-Stürmer Ivan Klasnic, Schauspieler Marc Keller, HSV-Chef Bernd Hoffmann und Team-Manager Bernd Wehmeyer, die vom Hertha-Spiel aus Berlin eine Viertelstunde vor dem "Tiger"-Kampf eingetroffen waren, hatten sich auf den Heimweg gemacht. Auch die frühere Kiez-Größe Kalle Schwensen ("Für mich war die Niederlage nicht überraschend, Dariusz hat ja seinen Kopf als Deckung benutzt") war gegangen. Einzig Musik-Manager Jo Geistler, der den "Tiger" vom Beginn seiner Karriere an in Hamburg promotet hat, hielt noch die Stellung. Und er hatte schlußendlich einen Rat an "seinen Freund": "Dariusz, hör auf!"