Russland muss nach der Fan-Gewalt beim Spiel gegen Tschechien 120.000 Euro zahlen. Punktabzug auf Bewährung für die nächste EM-Quali.

Warschau. Die schweren Krawalle rund um das EM-Spiel zwischen Russland und Tschechien haben Folgen: Die Disziplinarkommission des europäischen Fußballverbands Uefa hat Russland für das Fehlverhalten seiner Fans hart bestraft. Der Verband RFS muss 120.000 Euro Strafe bezahlen. Zudem kassierte Russland einen Punktabzug von sechs Zählern für die Qualifikation für die kommende EM 2016 in Frankreich, der allerdings zur Bewährung ausgesetzt wurde: Russland darf sich bis zu den Play-off-Spielen für die kommende EM-Endrunde nichts Gravierendes mehr zu Schulden kommen lassen.

Der russische Verband kann innerhalb von drei Tagen Einspruch gegen die Entscheidung einlegen. Russische Fans hatten am vergangenen Freitag Feuerwerkskörper auf den Platz geworfen, illegale Flaggen geschwenkt und zudem Ordner im Stadion attackiert.

Die Ereignisse während des Spiels gegen Tschechien und die folgenden Gewaltexzesse rund um das brisante Hochsicherheitsspiel zwischen Gastgeber Polen und Russland (1:1) haben einen dunklen Schatten auf das europäische Fußball-Fest geworfen. Bei den gewalttätigen Ausschreitungen am Dienstagabend in der Warschauer Innenstadt und in der Nähe des Nationalstadions wurden 20 Personen verletzt, darunter zehn Polizisten. Selbst die mehr als 6000 Einsatzkräfte konnten die polnisch-russische Konfrontation nicht verhindern. Bis zum Mittwochnachmittag wurden 184 Hooligans festgenommen.

Die Uefa hat die schweren Ausschreitungen am Rande des EM-Spiels verurteilt. Diese seien am Dienstagabend von einigen Gruppen bekannter Unruhestifter ausgegangen, teilte der Verband am Mittwoch mit. Ziel der Uefa sei es, echten Fußballfans den Genuss der Spiele zu ermöglichen und die geringe Anzahl Krawallmacher auszuschließen. Dazu versprach der Verband, in einem ständigen Dialog mit den örtlichen Behörden zu bleiben. Bisher sei das Turnier bestimmt durch eine überwältigend friedliche und festliche Atmosphäre.

"Das war der schwierigste Tag der EM“, erklärte Polens Innenminister Jacek Cichocki und versprach die ersten Urteile gegen Gewalttäter bereits für Freitag. Cichocki diskutierte über die Straßenkämpfe und den Polizeieinsatz mit Michail Fedotow, dem Menschenrechtsbeauftragten des Kreml. Fedotow habe das Vorgehen der polnischen Sicherheitskräfte als schnell und gründlich gewürdigt, hieß es in einer Ministeriumsmitteilung. An den Überfällen seien polnische Hooligans und nicht polnische Fans Schuld, sagte Fedotow.

"Es gibt keine Rechtfertigung für den Angriff auf Gäste. Als Gastgeber sollten wir uns vor allem für die Sicherheit unserer Besucher verantwortlich fühlen, egal, aus welchem Land sie kommen“, sagte unterdessen der polnische Regierungschef Donald Tusk. Die Gewaltexzesse würden mit "eiserner Konsequenz“ geahndet. Auch die Europäische Fußball-Union verurteilte die Krawalle. "Die Uefa missbilligt die vereinzelten Vorfälle, die sich gestern vor und nach dem Spiel zwischen Polen und Russland in Warschau ereignet haben“, teilte der europäische Dachverband mit.

Die Mehrheit der Festgenommenen, etwa 150 Gewalttäter, waren Polen, die teils vermummt, mit Feuerwerkskörpern, Steinen und anderen Wurfgeschossen Jagd auf russische Fans machten. Viele von ihnen waren für brutale Schlägereien vorbereitet und trugen bei der Festnahme beispielsweise einen Mundschutz für ihre Zähne, sagte der Warschauer Polizeisprecher Maciej Karczynski.

"Ich schäme mich für diese Leute“, kommentierte Sportministerin Joanna Mucha die Vorfälle, "das sind gewöhnlich Hooligans. Sie sollen uns nicht dieses Fest verderben.“ Schon Stunden vor dem Spiel hatten mehrere Dutzend Polen im Zentrum Warschaus mit rechtem Liedgut auf sich aufmerksam gemacht. "In der Hauptstadt wurde das Sportfest zusammengeschlagen“, titelte das polnische Boulevardblatt "Fakt“ am Mittwoch. Die russische Zeitung "Sowjetski Sport“ schrieb vom "Krieg auf der Straße und Frieden auf dem Feld.“ Schon der Termin der Partie war sensibel. Die Russen feierten rund um das Spiel ihren Unabhängigkeitstag.

Kleine Hooligangruppen hatten bereits am Dienstagnachmittag gelauert, als ein geschlossener Block von mehreren tausend Russen Richtung Stadion marschierte. Sie versuchten, durch das massive Polizeiaufgebot zu brechen, beschimpften die russischen Fans und versuchten sie zu provozieren. Auch Gruppen russischer Hooligans gelangten durch die Polizeiabsperrungen, um sich mit polnischen Gewalttätern zu prügeln. Nach dem Spiel war die Fanzone Ziel der Angriffe. Dort feierten 100.000 polnische, russische und andere internationale Anhänger friedlich.

Russische Vertreter gaben am Mittwoch den polnischen Fans die Schuld an der Eskalation. Die russischen Anhänger hätten sich auf ihrem Marsch zum Stadion vernünftig benommen, sagte der Chef des Fußballverbandes, Sergej Fursenko, nach Angaben der Internetzeitung "gazeta.ru“. Die kremlnahe Jugendorganisation "Naschi“ verteilte symbolisch Hunderte Rote Karten an die polnische Botschaft in Moskau und erklärte in einer Mitteilung, die Krawalle durch polnische Hooligans und die Unfähigkeit der polnischen Polizei, russische Fans zu schützen, erlaubten Zweifel, dass das EU-Land in der Lage sei, ein Ereignis wie die EM auszurichten. (abenbdlatt.de/dapd/dpa)